[Analog] Das Photodeluxx-Filmentwicklungstutorial für S/W-Negativfilme

stony

Semiprofi
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1. Einleitung

Da viele Neu- oder Wiedereinsteiger in die "alte" analoge Fotografie gerne die Entwicklung selber durchführen wollen und da auch noch die Qualität aus den Großlaboren oft zu wünschen übrig lässt kommt hier: Das Photodeluxx-Filmentwicklungstutorial für Schwarz-Weiß-Negativfilme. (nur echtes s/w, keine C41-Filme! http://de.wikipedia.org/wiki/C41)

Der Einstieg scheint eher kompliziert und aufwendig, doch wenn man das Prinzip verstanden hat, macht es richtig Spaß und man experimentiert in Kürze mit verschiedenen Chemiekonzentrationen, Entwicklungszeiten und Kipprhythmen. Lasst euch nicht von den zahlreichen unterschiedlichen Marken und Möglichkeiten verwirren, der Einstieg geht schnell und bald weiß man, wie man mit welchem Film und welcher Chemie umgehen kann.

Generell braucht ihr (Die Links sind Beispiele, bei Zweifel eben nachfragen!):




Auf zum fröhlichen Pushen und Pullen, Kippen und Stehen und dem zukünftigen Bunkern von Chemie und Filmen. :wink:



Schritt 1. Das Einfädeln

Als erstes müssen wir den Film, der entwickelt werden soll, in die Entwicklerdose einfädeln.
Dies muss bei ABSOLUTER DUNKELHEIT geschehen.
Es darf nicht der geringste Lichtschimmer im Raum sein!

Notwendig für diesen Schritt:

- den Film der entwickelt werden soll
- eine Schere
- die Entwicklerdose

Ab jetzt muss es absolut Dunkel sein, sonst geht euch der Film kaputt!

Sollte die Kamera den Film nicht komplett eingezogen haben sondern noch 2-3cm aus der Rolle herausschauen, so startet bitte bei Punkt B.
Sollte die Kamera den Film komplett eingezogen haben (dies machen die neueren Modelle mit Elektronik), so startet bitte bei Punkt A. Punkt B könnt ihr dann auslassen.

Da die Kamera den Film komplett eingezogen hat, muss dieser wieder aus der Dose. Hierfür gibt es spezielle Filmdosen Öffner, aber das Geld kann man sich sparen.
Ihr nehmt die Schere und hebelt die Dose auf einer Seite einfach auf. Dies kann je nach Übung etwas dauern und etwas Gewalt erfordern, klappt aber meist ohne Probleme.
Wenn die Dose offen ist, passt auf, dass ihr nicht zuviel mit euren Fingern auf dem Film rum tatscht, dies gibt hässliche Flecken.

Steht der Film noch ein paar cm aus der Dose heraus, bleibt euch Schritt A erspart und ihr könnt den Film in Punkt C einfach Stück für Stück aus der Dose herausziehen.

Um das Einfädeln zu erleichtern, schneidet ihr mit der Schere am besten die ersten 2-3cm des Films (diese Lasche) ab. Das ganze in einem leichten Bogenschnitt, so verhakelt sich der Film in den weiteren Schritten nicht so leicht.

Ihr nehmt nun die Spirale der Dose und fädelt den Film Schritt für Schritt langsam in die Dose ein. Passt hierbei auch auf, dass ihr ihn möglichst nur an den Seiten berührt und nicht oben oder unten, dies gibt möglicherweise wieder hässliche Flecken.
Manchmal steckt der Film etwas fest oder ist etwas widerspenstig, das einwickeln erfordert einfach Geduld und Übung - nicht verzagen!

Nachdem der Film nun fertig auf der Spirale ist, steckt ihr die Spirale in die Dose und macht den Deckel drauf. Drauf achten, dass sie auch wirklich zu ist!

Jetzt könnt ihr das Licht wieder anmachen, jeden weiteren Schritt könnt ihr ganz normal bei Tages/Kunstlicht machen. Es bedarf keiner speziellen Rotlichtlampe oder ähnlichem.


Bitte beachtet bei den folgenden Schritten, dass die Chemikalien alle toxisch sind. Sie gehören nicht in den Abfluss, sondern Ihr müsst diese sammeln und beim Wertstoffhof zur Entsorgung abgeben. Die Umwelt dankt es Euch! Alle Entwicklungsschritte sollten in einem gut belüfteten Raum durchgeführt werden.
Die Haut darf nicht in Kontakt mit der Chemie kommen, eine Schutzbrille für chemische Zwecke sowie Schutzkleidung muss getragen werden!
Bitte beachtet unbedingt den Chemiehinweis im letzten Abschnitt, sowie die Herstellerhinweise!



