[User-Review] enhancing Enhance: V550S angetestet und modifiziert

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Review: Cooler Master V550S angetestet und modifiziert

von Reinhard Szalghary


Gliederung

  • 1 Allgemeines zu PC-Netzteil-Tests
  • 2 Die Netzteil-Testschaltung
  • 3 Das CoolerMaster V550S
  • 4 Ein erster Test
  • 5 Technische Modifikation
  • 6 Test der Modifikation: was hat das nun gebracht?
  • 7 Test der Revision V1 – Überraschung
  • 8 Fazit


1 Allgemeines zu PC-Netzteil-Tests

Unter allen Komponenten, die in modernen PCs eingesetzt werden, gibt es nirgends so große Qualitätsunterschiede wie bei Netzteilen. Und gleichzeitig sind bei keiner anderen Komponente qualifizierte Tests derart aufwändig.

Die Messung der Ausgangsspannungen eines PC-Netzteils bei Aufschaltung definierter Lasten ergibt alleine noch keinen besonders aussagekräftigen Test. Moderne CPUs und GPUs haben sowohl einen hohen Leistungsbedarf unter voller Last, als auch effektive Energiesparmechanismen. Zwischen diesen Leistungsprofilen können sie schnell umschalten. Ein PC-Netzteil muss wechselnde Lastsituationen ausregeln und darf dabei auch nicht kurzzeitig den Toleranzbereich der Spannungen verletzen.
Einige Tester verwenden günstige (~ 2000–5000$) automatische PC-Netzteil-Testsysteme (ATE) aus Taiwan (Sunmoon, Fast Auto, TechRed), andere nutzen die teuren Testsysteme (Chroma) der Labore von Netzteil-Distributoren oder -herstellern. Der letzte Ansatz bietet theoretisch die meisten Möglichkeiten, erfordert aber auch, dass sich die Tester gründlich mit dem Testsystem vertraut machen, dieses frei konfigurieren und ausnutzen können.

1.1 Netzteil-Technik

Effiziente Netzteile arbeiten heute meist nach dem Prinzip des LLC-Resonanzwandlers. Hierbei wird ein LC-Serien-Schwingkreis mit dem Transformator in Reihe geschaltet. Die Ansteuerung erfolgt nahe der Resonanzfrequenz. Somit fliessen Sinus-ähnliche Ströme, welche verlustarm bei Spannungsnulldurchgängen geschaltet werden können (Zero-Voltage-Switching). Als Nebeneffekt werden auch hochfrequente Spikes und Störstrahlung minimiert, wodurch die sekundärseitigen Entstördrosseln kleiner ausfallen oder ganz entfallen können. Die Lastregelung ist aber nur in gewissen Grenzen über eine Anpassung der Schaltfrequenz möglich. Bei geringer Last wird die Effizienz zunehmend schlechter und schließlich versagt die Regelung. Nun muss der Regler in einen anderen Modus wechseln und beispielsweise die Pulsweite anpassen.

Wir haben damit heute einerseits Hardwarekomponenten mit immer aggressiver arbeitenden Stromsparmechanismen und gleichzeitig Netzteile, für welche die Anpassung an plötzliche Lastschwankungen eine große Herausforderung darstellt.

1.2 Technische Standards und Anforderungen

Die technischen Anforderungen an PC-Netzteile spezifiziert der Intel „Power Supply Design Guide“. Dessen Vorgaben sind als Mindestanforderungen zu verstehen, die in einigen Bereichen von der Praxis überholt wurden. Auch im Interesse der Zukunftssicherheit ist es vorteilhaft, diese Vorgaben zu übertreffen. So wurde 2013 mit ATX12V 2.4 für den "Deep stand by mode"-C6/C7 der Haswell-CPUs der CPU-Mindestlaststrom (12V2) von 0.5 auf 0.05A abgesenkt, was nicht alle älteren Netzteile stabil beherrschten. Intel kümmert sich als CPU-Hersteller hier auch nicht weiter um die Anforderungen für Grafikkarten.

