[User-Review] Sigma DP1s

Maddix

Mousewheel-Killer, Mamiya
Thread Starter
Mitglied seit
23.08.2005
Beiträge
9.040
Ort
Leipzig
Sigma DP1s – der optimale Spiegelreflexersatz?

Vor ungefähr einem Monat stand eine zwei wöchige Reise nach Jordanien an. Ich kenne dieses Land schon von früheren Reisen und kannte auch schon einen Teil der Ziele, die wir ansteuern sollten. Deswegen habe ich mich natürlich besonders auf die Fotografische Seite meines Urlaubes gefreut. Doch zur gleichen Zeit gab es extreme Umbrüche in der arabischen Welt. Ausgehend von den Bewegungen in Tunesien wurde in Ägypten der Präsident gestürzt und in Libyen wütete ein Bürgerkrieg. Auch in Jordanien wurde für mehr Wohlstand auf die Straße gegangen.

Da ich keine Lust auf Ärger wegen einer geklauten Kamera hatte, habe ich mich entschieden einen Ersatz für den Urlaub zu kaufen. Ein Budget von ungefähr 200€ schien mir angemessen und so machte ich mich auf die Suche. Natürlich brauchte die Kamera einen großen Sensor und eine gute Bedienung.
Systeme wie das Micro 4/3 oder das Sony N-System schienen interessant. Jedoch waren für mich die Preise mit allem Zubehör im Endeffekt zu hoch. Nach einigem Suchen habe ich mich an die „Mutter“ dieser kleinen „Large-Sensor-Cameras“ erinnert: Sigma DP1. Sie war die erste Kamera mit einem verhältnismäßig großem Sensor (rund 1,6 Crop zu Kleinbild) in einem kompakten Gehäuse. Zur Erscheinung habe ich mir damals dieses Modell angeschaut und war enttäuscht: das Gehäuse war grässlich verarbeitet und die Geschwindigkeit unterirdisch. Sie schien ein Flop zu sein.
2 Jahre später habe ich mich mangels Alternativen dazu entschieden doch so eine Kamera zu kaufen. Einiges Googeln hat mich gelehrt, dass die Sigma DP1s schneller sei und zudem keinen Rotstich verursache.

Zwei Wochen später kam meine DP1s. Der erste Eindruck war anders als damals. Heute empfinde ich das Magensiumgehäuse als sehr robust und ergonomisch gesehen gut zu handhaben. Das Display ist für die Kamera angenehm groß, auch wenn der Dynamikumfang des Displays sehr gering ist. Des weiteren ist die Tastenanordnung nicht optimal. So wird bei normaler Halteweise der Kamera immer wieder der Knopf für verschiedene Displaymodi gedrückt. Die Beschriftung der Tasten ist schon bei wenig Licht absolut nicht lesbar.
Die Zoom Tasten an der DP1s sind dank der Festbrennweite absoluter Schwachsinn. Dafür lässt sich auf sie beim Fotografieren das „QS“ Menü und die Auswahl der Fokusfelder (zum Beispiel) legen. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ist die Bedienung mit diesen kleinen Modifikationen deutlich schneller. Über das QS Menü lassen sich wichtige Einstellungen wie ISO, Belichtungsmessung, Blitzmodus und Weißabgleich schnell verstellen. Die Fokusfeldwahl geht auch zügig von der Hand, wenn sie auf eine der Zoomtasten gelegt wurde.
Ein wichtiger Punkt war für mich die Handlichkeit. Mit der großen Nikon muss ich oft eine ganze Tasche mit „Gerümpel“ mitschleppen. Die DP1s ist so klein, dass sie in meine Jackentasche passt und nicht stört. Auch das Reisegepäck selbst ist sehr klein ausgefallen, da ich auf ein großes Stativ verzichten konnte und es mit einem Gorillapod ersetzt habe. Die DP1s ist nicht schwer, hat aber ein sehr definiertes Gewicht, was sie gut in der Hand liegen lässt.

