DanGilmore
Enthusiast
MSI MPG X570 GAMING EDGE WIFI
1. Einleitung
1.1 Testaufbau
Für die Tests des MSI MPG X570 Gaming Edge Wifi habe ich mich für einen etwas unkonventionellen Aufbau entschieden und nicht, wie sonst üblich, ein geschlossenes Gehäuse genommen, sondern meinen Benchtable genutzt. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren meine geplanten Tests. Denn nicht nur der Aufbau ist etwas untypisch, sondern auch die durchgeführten Tests, dazu aber später noch mehr.
Der Vorteil dieses Aufbaus liegt in der Flexibilität und dem Platz. So wäre es in einem Gehäuse kaum möglich gewesen, zusätzliche Messleitungen am Mainboard zu befestigen oder Temperaturfühler anzubringen. Beachtet aber, dass die Messwerte nun nicht immer dem entsprechen, was ihr im Alltagsbetrieb sehen werdet.
1.2 Testsystem und Messtechnik
Testsystem:
Prozessor | AMD Ryzen 3 3800X |
Kühler | Wraith Prism / Cuplex Kryos + Hailea HC-500A / Trockeneis |
Mainboard | MSI MPG X570 Gaming Edge Wifi |
Arbeitsspeicher | G.Skill FlareX 16GB Kit (2x8GB) DDR4-3200 C14 B-Die (A2 PCB) |
Grafikkarte | MSI RX 5700 XT Gaming X |
Systemlaufwerk | Crucial BX500 120GB |
Gehäuse | LeChuck Benchtable |
Gehäusebelüftung | 1x 120 mm Arctic F12 (VRM - optional) 1x 120 mm Arctic F12 (RAM - optional) |
Betriebssystem | Windows 10 Pro |
Messtechnik:
Oszilloskop | Siglent SDS 1202X-E |
Multimeter | UT139C |
Mikroskop | DM-200 |
1.3 Testkriterien
Wie bereits erwähnt, werden in diesem Test nicht die üblichen Tests (Leistungsaufnahme, Stromverbrauch, Lautstärkemessung etc.) durchgeführt. Stattdessen habe ich mich dazu entschlossen, den von MSI getroffenen Aussagen (hier zu finden) etwas auf den Zahn zu fühlen und dabei mögliche Extremfälle zu beleuchten. In der folgenden Tabelle sind die betrachteten Features sowie deren Testmethode aufgelistet.
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2. Performance steigernde Features
2.1 Core Boost
„Die Kombination aus ausgeklügeltem Motherboard-Layout und 8+4-Pin-Stromanschluss entfachen maximale CPU-Leistung“
Hauptaugenmerk des Core Boosts liegt auf dem Bereich, der an den 8+4-Pin Stromanschlüssen (1) beginnt und bis zu den highside Mosfets reicht (2). Eingangsseitig gibt uns MSI einen Hinweis auf die Steckerauslegung, denn laut eigenen Angaben (B450 Motherboard Info) sind die beiden +12V Stromanschlüsse für bis zu 540 W ausgelegt (8Pin 30A / 360W – 4Pin 15A / 180W). Man kann hier schon von einer mehr als überdimensionierten Auslegung sprechen, die nur zum Teil berechtigt ist. Einerseits wirkt das Mainboard wesentlich wertiger und stärker, was keinen Mehrwert für den Nutzer bringt, andererseits kann man hiermit den Kontaktwiderstand reduzieren (Playtool hat hierzu ein paar interessante Informationen), was die Standhaftigkeit erhöht. Dies wird insbesondere nach einigen Jahren interessant, wenn der Stecker nicht mehr ganz so fest sitzt oder sich eine leichte Oxidschicht gebildet hat. Ich habe bereits einige 4-Pin- und auch ein paar 8-Pin-Anschlüsse gesehen, die aus den genannten Gründen verkohlt oder sogar geschmolzen sind.
Das Leiterbahnendesign hingegen ist genau das, was behauptet wurde. Es ist sehr ausgeklügelt und erfüllt mehrere Funktionen. Zuallererst dienen die Leiterbahnen der Stromversorgung der VRMs und einiger anderer Komponenten und zum anderen der Wärmeabfuhr und auch Schirmung. Da ich an dieser Stelle aber nicht allzu sehr vom Thema abweichen möchte, habe ich euch ein paar Links mit weiterführenden Informationen bereitgestellt.