Für die Stromversorgung stehen allen PCI-Express-Erweiterungskarten 12V und 3.3V (max. 3A) zur Verfügung. Ein x1 Slot kann 10W bereitstellen, x4/x8 Slot 25W und ein x16 Slot 75W. Alle Laufwerke in einem PC werden aus 12V und 5V versorgt, vorgesehen aber (noch?) ungenutzt sind auch 3.3V.
Die PCI Express Workgroup spezifizierte 12V-Stromversorgungsstecker (2x3-polige: 150W Graphics Spec 1.0, 2x4 polig: 225 W/300 W High Power Card Specification 1.0), die zusätzliche Leistung bereitstellen. Die Spannungswandler der Grafikkarten müssen dann selbst für eine entsprechende Lastverteilung der einzelnen Spannungsquellen sorgen.

Silentpcreview hatte die reale Lastverteilung auf den einzelnen PC-Versorungsleitungen untersucht. Dabei zeigte sich, dass heute die 12V Schiene die Hauptlast trägt und für CPU und GPU alleine verantwortlich ist. Damit wird auch nur diese Schiene hohen dynamischen Belastungen ausgesetzt, während die 5V und 3.3V Schienen nur eine weniger schwankende Grundlast für einige On-Board-Komponenten, Erweiterungskarten und Laufwerke tragen.

1.3 Ausgewählte Netzteil-Anforderungen

Gemäß Intels Spezifikationen wird in bezug auf die Spannungsregulation die Einhaltung von 5% Toleranzen gefordert - mit Ausnahme der jetzt optionalen -12V Schiene, die 10% abweichen darf. Das Netzteil muss auch mit kapazitiven Lasten von 10mF an jeder positiven Ausgangsspannung stabil arbeiten. In bezug auf das dynamische Lastregelverhalten (Output Transient Response) wird ein gleichzeitiger und zügiger (1A/µs, d.h. ~20µs Anstiegszeit) Belastungsimpuls auf eine Höhe von 40%, 60%, 30%, 30% des Maximalstroms von 12V1 (Mainboard), 12V2 (CPU), 5V und 3.3V vorgesehen, bei dem die Toleranzen ebenfalls nicht verletzt werden dürfen.

„Ripple“ bezeichnet periodische und „noise“ zufällige Schwankungen der Ausgangsspannungen. Niederfrequenter Ripple geht auf Wechselanteile der Eingangsnetzspannung zurück, hochfrequenter auf die Schaltfrequenz. Gemäß Spezifikation dürfen die Ripple- und Noisespannungen dabei maximal 120mVpp (pp: peat-to-peak) für die +/-12V Schienen und 50mVpp für die Übrigen betragen - gemessen in einem Frequenzbereich von 10Hz bis 20MHz. Gute Netzteile unterschreiten diese Werte erfahrungsgemäß deutlich.

Ein hoher Ripple auf den Ausgangsspannungen kann zu einer verminderten Lebenserwartung von (Elektrolyt-) Kondensatoren auf den PC-Komponenten führen oder die Stabilität eines übertakteten Systems gefährden.

1.4 Abgeleitete Folgerungen für den Netzteil-Test

Es werden präzise, programmier- oder einstellbare elektronische Lasten benötigt, welche eine schnelle Umschaltung zwischen verschiedenen Lastprofilen erlauben. So kann auch das dynamische Lastverhalten und die Stabilität untersucht werden. Ein gleichzeitiges Monitoring aller Spannungen ermöglicht eine Berechnung der tatsächlichen Ausgangsleistung. Die Erfassung von Ripple- und Noise-Spannungen muss sehr breitbandig erfolgen.

2 Die Netzteil-Testschaltung

Um auch technische Aspekte wie das Lastregelverhalten, welches in vielen Reviews nicht (genau) berücksichtigt wird, testen zu können, wurde eine Testschaltung entwickelt. Diese umfasst eine Lastschaltung, eine Mess- und A/D-Wandlerschaltung und ein Mikrocontollersystem.

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Die Lastschaltung enthält einen NE555 basierenden Impulsgeber, dessen High- und Low-Zykluszeiten getrennt einstellbar sind. Dieser Impulsgeber schaltet OPV-geregelte Stromquellen permanent zwischen hohen und niedrigen Lastströmen an 12V2 (CPU) um, welche getrennt einstellbar sind. Die Stromquellen sind gegenwärtig mit bipolaren Transistoren realisiert, die bis 2x100W (2x8A) belastet werden können. Für höhere Belastungen wären mehr Lastkanäle und der Einsatz von IGBTs notwendig. Die anderen Spannungsschienen werden bisher mit Festwiderständen belastet.

