// Oh, da konnte ich mich wohl mal wieder nicht kurz fassen
Vorweg: Übertaktet wird im BIOS, nicht unter Windows
Also einerseits hast du Recht, das System mit den Spannungen ist weitestgehend gleich. Allerdings variieren die standardmäßig anliegenden Spannungen ("VID" = Voltage ID) zwischen Herstellern, Sockeln und sogar Prozessoren innerhalb einer Produktreihe teilweise deutlich voneinander (es gibt nicht
die VID, sondern immer einen zugelassenen Bereich, z.B. zwischen 1,1 und 1,3V). Das hat seinen Grund in der elektronischen Reinheit bzw. Güte der CPUs, aber dazu später mehr. Daher kann man immer schlecht allgemein von absoluten Werten ausgehen.
Der Takt einer CPU setzt sich - soviel dürfte dir bekannt sein - zusammen aus FSB x Multiplikator. FSB steht dabei für "Front Side Bus". Das System bleibt im Grunde trotz verschiedener Bezeichnungen für diesen ansteuernden Takt dasselbe. Beim LGA1366 (i7 920-990X) und dem LGA1155 (i7 2600K usw.) heißt das zum Beispiel BCLK, für Busclock.
Als Beispiel-CPU ein E8400: 333MHz x 9 = 3000MHz. Verstellbar ist davon in der Regel nur der FSB. Somit würde sich 400MHz x 9 = 3600MHz ergeben. Der Multiplikator lässt sich nicht verstellen, abgesehen von "Black Edition" CPUs von AMD und den "Extreme Editions" für 1000$ bei Intel. Seit neuestem haben letztere aber auch die "K"-Serien mit frei wählbarem Multiplikator im Programm (also 2500K und 2600K).
Um auf etwa 3600MHz zu kommen, könnte man mit so einer CPU dann auch, um beim obigen Beispiel zu bleiben, eine Kombination von 333MHz x 11 wählen oder 333MHz x 10,5 wählen.
Der Vorteil bei einem frei wählbaren Multiplikator ist der, dass das Mainboard als limitierender Faktor so gut wie ausgeschlossen werden kann. Versucht man mit einem Dualcore von Intel hohe Taktraten zu erreichen, zum Benchen und vllt sogar unter Extremkühlung per Trockeneis oder Kompressorkühlung, gerät man schnell an einen FSB von 550MHz+ (was knapp 5GHz entsprechen würde, wenn man weiterhin von einem maximalen Multiplikator von 9 ausgeht). Meistens sind es sogar über 600MHz, die auf diese Weise erreicht werden.
Fakt ist jedenfalls, dass das Mainboard (genauer gesagt die "Northbridge", sitzt meist unter dem CPU Sockel und ist von einem verhältnismäßig großen Kühlkörper bedeckt), auf dem man die CPU betreibt, quasi ebenso übertaktet wird wie die CPU selbst und dadurch zu einem unsicheren bzw. potenziell fehlerhaften Faktor wird. Nur führt kein (billiger
) weg daran vorbei.
Für "normale" Overclocking-Versuche muss man die Northbridge als Faktor mit einberechnen, deswegen gibt es oft Einstellmöglichkeiten für die Northbridge-Spannung im Bios, zumeist als "NB Voltage" oder auch "MCH Voltage" aufgeführt.
Was uns eigentlich direkt zum nächsten Punkt bringt: Zusammenhang zwischen Takt und Spannung.
Generell gilt: Mehr Spannung erzeugt mehr Abwärme, einen höheren Stromverbrauch und eine durchschnittlich gesehen geringere Lebensdauer (Stichwort Elektronenmigration). All diese Dinge steigen bei linear nach oben veränderter Spannung allerdings exponentiell an. Als Beispiel: Eine CPU besitzt eine TDP (Thermal Design Power, eine Angabe in Watt, die die Thermische Verlustleistung angibt und damit den maximalen Stromverbrauch) von 65W, die bei einer Spannung von 1,2V anliegt.
Erhöht man die Spannung auf 1.3V, 1.4V, 1.5V usw, wird sich das in etwa folgendermaßen im Stromverbrauch bzw. der Abwärme manifestieren:
1.2V - 65W
1.3V - 85W
1.4V - 120W
1.5V - 170W
Das sind natürlich nur grob fiktive Werte.
Nun zum Zusammenhang: Erhöhst du den Takt einer CPU von 3 auf 3.6GHz, kann es sein, dass im Betrieb bereits Instabilitäten auftreten, daran zu erkennen, dass das System einfriert oder du auf einmal Bluescreens bekommst. Dann wird es in den meisten Fällen so sein, dass die Betriebsspannung zu niedrig ist, sodass du eine Spannungserhöhung vornehmen musst, um sicherzustellen, dass die CPU auch beim erhöhten Takt ihre Signale noch klar übermitteln kann (Bluescreens liegen meist darin begründet, dass eine "0" aufgrund starker Signalschwankungen fälschlicherweise als "1" übermittelt wurde).