- Leiterbahnrechner
- A Quick PCB Thermal Calulation for Power Electronic Devices with exposed Pad Packages
- PCB Thermal Design Considerations
2.2 IR Digital PWM
"Hochwertige Komponenten im digitalen IR Power Design lassen das System selbst unter extremen Bedingungen stabil arbeiten"
Die Vcore und Vsoc Spannungsversorgung werden von einem IR35201 angesteuert, der im 4+1 Phasen-Modus arbeitet. Dabei werden vier IR3598 Doppler für die CPU-Spannung angesteuert und ein IR3598 für die SOC-Spannung. Nach den Dopplern unterscheidet sich der Aufbau der beiden Spannungen aber grundlegend voneinander. Während die Vcore (CPU-Spannung) Seite separat aufgebaute Spannungswandler mit diskreten highside (4C029) und lowside (4C024) Mosfets nutzt, wurde bei der Vsoc (SOC-Spannung) Versorgung ein integrierter Schaltkreis (QA3111) genutzt. Der Aufbau ist im folgenden Bild grob markiert.
[Vcore- und Vsoc-Phasen des Mainboards]
Der Aufbau ist, insbesondere bei der CPU-Spannung, einfacher und günstiger als bei anderen Boards dieser Preisklasse, aber keineswegs schlecht. Dafür bekommt man aber zusätzliche Features, die sonst eher in höheren Preisklassen verfügbar sind.
Vorab kann ich euch schon entwarnen, auch ein Ryzen 9 3950X bereitet keine Probleme, wer diesen aber zusätzlich noch maximal übertakten möchte, sollte sich eine Alternative suchen.
Da ich insbesondere die VRMs ordentlich testen wollte, habe ich mich zunächst mit dem Bios und den Einstellmöglichkeiten des Mainboards vertraut gemacht und anschließend den Ryzen 7 3800X unter dem Wraith Prism ausgelotet. Hiermit konnte ich bereits 4,5 GHz in Cinebench R20 erreichen. Aufgrund zu hoher Kerntemperaturen habe ich dann noch mit meinem Chiller getestet und konnte den Takt auf maximal 4,6 GHz erhöhen. Bei sämtlichen Vortests hatte ich keine Probleme mit den VRM-Temperaturen oder der Systemstabilität.
An dieser Stelle war aber noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, also habe ich 20 kg Trockeneis besorgt, das Mainboard vorbereitet und isoliert sowie meinen Trockeneiskühler montiert. Das Resultat seht ihr in den folgenden Bildern.
Die Sub-Zero Benchsession war der absolute Extremfall (bei über 200 W CPU-Last) für das gesamte Board und selbst hier habe ich nicht einmal ansatzweise irgendwelche Probleme gehabt. Die Temperaturen waren allesamt im grünen Bereich und auch die Übertaktbarkeit war sehr gut.
[Die in HWinfo angegebenen Verbrauchswerte sind leider falsch, mit einer Strommesszange und Leistungsmessgerät wurden 200 W Leistungsaufnahme gemessen]
Insgesamt habe ich etwa 25 Stunden damit zugebracht, die Komponenten im Sub-Zero-Bereich kennenzulernen und das Mögliche herausgeholt. Am Ende konnte ich folgende Ergebnisse für das HWLuxx-Team bei HWBot verbuchen:
Benchmark | Ergebnis | 8-Kern Platierung | 8-Kern Plazierung (unter Trockeneis) | 8-Kern Platzierung (unter Trockeneis mit AMD) |
WPrime 1024M | 59,338 s | 114. | 10. | 1. |
Cinebench R11.5 | 29,02 Punkte | 56. | 2. | 1. |
Cinebench R15 | 2694 Punkte | 110. | 2. | 1. |
Cinebench R20 | 5911 Punkte | 20. | 3. | 1. |
Geekbench 3 Multi Core | 49647 | 78. | 1. | 1. |
Die Ergebnisse sind sehr zufriedenstellend (zugegebenermaßen habe ich nicht damit gerechnet), wenn man bedenkt, dass für diese Tests lediglich eine nicht vorgetestete CPU und RAM genutzt wurden sowie ein Mainboard, das nur einen Bruchteil erhältlicher High-End-Mainboards kostet.
Darüber hinaus konnte ich bei den stundenlangen Torturen keinerlei Stabilitätsprobleme oder unerwartete Probleme feststellen und sämtliche Hardware war nach dem Abtauen und Säubern wie neu. Also ein Erfolg auf ganzer Strecke.