Für die automatisierte Messung und Protokollierung wird ein „Raspberry Pi2“ als Zielsystem eingesetzt. Es verwendet ein BCM2835 System-On-a-Chip, das neben einem klassischen ARM Prozessor-Core verschiedene Funktionseinheiten (Video Core, SDRAM, GPIO) enthält. Seine GPIO-Pins (General Purpose Input/Output) werden auf einer zweireihigen 26-pin Pfostenleiste mit 17 digitalen I/O Pins nach Außen geführt. Einige Pins besitzen eine alternative Funktion, dazu gehört das hier verwendete schnelle SPI-Interface mit 2 Adressleitungen [CS].

Zum „gleichzeitigen“ Messen der Ausgangsspannungen wird der kostengünstige 4-Kanal 12-Bit A/D-Wandler MCP3204 eingesetzt. Er arbeitet nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation und sendet sehr zeiteffektiv synchron zu einem laufenden Wandlungsvorgang die bereits festliegenden höherwertigen Bits seriell über den SPI-Bus.
40KHz Eingangstiefpassfilter schwächen transiente Spannungsspitzen (Spikes) ab. Multi-Turn Trimmer erlauben eine exakte Anpassung an die Eingangspegel entsprechend der softwareseitigen Skalierung. Eine TL431 Spannungsreferenz stellt die angestrebte Genauigkeit unter allen Temperatur- und Lastzuständen sicher.

Für die Ansteuerung der SPI Schnittstelle und der GPIO-PINs unter C erwiesen sich die Linux Systemtreiber als nicht performant genug. Verwendet wurde daher die BCM2835 Bibliothek von Mike McCauley. Der MCP3204 wird bei 3.3V mit einem SPI-Takt von 2MHz betrieben, was 80 KS/s [80000 Messwerte pro Sekunde] erlaubte. Mit höheren SPI-Takten werden die Messergebnisse zunehmend ungenauer. Der Impulsgeber der Lastschaltung wurde auf 500Hz mit einem Tastverhältnis von 1:4 (hoher : niedriger Strom) eingestellt.

Das erstellte Testprogramm initiiert und protokolliert zunächst einen An-/Abschaltvorgang des Netzteils und überwacht dann die Spannungen im eingeschalteten Zustand. Interessante Spannungsverläufe werden in Log-Dateien im CSV-Format protokolliert. Ein separat implementierter Web-Server ermöglicht die Übertragung der Logdateien über das Netzwerk mittels HTTP-GET Befehl. Die Logdateien werden mit der auf numerische Berechnungen spezialisierten Software Matlab auf einem PC ausgewertet und veranschaulicht.

netzteiltest2.jpg

2.1 Lasttest

Für den dynamischen Lasttest wurde eine PC-ähnliche Last konfiguriert. Die Laständerungen entsprechen einer stark übertakteten CPU oder einer Mittelklasse-GPU. Diese Lasten sollten 550W-Netzteile souverän handhaben können ohne auch nur in die Nähe der Toleranzgrenzen zu gelangen.

Min-Last: 37W
12V: 13.4W​
5V:13.3W​
3.3V:7.7W​
5Vsb: 2.5W​
Max-Last: 217W
12V: +180W​

Für die Betrachtung von Ripple und Noise auf den Ausgangsspannungen mit einem 100MHz-Oszilloskop wurde eine noch etwas höhere 12V Last verwendet. Das Oszilloskop wurde zunächst direkt an freie Ausgänge des belasteten Netzteils angeschlossen, also ohne weitere Abblockkondensatoren.
Osz-Last: 235W
12V: +18.5W​

Um aussagekräftige Ergebnisse auch in bezug auf Netzteile, die keine keramischen Entstör-Kondensatoren an den Ausgängen besitzen, zu erhalten, wurden zudem Messungen in Anlehnung an Intels Empfehlungen für einen "Differential Noise Test Setup" mit kleinen Abblockkondensatoren (0.1+10uF) an den Ausgängen des Netzteils durchgeführt, welche eine angeschlossene Last simulieren.
Osz-Last2: 291W
12V: +74W​

psu_noise_test.png



3. Das CoolerMaster V550S

Das 80+ Gold zertifizierte Netzteil mit modularen Laufwerkskabeln basiert auf einem angepassten OEM Design von Enhance. Technische Kernmerkmale sind Aktiv-PFC, LLC-Resonanzwandler, aktive Synchrongleichrichtung und DC-DC-Module für 5V und 3.3V. Das Schutzschaltungs-Set ist komplett, die 12V Schiene jedoch als 45A (!) Single-Rail ausgeführt. Der 120mm Lüfter (Yate Loon D12BH-12) ist ein langlebiges, aber mit 7.2W sehr kräftiges Doppel-Kugellager-Modell. Der Lack ist matt und recht robust.

