Leistung
Beim Blick auf die Benchmarks wird die Nähe zum Xperia Z2 und Galaxy S5 bestätigt, wobei das OnePlus-Smartphone dichter am japanischen als am südkoreanischen Konkurrenten landet. Im 3DMark werden rund 18.500 Punkte erreicht, was nicht nur das bislang zweibeste Ergebnis bedeutet, sondern auch die Spieletauglichkeit des Geräts unterstreicht. Ähnlich sieht es im AnTuTu-Test aus. Auch hier bewegt man sich mit etwa 1.700 (2D) und 9.400 (3D) Punkten auf einem sehr hohen Niveau. Doch in synthetischen Tests zeigt der SoC erneut, dass die prinzipiell vorhandene Leistung nicht immer vollständig genutzt werden kann. So landet er in Linpack nur im oberen Mittelfeld, ebenso in SunSpider. Noch schlechter sieht es im ebenfalls browser-lastigen Browsermark 2.0 aus. hier findet sich das One am unteren Ende der Tabelle wieder.
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In der Praxis sieht es - wie so oft - jedoch anders aus. Weder tritt die Benutzeroberfläche mit Rucklern oder Gedenksekunden in Erscheinung, noch fallen die Ladezeiten ungewöhnlich lang aus. Worin der Unterschied zwischen Theorie und Praxis begründet ist, ist nicht ganz klar. Zum einen dürfte es an nicht vollständig optimierten Treibern liegen, zum anderen an der Test-Software respektive -Routine selbst. Temperatur-Probleme wie etwas beim LG G3 konnten wir jedoch nicht feststellen.
Laufzeit
Ebenfalls anders als das G3 schneidet das One bei den Laufzeiten ab. Der Grund hierfür liegt klar auf der Hand: Trotz nahezu gleich großem Akku - der OnePlus-Energiespeicher fasst 3.100 mAh, beim G3 sind es 100 mAh weniger - muss der chinesische Kandidat weitaus weniger Pixel ansteuern. Dementsprechend erreicht das Gerät mit einer Ladung im Video-Test mit fest eingestellter Display-Helligkeit annähernd zehn Stunden. Damit liegt das One auch vor kleineren Geräten wie dem Xperia Z2, obwohl letzteres über einen minimal größeren - 3.200 mAh - Akku verfügt. Die Werte eines Galaxy S5 erreicht das Smartphone hingegen nicht annähernd, hier erweiset sich das Super-AMOLED-Display als großer Vorteil.
Etwas anders sieht es hingegen im Alltag aus. Mit einigen kurzen Telefonaten pro Tag, dem Abgleich zweier E-Mail-Konten und Surfen per WLAN und LTE erreichte das One im Test etwas eineinhalb Tage; morgens vom Ladegerät getrennt, musste es am nächsten Tag gegen Mittag wieder geladen werden.
Beim Thema Laufzeit offenbart sich aber auch eine der wenigen echten Schwächen des Betriebssystems. Denn wo Samsung, HTC und andere mittlerweile auf ausgefeilte Energiesparmodi setzen, die mitunter vom Nutzer den eigenen Wünschen entsprechend komfortabel angepasst werden können, kann beim One nur rudimentär Hand angelegt werden: Eine Ein-Knopf-Lösung gibt es nicht.
Kritik muss OnePlus sich aber auch für ein anderes Detail gefallen lassen. Denn trotz abnehmbarer Rückseite lässt sich der Akku nicht ohne Probleme tauschen - eine Schwäche, die zuletzt bei immer mehr Smartphones zu beobachten war.
Update:
Wir haben das OnePlus One mit dem dem OTA-Update 11S-XNPH33R noch einmal durch unsere Laufzeit-Tests geschickt und konnte keine Verbesserung feststellen. Dies mag aber sicher daran liegen, dass wir auch ohne Update keine besonders negativen Auffälligkeiten beim Akkuverbrauch feststellen konnten. Insofern fiel somit auch das Potenzial zur Verbesserung nur sehr gering aus. Wer allerdings aufgrund seines persönlichen Anwendungsprofils bzw. der installierten Software einen starke Reduzierung der Laufzeit feststellt, sollte auf das aktuelle Update aktualisieren.
Neben der Akkuproblematik will sich OnePlus auch dem Ghosting-Bug am Touchdisplay angenommen haben. Aber auch hier sind die Reaktionen unterschiedlich. Einige Nutzer sprechen von einer deutlichen Verbesserung, während andere gar keinen Unterschied feststellen können.
