@Geforce3M3
Danke für deine tollen Beiträge!
Argumente, die dagegen sprechen wurden ja schon aufgeführt. Ich halte es daher für wahrscheinlicher, dass man ein Bewusstsein komplett „nach“simulieren kann. Egal ob das Bewusstsein nun im Hirn oder gesamten Körper steckt, sogar der Herzschlagimpuls ließe sich mitsimulieren falls nötig, oder jede andere (Elektro-)Chemische Reaktion. Damit würde man aber auch wieder dessen Wahrnehmung(Umwelt) simulieren, dann wären wir tatsächlich wieder bei Matrix.
edit:
Vor wenigen Tagen wurde der erste Gehirn Atlas vom Forschungszentrum Jülich veröffentlicht.
idw-online.de
Danke. Es freut mich, wenn mein Beitrag für dich interessant war. Ich dachte eher, dass sie niemanden interessieren.
Es kommt darauf an was man genau mit der “Matrix” meinst. Wenn man den Vorstellungen einiger heutiger Neurowissenschaftler und Philosophen folgt (ich schreibe bewusst einiger und nicht aller), d.h. der Vorstellung, dass das Gehirn intern über das Bewusstsein die externe physische Außenwelt abbildet, d.h. diese repräsentiert (Repräsentationstheorien) oder nachkonstruiert ((neuro-)konstuktivistische Theorien), etc., dann leben wir, je nach genauer Auffassung der einzelnen Personen und ihren Theorien, bereits in dem was man heute als “Matrix” bezeichen kann, wobei ich den Begriff natürlich vermeiden würde, da es philosophisch bessere Begriffe dafür gibt, siehe nachfolgend:
Solche Auffassungen entsprechen letztendlich einem erkenntnistheoretischen Solipsismus, Skeptizismus, Idealismus, etc. D.h. der grundsätzlichen Auffassung, dass wir die Außenwelt nicht real und wie sie an für sich ist erkennen können. Die Übergänge zum ontologischen Solipsismus, also der Ansicht, dass wir gar nicht mehr feststellen können ob es überhaupt eine reale Außenwelt gibt (und wir uns nicht nur beispielsweise in einem Traum befinden), sind dann fließend.
Der bekannte deutsche Hirnforscher Gerhard Roth vertritt z.B. die Meinung, dass wenn es draußen regnet wir nicht wirklich sagen können dass es regnet, da der Regen nur ein Konstrukt des Gehirns ist etc. (stark abgekürzt von mir).
Der bekannte deutsche Philosoph Thomas Metzinger, der eine reduktive Neurophilosophie vertritt (da er letztendlich alles auf das Gehirn reduziert) vertritt z.B. die Meinung, dass unser Selbst/Ich, damit ist das bewusst prä-reflektive Ich gemeint, dass "minimal self, core self, experiential self" wie es z.B. Dan Zahavi nennt, sowie ein reflektives narratives Selbst, nur eine Illusion sei, die kausal durch das Gehirn verursacht wird. Für reduktive Neurophilosophen wie Thomas Metzinger, Patricia und Paul Churchland, etc. sind wir nur unser Gehirn.
Meiner Meinung nach sind diese Auffassungen extrem naiv. Die machen sich die Probleme einfach und deshalb bekommen sie einfache Antworten. Solche Theorien werden natürlich auch durch die Medien verbreitet. Man siehe nur Mal was vor vielen Jahren los war mit Wolf Singers "es gibt keinen freien Willen".
Die bekannte spanische Neurowissenschaftlerin Martinez-Conde trifft gar direkt die Aussage, dass “wir in der Matrix leben, die unser Gehirn schaffe”.
Aber wie ich oben schon schrieb, solche Auffassungen sind nicht neu. Bereits Platons Höhlengleichnis vor ca. 2500 Jahren beinhaltet konstruktivistische Elemente bzw. kann so (oder in Teilen) so interpretiert werden. Ernst von Glasersfeld hat das z.B. getan.
Meine Meinung und die meiner Kollegen, wie oben schon geschrieben: Bewusstsein ist nicht im Gehirn... consciousness ist ecological-relational. Damit sprengen wir auch die Ansicht von Kants Trennung zwischen der phänomenalen Welt (quasi unser Bewusstsein) mit der noumenalen Welt (die reale (Außen-)Welt). Für Kantianer wäre das ein Nogo, absoluter Schwachsinn, die könnten das nicht verstehen, sofern die streng-orthodox denken. Genauso ist das unverständlich für einige Hirnforscher die noch in diesem alten Paradigma denken und Grenzen zwischen internal/Bewusstsein-external Welt etc. ziehen. Die würden auch sagen uns sollte man in die Psychiatrie schicken...
Wir haben natürlich einen Point-of-View, d.h. wir haben keine Gottesperspektive auf die Welt. Es gibt erkenntnistheortische Grenzen. Wenn Bewusstsein also relational ist, so bedeutet das nicht, dass wir alles erkennen oder wahrnehmen können.
Der Point-of-View bzw. unser subjektiver Standpunkt kommt durch die raumzeitliche Konfiguration der Gehirnaktivität zustande. Raum und Zeit der Welt sind größer als Raum und Zeit des Gehirns... das Gehirn ist Teil der Welt und in dieser eingebettet. Es muss seine raumzeitliche Konfiguration seiner SPontanaktivität an den größeren Rahmen der Welt anpassen, damit es funktioniert, matching between brain and the world... diese Anpassung ist z.B. in neuropsychiatrischen Störungen wie in der Schizophrenie, Depression, Manie gestört...
Der point-of-view ist daher ontologisch (real) und nicht nur phänomenologisch (nur erlebt).
Beispiel: Depression: inner-time consciousness is too slow... bedeutet depressive erleben ihre bewusste Zeit langsamer als die physikalisch beobachtbare Zeit in der Dritten-Person-Perspektive. Für die ist alles zu schnell... bis zum erlebenten Zeitstillstand: das Sein wird sinnlos, suizid... etc.
Manie: inner-time consciousness is too fast... für die ist alles zu langsam... es muss schneller gehen. Ihre innere bewusste Zeit läuft zu schnell.
Ach, da könnte man soviel schreiben... es ist zu komplex. Wie schon gesagt wird man in diesem Feld alle Meinungen finden.Das ist das reinste Minenfeld und jeder weiß es besser.
Kurzum:
- Die “Realität” ist oftmals viel differenzierter und komplexer als das in oben genannten Beispielen gezeigt und in den Medien verbreitet wird.
- Die Bevölkerung wird über solche News getäuscht. Für manche Patienten werden z.B. falsche Hoffnungen für baldige Heilung geweckt.
- Es werden unter Laien und in den Medien Debatten und Diskussionen ausgelöst, die man eigentlich hätte vermeiden können (siehe Singers Beispiel oben).
- Forschung die teilweise unethisch ist. Welche Tierexperimente konnte z.B. Neuralink durchführen, die für andere Hirnforscher heute (zum Glück) längst untersagt sind? Neuroethik, Ethik in den Neurowissenschaften kennen die nicht.
- Man verursacht für bestimmte Menschen auch Ängste und Sorgen, die die Möglichkeiten der Neurowissenschaften (in Verbindung mit Technik) überschätzen und sich zukünftige Horrorszenarien ausmalen.