In diversen Reviews fiel das Modell durch seine hohe Effizienz insbesondere bei geringen Lasten auf. Es erreicht bei 230V sogar Platinum-Level. Es besitzt verblüffend kleine elektrische Komponenten in einem sauberen Layout mit vergleichsweise großen Profil-Kühlkörpern. Das Gehäuse fällt mit 14cm Tiefe kompakt aus. Mit einer wirksamen Lüfterregelung wird eine leise Kühlung ermöglicht. Das PCB verwendet ein Basismaterial aus mit Epoxidharz verklebten Glasfasermatten (FR-4) statt Hartpapier (Pertinax). Nur FR-4 hat die nötige mechanische Stabilität für multi-layer PCBs und eine höhere Kriechstromfestigkeit. Die Anforderungen haben sich mit dem Einzug der SMD-Technik bei Netzteilen erhöht, u.a. weil kleine Lötpads beim Durchbiegen leicht abreißen und keramische Vielschicht-Kondensatoren (MLC) brechen können.

Mit der Kombination dieser Eigenschaften war das V550S in seiner Preisklasse etwas Besonderes.

Mir stellte sich die Frage, ob das V550S wirklich ein Überflieger-Modell ist oder nicht doch versteckte Schwächen aufweist bzw. ob solche technisch verbessert werden können.
In bezug auf das dynamische Lastregelverhalten machte mir der kleine Transformator und die geringe sekundärseitige Pufferkapazität, welche nur wenig Energie zwischenspeichern können, Sorgen. Auffällig ist auch der geringe Aufwand bei der Entstörung der Ausgänge. Die 12V-Schiene wird nur mit einer kleinen Luftspule entstört, zwei Ferritkern-Drosseln entkoppeln die DC-DC-Module von 12V-Schiene und deren Ausgänge werden nur mit je einem keramischen 33µF Kondensator abgeblockt. Bei 5Vsb und -12V wird kein weiterer Aufwand betrieben.

3.1 Besondere technische Details

Für die besonderen Eigenschaften, wie das kompakte Design und die Niedrig-Last-Effizienz, zeichnet sich v.a. der Champion CM6901 LLC-Resonanz-Controller verantwortlich.

Ein MOSFET schaltet im laufenden Betrieb die 5V Schiene auf die weniger effiziente 5Vsb Schiene. Dafür wurde die 5Vsb Spannung etwas geringer angesetzt, so dass dieser Spannungsregler damit in den Leerlauf geschaltet wird.

3.2 Unterschiedliche Revisionen des V550S

Vom V550S gab es verschiedene Revisionen, die im Handel nicht weiter gekennzeichnet wurden.

  • V0: im Review von techpowerup verwendet
  • V1: keine AWG16, nur noch dünnere AWG18 Standard-Kabel [Anm. 1], kein Schrumpfschlauch um den Netzeingangs-Ferritkern-Filter
  • V2: Jetzt mit 100% Japan- statt Teapo-Elkos. An 12V nur noch 2 statt 3 Polymer Kondensatoren und auch bei 5V, 3.3V und 5Vsb wurde je ein Polymer durch einen größeren Elko ersetzt. PCB nur noch auf Oberseite rot lackiert. Primärdrosseln wurden mit gelben Isolierband versehen.
  • V3: im 2. Review von hardwareinsights verwendet:
    neuer Lüfter Yate Loon D12BH-12 mit 0.3A / 2300 RPM (0.6A / ? RPM bisher)
Schliesslich wurde das V550S durch das vollmodulare V-Series V550 ersetzt, das gemäß techpowerup nun eine überraschend schlechterer Hold-Up-Zeit und eine weniger gute Spannungsregelung aufweist. Die PCB-Leiterbahnen zum Anschlußpanel haben einen höheren Widerstand als vergleichsweise dicke Kabel und mich persönlich stört auch die schlechte sekundäre Zugänglichkeit.

