Ich habe von 1998 bis 2000 selbst Anlageberatung gemacht als unabhängiger Makler und gutes Geld verdient, danach war ich (bis heute) immer mehr QS-Instanz im Freundeskreis unter dem Aspekt "schau Dir das mal an bitte".
1,5 Jahrzehnte später habe ich selbst ALLES aufgelöst und auf meinen Tagesgeldkonto geparkt. Ja, das ist netto gesehen ein Verlust aufgrund des Zinsen zu Inflation - Verhältnisses. Zu oft aber hatte ich den Bedarf, kurzfristig an größere Summen zu müssen aufgrund bestimmter Lebenssituationen.
Die Flexibilität eines Grio- und Tagesgeldkontos hat keine Anlage.
Ich verzichte auf Zinsen/Rendite, komme aber jederzeit an mein Geld ran. Meine Fondspolicen haben fast 2 Wochen bis zur Auflösung gebraucht. Wer in einer Notsituation dringend Geld braucht, ist den Banken völlig ausgeliefert, das vergessen die Berater gerne in den Verkaufsgesprächen.
Bei den Verkaufsgesprächen hieß es immer "lange Laufzeit bringt Rendite"! Von meinen knapp 150 Kunden, die damals bei mir Fondspolicen gekauft haben. haben nach 15 Jahren fast 80% ihre Produkte gekündigt oder teilausgezahlt. Und das entspricht m.E. auch dem Schnitt aller Anleger. Das Ende der Laufzeit erreichen maximal 20% der Verträge.
Die Lebensrealität verträgt sich nicht mit den meisten Finanzprodukten, die Verkäufer und Berater haben ihre Kommunikationsleitfäden jedoch auf "ideal auf dem Papier"-Modelle gelernt und wissen nicht mal 10% von dem, was Ihr selbst erfahren könnt über Anlagen und Produkte nach 1 Tag Internetrecherche.
Statt dessen habe ich selbst neben dem Giro- und Tagesgeldkonto nun noch ein drittes Anlagekonto, mit dem ich selbst Aktien und Fonds kaufen kann. ICH verwalte MEIN Geld und meine Aktien und Fonds selbst.
An die jungen Leser hier: Von Schrottprodukten wie Riesterrente und kapitaler Lebensversicherung bitte die Finger lassen, auch Bausparpläne halte ich für Schund, finanzmathematisch ist das alles einfach Müll.
Grundsätzlich gilt, das Sachwerte stabiler sind als Geldwerte.
Die Investition in Eigentum ist auch so eine Sache, da habe ich nun gerade im Feundes- Kollegen- und Bekanntenkreis viel erlebt: Eigentum verpflichtet und bindet!
Wer eine Familie plant, neigt dazu, sich Eigentum (Haus) zu kaufen, aber rechnen ist hier wichtig. Der Spruch "statt den Vermieter zu bezahlen, investierte ich in mein Heim" ist ein running Gag unter den Verkäufern, denn die Zinsen für das Darlehen gehen an die Bank. Die verdient dann - anstatt des Vermieters. ;-)
Eigentum ist also mehr eine emotionale Geschichte. Im Freundeskreis habe ich genug Fälle, da sitzt die Witwe nun alleine in ihren 180m² und bekommt das Objekt nicht los. Oder ein Kumpel hockt nach der Trennung alleine in seinem Prachthaus und es gibt nur noch Streit um das Geld, Unterhalt und Finanzierung.
Ich selbst wohne in Hamburg, zentral. Sätze wie "bei Deiner Miete kannst Du auch ein Haus kaufen" sind Kokolores, denn ich kann es nicht zentral kaufen in Hamburg unter 600-800K Euro bzw nicht für das, was ich derzeit an Miete zahle.
Und wenn ich Kollegen sehe, die von ihrem Haus schwärmen, dann aber abkotzen, weil sie täglich 2 Stunden zur Arbeit und zurück fahren, weil nur der Speckgürtel Hamburgs zukässt, dass man irgendwie für 1000 Euro monatlich das Haus abbezahlt, dann ist halt deutlich, dass es um Prioritäten geht. Ich selbst bin in 20 Minuten wieder zu Hause nach Feierabend - habe aber dafür keinen eigenen Garten. Der muss aber auch wieder bewirtschaftet werden.
Letztendlich ist es also eine persönliche Abwägung. Wer Eigentum kauft, hat keinem Stress mehr mit Vermietern. Kommt aber nicht einfach weg, wenn die Nachbarn scheisse sind ;-) Ich bin just umgezogen, weil mein ex-Vermieter absolut nichts investiert hatte. Ein Wohnungswechsel ist flexibel immer möglich, Eigentum bindet, das muss man wissen. Und man zahlt ALLES alleine. Im Freundes beobachte ich bei geselligen Abenden immer, wenn aufgezählt wird, was man am Haus oder im Garten noch alles machen muss - aber das Geld fehlt.