Schritt 2: Das Entwickeln

Jetzt könnt ihr die Entwicklermischung vorbereiten.

Dafür braucht ihr: die Entwicklerdose mit dem eingespulten Film, das Entwicklerkonzentrat, beide Messbecher und warmes Wasser.

Je nach gewünschter Wirkung wird der Entwickler mit dem Wasser gemischt. Für eine normale Entwicklung sollte das Wasser 20°C haben. Falls wärmeres oder kälteres Wasser benutzt wird, wirkt sich das auf Kontrast und Korn aus. Wärmeres Wasser verstärkt beides, kann also zielgerichtet als Stilmittel eingesetzt werden.

Für jeden handelsüblichen Film und Entwickler gibt es Listen mit Konzentrationen und Zeiten, wie z. B. die Massive DevChart.

Der Standard sähe dann ausgehend vom Beispiel Rodinal mit Ilford HP5+ in der Entwicklungsdose Jobo 1510 so aus:

Konzentration 1+25 auf 250ml
1 Teil Rodinal und 25 Teile 20°C warmes Wasser
Für die erste Minute wird die Entwicklerdose kontinuierlich, langsam gekippt. Danach etwa alle 30 Sekunden 2 - 3 mal. Nach 7 bis 8 Minuten entsorgt ihr die Mischung in einen dafür vorgesehenen Behälter, z. B. leere Kanister (siehe Chemiehinweis im letzten Abschnitt).



Schritt 3: Das Stoppen

Da der Film immer weiter entwickelt, obwohl die Mischung bereits ausgegossen wurde, muss der Prozess gestoppt werden. Dies geschieht mit einem Stoppbad. Einfacherweise kann man ein käufliches Stoppbad nehmen, als Alternative kann man auch selber ein saures Konzentrat mit Hilfe von Essig- oder Zitronensäure anmischen. Die einfachste Methode ist einfach eine Zwischenwässerung ohne Säure, normalerweise reicht es, mehrere Male das Wasser in der Dose auszutauschen. Manche Filme dürfen nicht mit einem sauren Stoppbad in Kontakt kommen, z. B. der Shanghai GP3 120.

Falls ihr doch ein Stoppbad nutzen wollt, beachtet bitte die Anleitung des Herstellers, um den Film nicht durch die Säure zu beschädigen.



Schritt 4. Das Fixieren

Nun muss der Negativfilm fixiert werden, damit er nicht mehr auf Licht reagiert.

Fixierer wird den Herstellerangaben entsprechend mit Wasser verdünnt. Temperatur: 20Grad Celsius.

Ihr schüttet den Fixierer in die Entwicklerdose und lasst diesen wieder den Herstellerangaben entsprechend lange wirken.
Auch hier ist ein langsames kippen ratsam, die Abstände und Dauer sind Geschmackssache.

Nach diesem Vorgang wird der Fixierer (Achtung dieser ist hochgiftig!) ordnungsgerecht entsorgt (siehe Chemiehinweis im letzten Abschnitt)
Manche / die meisten Fixierer können öfter benutzt werden, bitte informiert Euch dementsprechend, um eine Verschwendung zu vermeiden.



Schritt 5: Wässern

Nachdem der Negativfilm fixiert wurde, muss er gewässert werden um jegliche Chemiereste vom Filmmaterial abzuwaschen. Normalerweise sollte dafür die Entwicklungsdose 5 Minuten kontinuierlich gespült werden, was aber sehr viel Wasser verbraucht.

Eine wassersparende und genauso funktionale Alternative wäre folgende:

  • den Entwicklertank mit Wasser füllen
  • 5mal kippen
  • die Dose leeren
  • neues Wasser einfüllen
  • 10mal kippen
  • die Dose leeren
  • neues Wasser einfüllen
  • 20mal kippen
  • die Dose leeren

Das Wässern muss aber sehr gewissenhaft und gründlich erfolgen, um wirklich alle Chemikalien vom Film abzuwaschen.



Schritt 6: Netzmittel

Nach dem Wässern muss der Negativfilm mit einem Netzmittel gewaschen werden. Dies beugt Trocknungsflecken und Schlieren auf den Fotos vor. Netzmittel sind Tenside (kurz Seifen), die aber keine Duft- oder Farbstoffe enthalten und auch im Gegensatz zu vielen Spülmitteln keine hautschonenden, fettenden Substanzen. Ihr könnt hierfür zu einem Netzmittel für die Fotografie greifen, oder auch z. B. in minimaler Dosierung Klarspüler für die Spülmaschine benutzen.