Ich besitze je ein Netzteil der Revision V1 und V2.

3.3 Einige offensichtliche Unzulänglichkeiten

  • Das PCB könnte besser gereinigt und die gestanzten Kühlkörper entgratet werden. Es ist nicht ganz auszuschließen, dass bei manchen Exemplaren Lötzinnkügelchen oder Metallspäne ernsthafte Probleme verursachen. Das verwendete Löt-Flußmittel führte zur Bläschenbildung an manchen Lötstellen. Eine wirklich schadhafte, kalte Lötstelle habe ich jedoch nicht gefunden.
  • Die elektrische Isolation im Eingangsbereich ist bescheiden und der spannungsführende Primärkühlkörper steht dicht an der perforierten Gehäuserückseite. Die Netzspannungskabel weisen eine steife Isolation und sehr dünne Einzeladern auf, welche bei häufigem Ein- und Ausbau der Platine schnell abbrechen können.
  • Ab Rev. V2: der über dem PCB stehende Kondensator CX2 wurde mit Montagekleber auf dem Klebeband einer Entstördrossel fixiert, wo er nicht gut hält.
  • Der Strombegrenzungs-NTC und der Varistor zum Überspannungsschutz wurden nicht in Schrumpfschläuche gesleeved. Während ersterer nur leicht verbiegt kann ein Varistor durch hohe Überspannungsströme überhitzen und platzen.
  • Die Netzspannungsdrosseln und insbesondere der mit den Netzspannungskabeln frei bewickelte Ringkern sind nicht mit Schrumpfschläuchen isoliert, was auch akustisch einem lastabhängigen Spulensummen entgegen wirken könnte.
  • Die T12A-Eingangssicherung ist allen Modellvarianten gleich und für ein 550W zu stark. Im Defektfall wird hier u.U. eher die Haushaltssicherung anspringen.

4 Ein erster Test

4.1 Impulslast

In einem ersten Test wurde die V2 Version des V550S mit (hier noch 200W) Lastimpulslasten an 12V beaufschlagt. Bei den Lastimpulsen brach 12V bereits kurzzeitig um knapp 4% ein. Das ist für ein 550W Netzteil kein gutes Ergebnis. Die 5V und 3.3V DC-DC-VRM Module unterdrücken Schwankungen der 12V Eingangsspannung auch nicht besonders gut. Das Ergebnis ist aber weit besser als bei jedem gruppenregulierten Netzteil. Die statische Lastausregelung ist erwartungsgemäss einwandfrei.

ver2-impuls.png

Die Impulslast war nur aus relativer Nähe akustisch wahrnehmbar - was ein gutes Ergebnis ist.

4.2 Ripple und Noise

Ein Blick mit dem Oszilloskop auf das halb-ausgelastete Netzteil zeigt, wie sauber die Ausgangsspannungen sind. Die Messungen hier stammen von der Revision V1. Zunächst wurde direkt an den unbelasteten Sapannungsausgängen des ATX-Mainboard-Steckers gemessen. Die Ripple- und Noisewerte sind recht gering. Ein besonderer Aufwand wurde hier allerdings auch nicht betrieben. Am unschönsten sind ~60mVpp an 3.3V und ~80mVpp Spikes an 5Vsb.

osc_v550_ver1.jpg

Die Ripple-and-Noise-Messung wurde zudem nach der von Intel empfohlenen Methode mit kleinen Lastkondensatoren wiederholt. Auch hier zeigen sich recht niedrige Ripplewerte - bei 12V ~15mVpp. Aufgrund der nicht vorhandenen Ausgangsdrosseln an den Nebenspannungen treten an diesen hochfrequente Spikes auf. Diese erreichen an 3.3V 50mV pp, an 5Vsb 42mV pp. Das ist zwar i.O., könnte aber besser sein.

osz_v550s.jpg

5 Technische Modifikation

5.1 Anpassung der Ausgangsspannungen

Die Ausgangsspannungen der DC-DC-Module wurden auf 5.00V und 3.33V festgelegt, was wenig praxisgerecht ist, da an belasteten Kabeln immer noch ein Spannungsverlust eintritt. Eine geringe 5V Spannung führt schnell zu Problemen mit externen USB-Geräten, die über Überstromsicherungen und lange Kabel angeschlossen werden. Hinzu kommt, dass beim V550S die 5Vsb nochmals etwas niedriger angesetzt werden musste (siehe 3.1). Hier wählte man 4.936V.