Fazit
Seit der Präsentation wird das One von den Medien gefeiert, in zahlreichen Tests wurde es mit Superlativen und Bestnoten regelrecht überschüttet. Als Angriff auf die Platzhirsche und neuer Benchmark wurde es ebenso bezeichnet, so manche Schwäche im Gegenzug - und bei aller Euphorie - jedoch übersehen oder ignoriert. Vermutlich auch, weil sich OnePlus keine gravierenden Schnitzer geleistet hat. Dass der Kontrast nur durchschnittlich ausfällt, ist angesichts des ansonsten guten und ausreichend scharfen Displays verschmerzbar, sieht man einmal vom wohl produktionsbedingten Gelbstich ab. Und auch über die Größe des Gehäuses kann man hinwegsehen, wenn man sich im Gegenzug die nahezu perfekte Verarbeitung vor Augen hält.
Es sind statt dessen die Kleinigkeiten, die am Ende am Hype kratzen. CyanogendMod 11S mag aktuell sein, so mancher Konkurrent bietet mit seiner eigenen Oberfläche aber sinnvolle Zusatzfunktionen. Der Energiesparmodus ist hier nur ein Punkt, denn man sich angesichts der nicht überragenden Alltagslaufzeit so manches Mal wünscht; auch weil OnePlus auf einen fest verbauten Akku gesetzt hat.
Spätestens an diesem Punkt sollte jedoch eine Parallele auffallen: Die meisten dieser Schwächen bot schon das Motorola Moto G. Und genau wie dieses hätte das One das Zeug dazu, den Smartphone-Markt durcheinanderzubringen. Denn was Moto G für die Mittelklasse war und noch immer ist, könnte das OnePlus-Modell für die Oberklasse sein. Deren Technik bieten die Chinesen zu einem überaus attraktiven Preis an, vor allem wenn man von der 64-GB-Variante spricht.
Denn mit 299 Euro werden alle direkten und indirekten Konkurrenten klar unterboten, die mit 269 Euro günstigere 16-GB-Version muss sich hingegen mit einigen Smartphones des letzten Jahres auseinandersetzen und ist dementsprechend keine Empfehlung.
Wer ein Smartphone mit großem Display und schneller Technik sucht, kommt derzeit kaum am OnePlus One vorbei - auch wenn der Kauf derzeit noch mit hohen Hürden verbunden ist.
Positive Aspekte des OnePlus One:
- Verarbeitung auf höchstem Niveau
- helles Display
- überdurchschnittliche Kameras
- aktuelles Betriebssystem
- komplette und aktuelle Ausstattung
Negative Aspekte des OnePlus One:
- Betriebssystem mit fehlenden Funktionen
- Gehäuse vergleichweise groß
- Akku fest verbaut
- Speicher nicht erweiterbar
Nachtrag: Das eingesetzte CyanogendMod 11S verfügt - anders als im Text geschildert - doch über einen Energiesparmodus. Für dessen Einsatz müssen zunächst die Entwickleroptionen freigeschaltet werden, anschliessend kann in der Rubrik Systemeinstellung zwischen drei Modi gewählt werden.
Persönliche Meinung
Ein objektives Fazit und eine persönliche Meinung passen nicht zusammen. Denn auch ein Tester hat eigene Vorlieben und Abneigungen, gerade und vor allem bei Smartphones. Doch im Falle des OnePlus One soll und muss eine Ausnahme gemacht werden. Denn so einfach wie es sich in vielen Tests des „Flagschiff-Killers“ gemacht wurde, ist es nicht, das One ist nicht das beste derzeit verfügbare Smartphone. Warum? Weil es so etwas wie das optimale Handy nicht gibt. Das geht beim One beispielsweise damit los, dass das Display mit 5,5 Zoll für die Masse zu groß ist. Was in Asien ein Trend sein mag, ist in Europa noch längst keiner.
Aber auch der fehlende microSD-Slot dürfte so machen abschrecken. Ja, die 64-GB-Version des One bietet viel Speicher (für wenig Geld), doch im Zweifelsfall lassen sich 100 Fotos per Speicherkarte schneller auf den Rechner übertragen als per USB-Schnittstelle. Dass man sich mit dem Weglassen des Slots keine neuen Freunde schafft, haben nicht nur HTC und Motorola gelernt. Gleiches gilt für Vertrieb und Support, auch hier mussten die Chinesen bislang viel Lehrgeld zahlen. Wer Wert auf einen qualitativ hochwertigen und vor allem schnellen Kundendienst legt, sollte noch einen großen Bogen um das Unternehmen machen.
In einem Punkt setzt sich das OnePlus-Smartphone dann aber doch an die Spitze: Bei Verarbeitungsqualität und Haptik muss es sich nicht vor einem iPhone oder HTC One verstecken, im Gegenteil. Selten fühlte sich ein Smartphone so hochwertig an. Sollte OnePlus die Stärken des One mit einem kleineren Display kombinieren und vom unsinnigen Einladungssystem Abschied nehmen, dürfte dem großen Durchbruch nichts mehr im Wege stehen.