Das Thema rund um die erhöhte Stromaufnahme der Radeon RX 480 über den PCI-Express-Steckplatz soll mit der Radeon Software 16.7.1 nun ein Ende finden. AMD hat den entsprechenden Treiber gestern Abend veröffentlicht und wir haben uns die Analysen der Kollegen, die in der Lage sind dies genauer nachzumessen, einmal angeschaut. Ergänzen wollen wir dies mit eigenen Messungen zur Leistung, denn auch hier soll es kleinere Änderungen geben, die sich auch aufgrund der etwas anderen Zuteilung der Leistungsaufnahme auf der Radeon RX 480 ergeben.
Doch zunächst noch einmal zum eigentlichen Problem. AMD spezifiziert die Radeon RX 480 mit einer typischen Boardpower von 150 W. Die GPU alleine soll dabei für einen Verbrauch von bis zu 110 W verantwortlich sein. Entsprechend hat AMD das PCB der Karte ausgelegt.
Über insgesamt sieben Phasen werden die GPU und weiteren Komponenten der Karte versorgt. Davon sind sechs Phasen alleine für die GPU zuständig. Doch diese Spanungsphasen müssen auch irgendwie versorgt werden und hier kommen der PCI-Express-Steckplatz sowie der zusätzliche 6-Pin-Anschluss ins Spiel. Vier der sieben Phasen werden über diesen zusätzlichen Anschluss versorgt, die drei übrigen über den PCI-Express-Steckplatz und dort traten auch die Probleme auf. Die maximale Leistungsaufnahme für den Steckplatz und den zusätzlichen Anschluss sind mit jeweils 75 W spezifiziert. Allerdings muss man hier noch einige Faktoren beachten, wie etwa, dass über den PCI-Express-Steckplatz nicht nur eine Spannungsschiene geführt wird, mit 75 W aber eine Gesamtangabe sind. Für die Radeon RX 480 geht es auch nicht um eine Leistungsaufnahme, die überschritten wird, sondern um einen ganz anderen Punkt und dies wird häufig missverstanden.
Die PCI SIG, also die Standardisierungsbehörde für PCI-Express, schreibt für die Spannungslevel von 3,3 und 12 V maximale Ströme vor, die fließen dürfen. Bei der hier wichtigen 12-V-Schiene sind dies 5,5 A. Die Messungen von Tomshardware und anderen Magazinen haben nun aber ergeben, dass hier teilweise deutlich höhere Ströme fließen. Bis zu 6,74 A wurden gemessen, was einer Überschreitung von 22,5 % entspricht. Wenngleich die Überbelastung in diesem Maße den Namen nicht verdienen mag und es auch nicht zu Störungen oder gar Schäden an der übrigen Hardware kommt, dieser Betrieb außerhalb jeglicher Norm entspricht nicht dem Standard, der an eine Grafikkarte gelegt wird.
[h3]Typische Boardpower und die Praxis[/h3]
Nun stellten wir in unserem Test der Radeon RX 480 bereits fest, dass AMD die Radeon RX 480 zwar eine typische Boardpower von 150 W vorsieht, die Versorgung theoretisch aber schon auf diesen Wert beschränkt ist. Der PCI-Express-Steckplatz und der zusätzliche 6-Pin-Anschluss sind auf die Versorgung von 75 W ausgelegt, wenn man die verschiedenen Spannungsphasen einmal außer Acht lässt. AMD hatte sich wohl gedacht zwischen den 110 W der GPU und den 150 W für die gesamte Karte ausreichend Luft gelassen zu haben, doch dem ist nicht so. Die übrigen Verbraucher auf der Karte und dazu gehören der Speicher, weitere Komponenten und auch die Verluste in den Spannungswandlern spielen eine Rolle. Die genauen Messungen der Kollegen haben ergeben, dass sich die Radeon RX 480 auch gerne einmal etwas mehr gönnt, als die besagten 150 W und daher wäre eine Versorgung über einen zusätzlichen 8-Pin-Anschluss angebracht gewesen. Dies hätte AMD aber wieder hinsichtlich der potenziellen Käuferschicht eingeschränkt, denn in älteren Systemen ist eher mal ein 6-Pin-Anschluss vom Netzteil vorhanden als ein 8-Pin-Anschluss.