Die Standby-Spannung kann auf typ. 4.990V angehoben werden, indem R_5Vsb (org. 4.99K) gegen 5.1K ersetzt wird (oder gleich R_5Vsb und R2_5sb (org. 5.1K) gegen die gleichen 5.1K Widerstände).

Nun bedarf es auch einer 5V Anpassung. Das V550S hat 2 VR-Module für 3.3 und 5V. Das 5V-VR-Modul befindet sich auf der Netzspannungsseite. Ein 11K / 1.5K Spannungsteiler legt die Ausgangspannung auf 5.00V fest. Überbrückt man R_5V (11K) noch mit einen weiteren 120K Widerstand, ergibt sich die Ausgangsspannung zu 5.055V (meine Wahl), 100K ergeben 5.066V.

Alle benötigten Widerstände haben die SMD Bauform 0603 und 1% Toleranz.

5v_spannungsmodul.jpg
5V_VRM

v550s_ver2mod2_platine.jpg
Hauptplatine mit Anpassungen

5.2 Lüfter

Nur bis Version V1:
Die Lüfterregelung basiert auf einer einfachen 2-Transistor-Schaltung. Beim Einschalten wird der Lüfter kurzzeitig mit 12V beaufschlagt. Dann läuft er nur über eine „Standby“-Diode an 3.3V weiter. Beim V1-Modell wurde hier eine Silizium Diode verwendet, womit der Lüfter grenzwertig geringe ~2.5V erhält. Das ist auch für weniger starke Alternativlüfter zu wenig. Bei Version V2 wurde hier eine Schottky-Diode verwendet, womit der Lüfter etwa 2.8V erhält.
Bei einem V1 tauschte ich daher D_fan gegen eine SS 34 (Schottky 40V 3A).

Der verbaute Kugellager-Lüfter ist für das V550S unnötig stark. Enermax Magma Advance Lüfter erwiesen sich im Silent-Mode als passender, haben jedoch starke Exemplarschwankungen bei der Nebengeräuschentwicklung. Ein Be quiet Silent Wings 2 Lüfter ist leiser und passte perfekt.

5.3 Ausgangsfilter

5.3.1 Entstör-Maßnahmen
Das V550S hat nur an den 3.3V- und 5V-Ausgängen keramische Entstörkondensatoren. Im Netzteilbereich verwendet man normalerweise 105Grad X7R MLCs. Die verwendeten 33µF gibt es aber nicht mehr als X7R in der 1206 Bauform. Vermutlich wurde hier nur der 85Grad Typ X5R eingesetzt.
Wie auf dem unteren PCB-Foto mit roten Pfeilen gezeigt, hatte ich an allen Spannungsschienen weitere Abblockkondensatoren gesetzt. Messtechnisch erwies sich das bei 3.3V und 5V als unwirksam, wogegen v.a. 12V (3x22µF 1206 + 1x4.7µF 0805) aber auch 5Vsb (4.7uF 0805 – aber mehr wäre wohl besser..) nun weniger Spikes und Noise aufweisen.

5.3.2 Bessere Ausgangs-Pufferkondensatoren
In einem V550S V2 hatte ich die 12V-Ausgangskapazität mit Solid-Polymer-Kondensatoren stark aufgestockt und mit solchen auch je ein Elko an den anderen Spannungsausgänge ersetzt.
Im Einzelnen: an 12V wurden 3x 2200µF/16V PSG [Anm. 2] platziert, außerdem je ein 1200µF/16V PSG an den beiden VRM-Ausgängen und ein 560µF/16V PSG an 5Vsb. (V2.mod) In einem zweiten Schritt wurden auch die beiden 2200µF/16V NCC KZE Elkos am 12V Ausgang gegen 1800µF/16V Rubycon ZLH Elkos getauscht (V2.mod2). Die geringere Kapazität verschlechterte die Messergebnisse beim dyn. Lastverhalten gegenüber V2.mod allerdings wieder etwas.

v550s_ver2mod2.jpg
V550S_ver2mod2

6 Test der Modifikation: was hat das nun gebracht?

Die Erhöhung der Ausgangskapazität zeigt im dynamischen Lasttest eine kleine Verbesserung. Die Einbrüche fallen um 0.5% geringer aus, wobei die Schwingneigung nur unwesentlich stärker wurde.