Zu warmem Wasser (am besten destilliertes Wasser nehmen, um Kalkflecken zu verhindern) wird ein wenig Netzmittel gegeben. Nehmt den Film aus der Entwicklungsdose, lasst ihn aber auf der Spule. Diese Spule legt ihr jetzt in das Netzmittelbad und bewegt sie hin und her. Ihr könnt dann den Film abspulen und gründlich für einige Minuten im Netzmittel bewegen.

Das Netzmittel kann in den normalen Abfluss entsorgt werden.



Schritt 7: Der Abschluss

Nachdem der Film ausreichend im Netzmittel gebadet wurde, kann er zum Trocknen aufgehängt werden. Nützlich, aber nicht notwendig, ist ein Abstreifer für Filme um die Reste des Wassers vom Film zu bekommen. Einfaches Aufhängen zum Trocknen reicht in den meisten Fällen aus.

Der Film sollte in einem möglichst staubfreien Raum (Badezimmer) aufgehängt werden. Hierzu wird er mit Wäscheklammern an einem Bindfaden / Aufhängung des Duschvorhangs o.ä. befestigt. Wichtig ist, dass der Film gut abtropfen kann und nichts berührt. Am unteren Ende des Films sollten auch noch einmal zwei Wäscheklammern befestigt werden, damit er sich nicht aufrollen kann.

Ihr solltet jetzt den Film gute 5 - 6 Stunden trocknen lassen, eventuell sogar noch länger. Nachdem er trocken ist, könnt ihr ihn in passende Segmente schneiden, um ihn besser scannen / abfotografieren zu können.


1Chemiehinweis:

Der Umgang mit Chemie erfordert penible Aufmerksamkeit.
Chemieabfälle dürfen NICHT in den Ausguss gegossen werden, sondern müssen als Sondermüll gekennzeichnet an Wertstoffhöfen abgegeben werden.
Zur Aufbewahrung sind unbedingt entsprechende Behälter zu nutzen: http://www.phototec.de/catalog/product_info.php?products_id=524
Diese sind auffällig zu beschriften und unter absolutem Verschluss zu halten!
Bitte beachtet auch unbedingt die Hinweise auf den Chemikalien und haltet diese ein!
Der Aufdruck kann wie folgt lauten:
Kein Spielzeug für Kinder, nicht trinken oder verschlucken, nicht in die Augen gelangen lassen. Bei Verschlucken oder Kontakt mit den Augen bitte sofort ärztlichen Rat einholen. Die Augen sofort ausspülen. Die Chemie darf nur für fotochemische Zwecke eingesetzt werden!

Hautkontakt mit chemischen Stoffen ist unter allen Umständen zu vermeiden, eine Schutzbrille für chemische Zwecke (Laborbrille), sowie ausreichende Schutzkleidung muss getragen werden!




Rechtlicher Hinweis:

Der gesamte Text dieses Beitrages ist urheberrechtlich geschützt.
Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, bei den Autoren "Hombre [HWLUXX]" und "stony".

HINWEIS: Die Autoren übernehmen keinerlei Haftung für Schäden, gesundheitliche Beeinträchtigungen oder anderweitige Folgen, welche durch unsachgemäßen Umgang mit einem der chemischen Produkte entstehen. Desweiteren übernehmen die Autoren keinerlei Haftung für ein Missraten der Entwicklung bei Befolgung dieser Anleitung!
 
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Bilder kommen hier auch noch, sogar echte Fotos der einzelnen Schritte!
 
Jo, die Dose hab ich auch. Ist nur für einen KB-Film gleichzeitig etwas überdimensioniert. Die Angegebene ist nur ein Beispiel.
 
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Respekt für die Arbeit die du dir gemacht hast das zu schreiben :bigok: :)
 
Klasse Thread!
Auch wenn ich selber (noch) nichts damit anfangen kann, danke an euch zwei für eure Mühe!
 
Gerade erfolgreich durchgeführt :wink:. Schöne Anleitung.
 
Zuletzt bearbeitet:
super Anleitung, verständlich geschrieben:bigok:; jedoch zeigen einige Shoplinks Fehler 404 an. Also bitte die Links aktualisieren.
 
Ok, werde ich in Kürze wieder aktualisieren.
 
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