Die Sub-Zero-Ergebnisse zeigen zwar schon, was das Mainboard maximal kann, aber es ist auch möglich, dass der Prozessor sehr gut auf niedrige Temperaturen skaliert und dadurch die Ergebnisse zu erklären sind. Um hier aber den Kreis zwischen VRM und Prozessorgüte zu schließen, wurden noch die Spannungsschwankungen unter AVX2-Last gemessen. Denn diese Schwankungen sind entscheidend für das System, bei zu großen Schwankungen kann es zu Beschädigung des Prozessors kommen.
Zur Bestimmung der Spannungen wurde ein Messpunkt an der Mainboardrückseite, direkt unter dem CPU-Sockel angebracht, mit dem die Prozessorspannung möglichst genau gemessen werden kann. Ein weiterer Messpunkt wurde vor der Filterung an den VRM-Spulen angebracht, um das Schaltverhalten der VRMs zu zeigen. Im folgenden Bild ist ein beispielhafter Spannungsverlauf zwischen den beiden Messpunkten zu sehen (unten, oben).
[Spannungsverläufe an den VRMs (oben) und an der CPU-Rückseite (unten)]
Um die Ergebnisse besser bewerten zu können, habe ich eine Vielzahl von Messungen durchgeführt. Dabei habe ich einige Bios-Einstellungen so angepasst, dass diese einem Alltag-OC nahekommen und anschließend die verschiedenen Loadline-Calibration (LLC) Modes bei 1,20 V und 1,35 V (Vcore) durchgetestet.
LLC - 1200 mV
LLC-Mode | Vmax- | Vavg- | Vmin- | Vavg | Vmin+ | Vavg+ | Vmax+ |
Auto | 1163,2 | 1182,0 | 1193,6 | 1208 | 1222,4 | 1234,0 | 1252,8 |
1 | 1175,8 | 1188,2 | 1199,8 | 1215 | 1230,2 | 1241,8 | 1254,2 |
2 | 1165,6 | 1182,1 | 1191,2 | 1208 | 1224,8 | 1233,9 | 1250,4 |
3 | 1162,4 | 1177,3 | 1181,2 | 1204 | 1216,8 | 1230,7 | 1245,6 |
4 | 1150 | 1163,7 | 1178,0 | 1190 | 1202,0 | 1216,3 | 1230,0 |
5 | 1144,4 | 1159,5 | 1174,8 | 1186 | 1198,2 | 1212,5 | 1227,6 |
6 | 1135,2 | 1154,2 | 1168,8 | 1180 | 1191,2 | 1205,8 | 1224,8 |
7 | 1132,8 | 1146,4 | 1156,8 | 1172 | 1187,2 | 1197,6 | 1211,2 |
8 | 1133,8 | 1148,3 | 1157,0 | 1173 | 1189,0 | 1197,7 | 1212,2 |
LLC - 1350 mV
LLC-Mode | Vmax- | Vavg- | Vmin- | Vavg | Vmin+ | Vavg+ | Vmax+ |
Auto | 1307,2 | 1327,2 | 1347,2 | 1364 | 1380,8 | 1400,8 | 1420,8 |
1 | 1321,6 | 1336,2 | 1358,4 | 1376 | 1393,6 | 1415,8 | 1430,4 |
2 | 1304,8 | 1327,5 | 1348,0 | 1364 | 1380,0 | 1400,5 | 1423,2 |
3 | 1305,8 | 1321,2 | 1340,2 | 1357 | 1373,8 | 1392,8 | 1408,2 |
4 | 1290,0 | 1303,4 | 1319,6 | 1338 | 1356,4 | 1372,6 | 1386,0 |
5 | 1282,4 | 1297,7 | 1309,6 | 1332 | 1354,4 | 1366,3 | 1381,6 |
6 | 1273,8 | 1290,9 | 1312,2 | 1325 | 1337,8 | 1359,1 | 1376,2 |
7 | 1256,2 | 1272,4 | 1292,2 | 1307 | 1321,8 | 1341,6 | 1357,8 |
8 | 1264,0 | 1277,8 | 1296,8 | 1312 | 1327,2 | 1346,2 | 1360,0 |
Aus den gemessenen Werten können mehrere Schlüsse gezogen werden:
- LLC auf Auto entspricht LLC Mode 2
- LLC-Mode 8 fällt fällt eher zwischen LLC-Mode 6/7
- CPU-Z V1.92 zeigt einen sehr genauen Spannungswert an
- Bei 1,2 V (Vcore) beträgt die maximale Spannungsschwankung 22,4 mV um den Mittelwert
- Bei 1,35 V (Vcore) beträgt die maximale Spannungsschwankung 29,6 mV um den Mittelwert
2.3 PCB mit Server Qualität
"Das PCB auf Server-Niveau ermöglicht erhöhte PCIe 4.0 Leistung und langanhaltende Systemstabilität ohne Kompromisse."