ver2-ver2.mod2.drift12v.png
ver1 versus ver2.mod2: drift12v

Auch die statischen Spannungswerte sind erwartungsgemäss präziser.

ver2.mod2-impuls.png

Mit dem Oszilloskop zeigte sich an den offenen Netzteilausgängen eine deutliche Abschwächung der Spikes auf 12V, die 5Vsb Spikes verringerten sich von 80 auf 50mVpp. Ein größerer (1206) keramischer Kondensator als der von mir verwndete 4.7µF (0805) hätte vermutlich ein noch besseres Ergebnis gebracht.

osc_v550ver2_mod2.jpg

7 Test der Revision V1 - Überraschung

7.1 Impulslast

Eine Überraschung zeigte sich aber, als ich das verbesserte Netzteil der Revision V2 gegen das originale V1 verglich. In der neueren Revision wurden nicht nur im Ausgangsfilter Polymerkondensatoren durch preiswerte, größere Elkos ersetzt, sondern auch der Regler verlangsamt. Und was auch immer im Detail verändert wurde, das dynamische Lastregelverhalten wurde deutlich schlechter! Die V1 ist nochmal 0.4% besser und zeigt gleichzeitig ein deutlich schnelleres Einschwingverhalten des Reglers.

ver1-ver2.mod2-_drift12v.png
ver1 versus ver2.mod2: drift12v

7.2 Kapazitive Last

Bei kapazitiver Belastung der 12V Ausgänge mit 3600µF, was etwas mehr ist, als in heutigen PC-Systemen erwartet werden kann, verbessert sich dieses Ergebnis nochmal etwas. Dabei kommt es auch nicht zu einem stärkeren Überschwingen. Das Ausschwingen ist generell bei hoher Last minimal und auch bei plötzlicher Entlastung moderat und wird mit kapazitiver Last kaum schlechter.

ver1.impuls_norm_vs_cl.png

7.3 An-/Ausschaltvorgang

Die Auswertung eines kompletten An-/Abschaltzyklus bei aktivierter Impulslast zeigt keine Überraschungen. Plötzliche Einbrüche an 12V schlagen sich in transiente Einbrüche v.a. bei 5V durch, was gelegentlich zu etwas geringeren Messwerten führt. Die Entstördrosseln hatte Enhance nicht grundlos verwendet, die Entkopplung der VRM-Module von 12V könnte dennoch besser sein.

ver1.impuls.an-aus.png

7.4 Wirkungsgrade

Abschliessend wurde eine vergleichende Berechnung der Effizienzen durchgeführt. Dafür wurde die aufgenommene primäre Wirkleistung mit einem NZR SEM 16+ Energiemonitor gemessen. Bei diesem einfachen Versuchsaufbau sind die bestimmten Wirkungsgrade allerdings nicht bis zur letzten Stelle genau.

390723d1486561988-enermax-revolution-87-550w-vergleichender-kurztest-wirkungsgrade.png



8 Fazit

Das Design von Enhance wirkt qualitativ hochwertig, wurde aber ab der Revision V2 technisch deutlich verschlechtert. Mit der Entscheidung, auf 100% japanische Elektrolytkondensatoren zu setzen, gingen leider auch Sparmaßnahmen einher. Generell weist das Netzteil eine Menge Punkte auf, die sich (mit einigem Bastelaufwand) verbessern lassen. Dazu gehört v.a. die geringe 5V Spannung und der zu starke, wenn auch wirksam geregelte Lüfter. Das kompakte Netzteil kann in einem dynamischen Lasttest auch nicht mit den besten großen Netzteilen mithalten. Die frühe Revision V1 hätte eine wirklich gelungene 450W-Platinium Version ergeben können, das dynamische Lastregelverhalten der späteren Revisionen ist nicht mehr gut. Gegenüber einem älteren 80+ Gold Netzteil kann man mit dem V550S in einem Mittelklasse-PC etwa 5W Strom im Idle einsparen, gegenüber einem 80+ Bronze Netzteil 9W.