Endlos funktioniert das natürlich auch nicht, man denke an die eben erklärten Faktoren Abwärme, Lebensdauer und Stromverbrauch. So kann es gut sein, dass die CPU schlicht und einfach irgendwann zu heiß wird und du mit der Spannung und dem Takt wieder runter musst. Kurzer Absatz zu den Boxed-Kühlern: Diese sind meistens so ausgelegt, dass sie die TDP der CPU gerade so abführen können, dabei noch Reserven für warme Zimmertemperaturen haben und die CPU damit bei 100%iger Last ein kleines Stück unter der kritischen Grenze (genannt Tmax) halten. Die Tmax unterscheiden sich ebenfalls und können auf der Herstellerwebsite meistens eingesehen werden (zumindest bei Intel). Daher sind diese kleinen Dinger relativ schnell an ihren Grenzen und man sollte sich OC Versuche generell sparen
Die ausreichende Kühlung der CPU gewinnt zusätzlich noch an Bedeutung, weil dadurch 1. der Übertaktungsspielraum ob einer höheren maximalen Spannung vergrößert wird, und 2. Prozessoren auf geringere Temperaturen besser
skalieren. Das bedeutet, dass bei ansonsten gleichen Einstellungen und Rahmenbedingungen - nur sagen wir 20° verminderter Temperatur - schon deutlich höhere Taktraten möglich sind.
Spannungen versucht man daher generell immer so niedrig wie möglich zu halten, um einen stabilen Betrieb des Systems noch in allen Lagen garantieren, den Übertaktungsspielraum relativ gesehen vergrößern, die Lebensdauer relativ gesehen verlängern und den erhöhten Stromverbrauch in einem erträglichen Maß halten zu können.
Dazu sei noch gesagt, dass nicht alle Mainboards entsprechende Einstellungen bieten. Bei älteren Boards kann es durchaus sein, dass nicht einmal eine Einstellung für "vCore", der Prozessor- und damit der prinzipiell wichtigsten Spannung beim Übertakten vorhanden ist.
Eine weitere wichtige Sache, die anfangs oft falsch gemacht wird, ist der Ram-Teiler. Das funktioniert folgendermaßen: Der Ram-Takt ist immer vom FSB abhängig. Bei einem 1:1 Teiler von FSB:Ram würde man also z.B. 333:333 haben. Das bedeutet, dass der Ram also auch mit 333MHz läuft. Im Nachhinein wird dieser Takt über PLLs aber noch auf 667MHz hochmultipliziert, dies geschieht immer x2. Daher finden sich oft verschiedene und verwirrende Angaben, nur nebenbei.
Anschaulich gesehen bauen wir in unser Beispielsystem mit einem E8400 jetzt noch 4GB 800MHz-DDR2 Ram. Diese 800MHz entsprechen allerdings schon dem hochmultiplizierten Takt, eigentlich entspricht dieser an den FSB gekoppelt (also eine Ebene "tiefer") nur 400MHz. Hier wird ein Teiler von 1:1.2 benötigt, da 333:400 = 1.2.
Das eigentlich verhängisvolle ist aber jetzt, dass der Teiler bei einer FSB-Erhöhung prinzipiell aber erstmal bestehen bleibt. Erhöht man den Takt des FSBs nun auf 400MHz (Erinnern: 400MHz x 9 entsprechen 3600MHz), herrscht bei gleichem Teiler ein Takt von 400:1.2 und somit 400:480MHz. Rechnet man den Ram noch x2, ergeben sich also 960 statt der vorgesehenen 800MHz für den Ram. In den wenigsten Fällen wird das noch einfach so stabil laufen, daher gibt es zwei Möglichkeiten beim Beispielsystem:
1. Ram-Spannung (DRAM Voltage o.ä.) entsprechend erhöhen, bis der Ram stabil läuft, oder falls das nicht in vernünftigem Maße funktioniert:
2. Den Ram-Teiler verändern. Wichtig ist, dass immer ein Teiler von mind. 1:1 zwischen FSB und Ram herrschen muss. Das heißt bei einem FSB von 400MHz, kann auch der Ram nicht geringer als 400MHz laufen. Was bei 400MHz x 9 geradezu perfekt ist, da der Ram wieder bei seinen spezifizierten und garantiert fehlerfreien 400x2 = 800MHz läuft.
Beim OCen sollte man sich allerdings angewöhnen, dass man nicht genau den passenden Ram-Teiler findet, um sich das so schön hinzubiegen. Die sind im BIOS festgelegt und entsprechen bei DDR2-Ram z.B. 1:1, 1:1.2, 1:1.33, 1:1.6 usw.
Gehen wir davon aus, dass das System nun läuft, wäre es an der Zeit, die Stabilität zu überprüfen. Das lässt sich einerseits durch schlichtes Gamen machen, wobei anspruchsvolle Spiele immer noch die besten sind, da die Hardware gut gefordert wird. Andererseits gibt es künstliche Belastungstests - allen voran das nette kleine Programm Prime95 - welches durch Primzahlenberechnungen über die CPU über eine beliebige Zeit (Primzahlen gibt es bekanntlich ziemlich viele
) eine Prozessorauslastung von 100% hervorruft. Am besten ist eigentlich eine Mischung aus beidem, das ist aber auch ein bisschen Geschmackssache.