Ein Kumpel hat seit 2 Jahren das Bad noch im halben Bauzustand, weil das Geld fehlt und die Lust, das zu beenden und fertigzustellen. Als MIETER könnte ich hier sofort die Miete kürzen
Ich will weder das eine noch das andere gegeneinander auspielen, das Abwägen Eigentum vs Miete ist sehr individuell und persönlich
Meine Botschaft ist:
1.) Aussagen wie "lieber Eigentum abbezahlen als Miete zahlen" ist sehr pauschal, sehr dumm und Ergebnis der Schwäbisch Hall Dauerberisielung in den 90ern
2.) Haus mit Garten ist toll, und ich bin gerne Gast im Freundeskreis zu den Sommergrillfesten. ABER: Eigentum muss man sich leisten können und wollen, man bezahlt alles alleine! Schäden/Reparaturen, Anschaffungen und ist Steuerveränderungen unmittelbar ausgesetzt
3.) Zentral in Großstädten wohnen geht nur zur Miete, wenn man nicht gerade geeerbt hat oder Topverdiener ist
4.) Alternativ ginge Miete zahlen für Haus und Garten, um das eine mit dem anderen zu verbinden
5.) Mieten ist flexibler und günstiger
6.) Wenn das Eigentum dann mal abbezahlt ist, ist es überlicherwiese auch 20-25 Jahre alt, ggf. älter und war nicht mal ein neues Objekt beim Einzug. Siehe dann Punkt 2, man braucht hier Rücklagen! Und Infrastrukturkosten (Heizung, Strom, Wasser, dazu Müll etc) fallen nicht weg.
7.) Ein Modell, das gerade eine Freundin probiert: Haus wird finanziert, oben vermietet an Studenten, sie wohnt unten, bekommt also einen Teil rein für das Abbezahlen des Darlehens
8.) Vergesst die Modellrechnungen, was Euer Haus mal wert ist in xx Jahren. Entscheidend ist der Boden auf dem es steht und die Fluktuation der Erbmasse. Die Hausbauer der 50er und 60er sterben nach und weg, auf den Markt kommen ohne Ende Objekte, werden vererbt und wollen dann ggf. verkauft wird. Das drückt so brutal den Preis, dass diese Märchenrechnungen der Baussparberater einfach nur zur FGarce werden. Durch Jobverlust muss eine befreundete Familie gerade den Schuppen verkaufen und wohl derzeit zu fast 50.000 Euro unter dem erhofften Preis. DAS stand nicht im Prospekt damals ;-)
Wäre ich nochmal 25, würde eine Familie planen und möchte, dass meine beiden Kids am Statdrand im Grünen aufwachsen und zur Schule gehen und im eigenen Garten spielen, dann würde ich mich evtl. auch verschulden für Eigentum. Weil es mir das wert wäre, und diese Definition von "Wert" fehlt mir, wenn die Leute die Darlehensverträge im 6stelligen Bereich unterschreiben und am Ende feststellen, dass sie das Haus 2 mal bezahlt haben am Ende.
Mir fällt noch ein, dass dieses Thema vor 2 Jahren oder so bei Lanz im Talk war. Und witzig war, dass - bis auf eine Ausnahme - alle Promis selbst zur Miete wohnten.
So, Textwand Ende.
TLDR:
- Die meisten Finanzprodukte sind Schund, das sage ich als ehemaliger Berater und Verkäufer. Die Anlagemodelle sind selten realisitisch. Wichtig ist ein Tagesgeldkonto/Sparkonto, an das man JEDERZEIT binnen 48 Stunden rankommt. Ideralerweilse liegen dort 2-3 Monatsgehälter Reserve.
- Wer langfristig anlegen will und wirklich glaubt, er/sie geht da 30 Jahre nicht ran: Fonds, am besten mischen, viel Sachwerte, Teil Geldwerte. Volatile Anlagen sind langfristig die renditeträchtigsten, das war so und wird immer so bleiben, daher eben mischen.
- Lasst Euch die Kostenstruktur erklären! Ich habe damals meinen Kunden offen dargestellt, was meine Provision ist (Gute Beratung = gutes Produkt und vor allem passend, individuell recherchiert = mein Lohn) und wie die Gebühren aussehen (Ausgabeaufschläge, Verwaltungskosten etc).
- Finger weg von Riester und KLV. KLV machen nur Sinn als Absicherung eines Darlehens, aber dann wirklich vor allem nur die Lebensversicherung bezahlen, nicht den Schrottzins-Sparanteil. Hier geht es letztlich nur um die Sicherheit für die Bank, nicht um VErmögensaufbau.
- Eigentum muss man sich leisten können, ist unfelxibel, aber dafür individuell und gibt das Freiheitsgefühl, es ist "meins". Neben Abzahlung/Tilgung immer einen weiteren Sparanteil einplanen für Repraturen etc. und neue Anschaffungen. Für Paare gilt, gerade bei der Familienplanung: Immer nur mit EINEM Gehalt rechnen, alles andere ist unseriös.