Anmerkungen:

[Anm. 1]
Die 2x4-polige CPU-Versorgung mit AWG18 Kabeln (0.823mm^2) verursacht bei 150W bereits 1.08% Spannungs- und Leistungsverlust, mit AWG16 Kabeln hingegen nur 0.68%. Die Investition in etwas mehr Kupfer wäre ein preiswerte Möglichkeit, Effizienz und Spannungsstabilität zu verbessern!

[Anm. 2]
Die neue Nippon Chemicon Aluminium-Polymer-Kondensator Serie PSG hat das Potential, sekundärseitige Elektrolytkondensatoren in einem Netzteil überflüssig zu machen. Besondere Merkmale sind die Kompaktheit, die extreme Lebenserwartung von 20000h bei 105Grad und höchste Standards bei Eigenwiderstand (ESR) und Ripplestrombelastbarkeit bei vertretbaren Kosten. Besonders interessant sind folgende Typen:
APSG160ELL561MHB5J: 560µF 16V 8×11.5mm ESR:8mOhm 6.1A_ripple
APSG160ELL222MJ20S: 2200µF 16V 10x20mm ESR:8mOhm 8.1A_ripple
Sie haben gegenüber Elektrolytkondensatoren eigentlich nur Vorteile - auch die Leckströme sind praktisch vernachlässigbar. Werden sie aber mit ebenfalls verlustarmen keramischen Kondensatoren direkt parallel geschaltet, können unschöne Resonanzeffekte entstehen.
Erhältlich z.B. via Mouser oder Digikey.
 

Anhänge

  • netzteiltest_schematic.png
    netzteiltest_schematic.png
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Tolles Bastelprojekt!

Deine beiden V550S sind beide Half-Bridge-LLC, oder? Das 750W (möglicherweise auch das 650W) ist, wenn ich mich richtig erinnere, Full-Bridge-LLC. Das Lastverhalten sollte aufgrund des unterschiedlichen Primärbereichs daher ebenfalls anders sein.
 
Schönes Review. Aber wurde nicht das Netzteil mit der Änderung zu japanischen Kondensatoren auf V550SM umbenannt?

Wie hast du Ripple&Noise eigentlich genau gemessen, wenn ich fragen darf? Hast du dich dabei ebenso an die ATX-Spezifikationen gehalten?
 
Hallo Philipus,

das ist ein guter Hinweis. Ja, die V550S sind Half-Bridge. Aber auch die stärkeren Modelle basieren auf dem gleichen Trafo und einer kaum höheren Ausgangskapazität.

In den Reviews von techpowerup haben diese Modelle ausgehend von 20% Grundlast bei der absolut gleichen(!) aufgeschalteten Impulslast sogar ein noch schlechteres Verhalten als das V550!

Hinweis: die techpowerup "Advanced Transient Response Tests" sind mit meinen nicht direkt vergleichbar, weil hier alle Spannungsschienen belastet und ~20x längere Zeiträume betrachtet werden. Bösartig sind aber gerade die kurzzeigen Einbrüche vor der Gegenreaktion des Reglers. Mit einer den Intel Vorgaben entsprechenden Last wären sie (wie viele andere Modelle) vermutlich durchgefallen.

Es ist wirklich abenteuerlich, dass es hier keine verlässlichen Standards gibt. Vermutlich werden Energiesparmechanismen heute auch experiementell so umgesetzt, dass es bei typischen Konfigurationen keine Probleme gibt.

- - - Updated - - -

Hi Hibble,

die Typenschilder auf den Netzteilen wurden über die Revisionen jedenfalls nicht verändert.

Für Ripple und Noise genügte mir ein qualitativer Blick auf das Oszilloskop. Dieses wurde entgegen der Intel Empfehlungen ohne Abblockkonsdensatoren direkt an offene Kabelstränge des belasteten Netzteils angeschlossen, um auch die Höhe der Spikes beurteilen zu können.

Besser vergleichbare Zahlenwerte kann ich aus den Messwerten berechnen. Die Messschaltung wurde aber auf sinnvolle 40KHz beschränkt und kann natürlich nicht bis 20MHz(!)messen, wie Intel das spezifiziert. D.h. bei den Messwerten spielen transiente Stör-Spikes durch die Schaltvorgänge fast keine Rolle mehr.

Ansonsten bräuchte ich ein digitales Speicher-Oszi mit 200MS/s statt meiner 80KS/s Schaltung...
 
Zuletzt bearbeitet:
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