So - mir fällt bestimmt noch ein Haufen mehr ein, der wird dann editiert, jetzt erstmal Denkpause
Was die oben bereits angesprochene "Güte" der CPUs angeht, betrifft das ein sehr generelles Problem. Es gibt keine festen Werte, die für einen bestimmten Prozessortyp allgemeingültig sind. Für einen E8400@3600MHz werden hier und da 1,4V benötigt, meiner brauchte nur 1,07V. Eine Reihe von Dingen machen durch diese Rechnung nämlich einen fetten Strich.
1. Verschiedene Systemkomponenten
Wie oben schon angeschnitten, hängt die Stabilität des Systems beim Übertakten nicht nur an der CPU, sondern auch an Ram, Board, und sogar Sachen wie Netzteil usw. In erster Linie dürfte aber der Ram-Takt und die jeweiligen Einstellmöglichkeiten, die das Mainboard erlaubt, ausschlaggebend sein.
2. Standardspannung (VID) der CPU
Guides mit absoluten Werten zu verfassen, ist komplett unsinnig, da die Ausgangsspannung von CPU zu CPU wie gesagt variiert und Aussagen wie "Erhöhe mal die Spannung auf 1,35V" keinen Sinn ergeben, wenn die VID einer CPU schon bei 1,38V liegt. Und prozentuale Erhöhungen würden sich zwar mehr eignen, aber es ist ein bisschen umständlich, das ständig umzurechnen. Wer hält sich schon an Anweisungen wie "Erhöhe die CPU Spannung um 5,7%".
3. Stepping
Das Stepping bezeichnet die Revision einer CPU, bspw. A0, C1, D0 usw. In vielen Fällen wird ein Prozessortyp in einem neuen Stepping noch einmal neu aufgelegt, um z.B, wie es bei AMD oft geschieht, die TDP von 125W auf 95W zu senken (955BE) oder diverse Dinge im Prozessor zu optimieren. Als netter Nebeneffekt erhält man als Übertakter mit neueren Steppings sehr oft auch stark verbessertes OC-Verhalten. Wiederum gibt es also hier einen Faktor, der das OC-Verhalten stark beeinflusst.
4. Güte der CPU
Jetzt wirds spannend: Neben den bisher schon genannten Sachen weisen CPUs (sowie auch GPUs und eigentlich alle anderen Chips auch) eine verschiedenartige Güte auf. Ist die CPU besonders "elektrisch rein", benötigt sie eine geringere Spannung bei gleichem Takt, als andere Modelle. Ob man eine "gute" oder "schlechte" CPU erwischt, ist damit ein reiner Glücksfall und beeinflusst das OC-Verhalten maßgeblich.
Das alles führt letztendlich dazu, dass man nicht drumrum kommt, die für sich benötigten Spannungen selbst auszutesten. OC-Werte von anderen Usern können dabei als Richtwerte dienen, die komplett zutreffen, aber auch völlig danebenliegen können.
Noch ein Wort zu den Risiken beim OCen von CPUs: Solange du aufpasst, was du im BIOS einstellst, und dich über Einstellungen informierst, die dir noch unbekannt sind (wie du gemerkt haben solltest, sind noch andere Sachen außer CPU Voltage wichtig
), ist es quasi unmöglich eine CPU zu schrotten. Wenn sie zu heiß wird, schaltet der PC im Allgemeinen automatisch ab (solltest du übrigens nicht deaktivieren) und Überspannung ist nur auf längere Sicht ein Problem und kann die Lebensdauer meist nur relativ unwesentlich reduzieren (ob die CPU 15 oder 10 Jahre hält ist den meisten Leuten egal). Falls die CPU einen Takt nicht schafft, schraubst du die Einstellungen etwas zurück und machst ggf. einen BIOS Reset. Damit ist man schon auf der sicheren Seite.
So viel erstmal zum theoretischen Teil, jetzt hast du schonmal einen kleinen Überblick. Diese Ausführungen sind relativ allgemeingültig und lassen sich im Großen und Ganzen auf alle halbwegs aktuellen Sockel und CPUs übertragen.
Praktisch gesehen gibt es natürlich noch ein ziemlich breites weiteres Spektrum an Dingen, die sehr gut zu wissen sind, wie z.B. welche Programme man nimmt, um Temperaturen zu überwachen, wann OC überhaupt Sinn macht, welchen Zuwachs man dadurch in Games oder Benchmarks hat, wie man Kühlungen optimiert, ob es Sinn macht, zu OCen, oder lieber gleich aufzurüsten um sich stärkere Kühler etc. für das alte System zu sparen etc pp. Bei diesen konkreten Dingen bräuchten wir dann mehr Infos über das konkrete Vorhaben