In vielen Testberichten habe ich von der schieren „Gemütlichkeit“ der Kamera gelesen. Durch eine schnellere Speicherkarte kann das zumindest in geringem Maß behoben werden. Das verkürzt nicht den Start der Kamera, der für einen Spiegelreflexnutzer eine geschätzte Ewigkeit braucht. Gerade spontane Fotos sind mit der DP1s nur bedingt möglich. Der Beste Weg dieses Problem zum umgehen ist die Gegenlichtblende HA-11 zu nutzen und die Kamera ständig an zu lasen. Durch die Streulichtblende ist das ausfahrende Objektiv geschützt.
Der Autofokus wird auf Spiegelreflexniveau abgehängt. Für eine kompakte Kamera ist er recht schnell. Es gibt keine Gimmiks wie Gesichts- oder Lächelerkennung. Lediglich das Verschieben des Fokusfeldes an vordefinierte Stellen ist möglich. Vor allem die Möglichkeit über ein Rädchen manuell zu fokussieren macht das Arbeiten mit der DP1s in verschiedenen Situationen viel schneller. So lässt sich bei Sonnenschein ein Umschalten in „Manuell“ mit kleiner Blende und Fokuseinstellung auf unendlich sehr schnell fotografieren. Auch eine Lupe ist im manuellen Modus verfügbar, die ein präziseres Scharfstellen ermöglicht.
Zur weiteren Beschleunigung kann auf den Blitz verzichtet werden. Ladezyklen für den Blitz sind langwierig. Die Leistung des kleinen Lämpchens ist außerdem mickrig. Das ist bei dieser Kamera zusätzlich schlimm, da eine Offenblende von F4 und eine maximale Empfindlichkeit von ISO800 in dunkleren Räumen nicht ausreichen. Ganz zu schweigen von der Bildqualität die der FOVEON Sensor bei hohen Empfindlichkeiten abliefert.
Als Objektiv wird bei der Sigma DP1s ein 16,6mm/4 Objektiv eingesetzt. Dank des Cropfaktors wird damit eine Brennweite von 28mm erreicht. Das ist sehr weitwinkling und natürlich als Brennweite eher speziell. In vielen Fällen hätte ich mir ein leichtes Tele oder mehr Weitwinkel gewünscht. Ein Zoomobjektiv wäre mir also lieber gewesen. Vorteil einer Festbrennweite ist natürlich die Bildqualität bei Offenblende. Diese ist in meinen Augen klasse, was natürlich durch eine Limitierung auf Blende 4 selbstverständlich sein sollte. Wird an den Rändern mehr Schärfe gewünscht, so ist es ratsam auf Blende 5,6 abzublenden. Enttäuschend ist die kleine Offenblende, da Gerade dieser Sensor eine größere Anfangsblendenöffnung bei Dunkelheit bräuchte.

Wie schon weiter oben geschrieben ist die Bildqualität der Kamera doppelseitig. Gerade bei niedrigen ISO (50-200) kann sie glänzen. Ab ISO 400 wird die Bildqualität eher schlecht. Die vergleichsweise niedrige Auflösung hilft dabei nicht wirklich weiter. Im Vergleich zu vielen Spiegelreflex kann aber 100% des Bildes ohne Murren angeschaut werden. Ein Ausschneiden aus den Bildern ist trotz hoher Detailschärfe gerade bei weiter entfernten Objekten nur bedingt möglich.
Der Dynamikumfang der Kamera ist eine der besonderen Überraschungen. Natürlich muss das Sigma eigene Rohdatenformat X3F eingestellt werden. Mit Hilfe des von Sigma bereitgestellten Sigma Photo Pro lassen sich dann diese Dateien in jpgs umwandeln. Das X3 Filllight ist dabei sehr nützlich. Es wird der Kontrast zwischen hellen und dunklen Bereichen zur Bearbeitung der Bilder umgekehrt. In den Rohdaten selbst sind enorme Reserven vorhanden. Entsprechende Bilder habe ich angehängt.
Leider wird das Sigma Rohdatenformat nicht von iPhoto, Lightroom und auch nicht von Capture One unterstützt. Somit musste ich auf das Programm von Sigma zurückgreifen, was keine gute Stapelverarbeitungseigenschaften aufweist. Auch die Wahl des Weißabgleiches ist sehr schlecht umgesetzt, genauso wie eine fehlende Gradiationskurve und Tonwertanpassung. Wenigstens ein Farbhistogramm stellt die Software zur Verfügung. Der Weißabgleich war bei meinen Fotos meist ein Ratespiel und weniger ein Festlegen. Es hilft enorm, wenn sich der Fotograf an das am meisten vorherrschende Licht erinnern kann. Dann wird eine wahrheitsgetreue Bestimmung des Weißabgleiches mit Hilfe der Presets in der Software möglich. Wolken haben auf meinen Bildern einen teilweise starken Grünstich an den Rändern des Bildes. Auch Laub und Wiesen haben eine sehr zwiespältige Gründarstellung, die teilweise sehr blaustichig und übersättigt ist. Bei wenig Licht neigt der Foveon dazu die Bilder etwas zu entsättigen. Bei der späteren Entwicklung der Bilder kann das aber nachgebessert werden.

Fazit: Die Sigma DP1s war für mich ein ständiger kleiner Begleiter auf der Reise. Ich bin vom Handling immer mehr überzeugt und auch die Bildqualität, die ich im Endeffekt mit der Kamera erzeugen konnte reicht für meine Zwecke vollkommen aus. Natürlich lässt sich die Kamera nicht mit einer Nikon D3 vergleichen. Dazu fehlen Ihr viel zu viele Eigenschaften und Ihr Einsatzgebiet liegt auch in anderen Bereichen. Ein Verzicht auf die Große Kamera habe ich in manchen Situationen bereut. So zum Beispiel, wenn ich mehr Brennweite benötigt habe, oder wenn eine schnelle Interaktion notwendig war. Auf der anderen Seite hätte ich die Spiegelreflex erst gar nicht genutzt, da sie zu groß beziehungsweise zu schwer gewesen wäre.

at. 18.03.2011, Amman​

Weitere Bilder (lediglich mit Sigma PhotoPro 4.2 entwickelt):

Mehr Bilder sind außerdem in diesem Verzeichniss zu finden.​
 
Hardwareluxx setzt keine externen Werbe- und Tracking-Cookies ein. Auf unserer Webseite finden Sie nur noch Cookies nach berechtigtem Interesse (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO) oder eigene funktionelle Cookies. Durch die Nutzung unserer Webseite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies setzen. Mehr Informationen und Möglichkeiten zur Einstellung unserer Cookies finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.


Zurück
Oben Unten refresh