Das Herzstück des Mainboards baut auf einem mehrlagigen PCB (Printed Circuit Board) auf und nutzt laut MSI einen höherwertigen Fertigungsprozess, der in höherer Systemstabilität resultiert. Diese Aussage ist mit den vorhandenen Mitteln aber nur sehr schwer zu verifizieren.
Dennoch finden sich an dem Mainboard einige Hinweise, denen wir nachgehen.
Zunächst werden bei der Betrachtung der PCB-Schnittkante mit einem Mikroskop die einzelnen Gewebeschichten (7 Lagen - 0°/90° Ausrichtung) deutlich sichtbar, welche in dem folgenden Bild rot markiert sind.
[PCB mit markierten Gewebelagen]
Aus dieser Information können wir zwar nicht auf die genaue Anzahl der verwendeten Kupferlagen schließen, allerdings können es aufgrund der Gewebelagen nicht mehr als 8 sein. Da ich bei meinen Recherchen keine gesicherte Quelle finden konnte, kann ich nur mutmaßen, dass vier oder vielleicht auch sechs Kupferlagen genutzt wurden. In dieser Anwendung wären sechs Lagen zwar besser, aber eben auch nicht nötig. Besonders bei der Betrachtung des „DDR4 Boost“ Features wird ersichtlich, dass die Platine keine Probleme mit der Signalintegrität hat.
Eine weitere Information, den diese Aufnahme liefert, ist die recht helle Farbe der Platine, was für eine höhere Gewebedichte spricht. Dieser Unterschied wird besonders deutlich beim Vergleich zu einer handelsüblichen FR4 Typ 106 Platine.
[Links: Ty 2116 50% Harzanteil Rechts: Typ 106 70% Harzanteil]
Daraufhin habe ich weitere Recherchen betrieben und bin auf die MSI News gestoßen, in denen genauere Information hinsichtlich des PCBs zu finden sind. Vergleicht man das dort hinterlegte Bild mit üblichen PCB-Laminaten, dann wird die große Ähnlichkeit zum Typ 2116 deutlich, der für signalkritische Platinen genutzt wird.
Auch wenn es etwas seltsam erscheint, einem so „kleinem“ Detail so viel Aufmerksamkeit zu widmen, muss man hier klar sagen, dass durch den Platinentyp die Signalintegrität verbessert wird. Außerdem wird der Fertigungsprozess wahrscheinlich auch dazu beitragen, dass weniger Kupferlagen verwendet werden müssen und dadurch auch die Produktionskosten gesenkt werden.
Wer sich dafür interessiert, wie sich die Kosten einer Platine zusammensetzen, kann sich dazu den Online-Kalkulator von multi-cb ansehen. Für weitere Informationen sind hier noch ein paar Lesevorschläge:
- PCB Dielectric Material Selection and Fiber Weave Effect on High-Speed Channel Routing
- How the Fiber Weave Effect Influences High Frequency Signal Integrity
- PCB Material Selection for High-speed Digital Designs
- Webinar 2013: Verbesserte Signalintegrität durch impedanzangepasste Leiterplatten
"Steel Armor schützt den PCIe-Slot des Boards und den PCIe-Stecker der Grafikkarte vor Biegeschäden und EMI. So wird die Leistung, Stabilität und Robustheit aller Komponenten verbessert."
[MSI Steel Armor]
Die PCIe Steel Armor ist meiner Meinung nach ein klares Kaufargument. Der Grund dafür ist weniger die Schirmung und der damit einhergehende EMI-Schutz, sondern die zusätzliche Stabilität. Die meisten Mainboardhersteller raten bei Verwendung ausgesprochen schwerer Grafikkarten zurecht zu einer Abstützung dieser, da ein großes Gewicht auf den Lötstellen lastet. In meinem Fall habe ich die MSI 5700XT Gaming X getestet, die satte 1422 g wiegt. Durch die PCIe Steel Armor muss man sich also weniger Gedanken machen, wenn man ein Schwergewicht von Grafikkarte verbaut, da die Lötstellen weniger belastet werden.
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