Dabei kann und darf ein 6-Pin-Anschluss gerne mehr als die besagten 75 W liefern. Viele werden sich sicherlich fragen, wie ein Anschluss, der auf 75 W ausgelegt ist, mehr als diese Leistung tragen kann. Hier sollte man zunächst einmal zwischen der elektrischen Spezifizierung der Anschlüsse selbst und einer Norm, wie es sie im Falle der PCI-Express-Spezifizierung ist, unterscheiden. Die PCI-Express-Spezifikation beschreibt keinesfalls die Herstellerspezifikationen der Anschlüsse selbst. Dazu nun etwas Elektrotechnik und einige Rechnungen:
Gefährlich wird eine Überlast an Steckverbindungen durch einen immer vorhandenen Übergangswiderstand. Fließt Strom hier hindurch, fällt nach dem Ohmschen Gesetz eine Spannung ab - am Übergangswiderstand wird also Leistung in Form von Wärme umgesetzt. Solche Steckerverbindungen haben einen typischen Übergangswiderstand zwischen 1 und 10 mOhm. Wir nehmen in den folgenden Berechnungen einmal etwa 5 mOhm an. Gehen wir weiterhin davon aus, dass sich die 170 Watt der Karte gleichmäßig auf die beiden Anschlüsse aufteilen, so fällt bei 12 Volt pro Steckverbindung eine Stromstärke von 7,1 Ampere an. Diese 7,1 Ampere wiederum teilen sich auf die zwei positiven Anschlüsse des 6-Pin-Anschlusses auf, so dass hier pro Leiter und Übergang innerhalb der Steckverbindung rund 3,5 Ampere fließen. Pro Leiter und Übergang ergibt das bei einem Übergangswiderstand von 5 mOhm den Abfall eine Leistung in Höhe von 175 mWatt. Diese Abwärme geht aber nicht komplett in die Umgebungsluft bzw. in die Isolierungen, sondern kann durch die Leiter selbst teilweise abgeführt werden. Der rückfließende Strom teilt sich am 6-Pin-Anschluss auf zwei Masse-Anschlüsse auf, sodass an dieser Stelle die umgesetzte Leistung noch geringer ist.
Schaut man sich die Datenblätter bei Molex an, wird hier pro Leiter eine Stromstärke von 9 Ampere als zulässig angesehen. Die gleichen Steckverbinder kommen übrigens auch oft bei modularen Netzteilen zum Einsatz. Noch einmal zur Erinnerung: Bei der AMD Radeon R9 295X2 dürften so in etwa 3,5 Ampere fließen - es ist also alleine schon aufgrund der Spezifizierung für die Steckverbindung mehr als ausreichend Luft.
[h3]AMDs Lösungsansatz[/h3]
Mit der Radeon Software 16.7.1 bietet AMD im Treiber eine neue Option: Den Compatibility Mode. In den Standardeinstellungen ist dieser deaktiviert und die Lastverteiltung zwischen den Spannungsphasen erfolgt dermaßen, dass der PCI-Express-Steckplatz nicht überbelastet werden sollte. Schaltet der Nutzer den Compatibility Mode jedoch ein, soll die Karte sich in allen Belangen (auch am zusätzlichen Stromanschluss) innerhalb der Normen bewegen.
Doch was hat AMD nun getan, um den Stromfluss über den PCI-Express-Steckplatz zu reduzieren? Per Software bzw. I2C-Schnittstelle verändert der PWM-Controller die Lastverteilung über die Spannungsphasen derart, dass die drei Phasen, die über den PCI-Express-Steckplatz versorgt werden, entlastet werden und die zusätzliche Last in Richtung der anderen drei Phasen, die über den zusätzlichen Anschluss versorgt werden, verteilt wird.
Dies kann AMD aber nicht tun, ohne an andere Stelle ein Einsparung vorzunehmen und dies geschieht bei der Leistungsaufnahme der GPU. Verbraucht diese mit dem alten Treiber und dem ausgeschalteten Compatibility Mode noch immer etwa 110 W, reduziert sich die Leistungsaufnahme bei eingeschaltetem Compatibility Mode um etwa sieben Watt. Dies erreicht AMD durch eine Reduzierung des Taktes. Wir haben die Leistungsaufnahme der GPU und den dazugehörigen Takt einmal gegenübergestellt.
Für die gesammten Messungen wollen wir festhalten, dass die ersten und letzten paar Sekunden getrost ignoriert werden können. Wir haben diese Datenpunkte aber dennoch mit aufgenommen, da es für die Aufarbeitung der Daten einfacher war dies so zu tun. Außerdem wollen wir erläutern, wie wir gestestet haben. Die eingebaute Radeon RX 480 wurde im aufgewärmten Zustand getestet. Rise of the Tomb Raider wurde in einer Auflösung von 1.920 x 1.080 Pixel mit 2xSSAA ausgeführt und belastet die Radeon RX 480 damit vollständig.
Als erstes schauen wir uns den Takt der Radeon RX 480 mit den unterschiedlichen Treibern bzw. Modi an. Festzuhalten ist, dass der neue Treiber (orange Linie) meist etwas schneller taktet bzw. den Takt länger bei 1.266 MHz hält, als dies mit der Radeon Software 16.6.2 (blaue Linie) der Fall war. Mit der Radeon Software 16.7.1 und eingeschaltetem Compatibility Mode (grüne Linie) taktet die Karte deutlich niedriger.
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Im Mittel lag der Takt der GPU zuvor bei 1.218 MHz, nun sind es 1.222 MHz in den Standard-Einstellungen und 1.031 MHz im Compatibility Mode. Für die Mittelwerte schauen wir uns aber nur den mittleren Bereich der Datensätze an.
Gleichzeitig haben wir die GPU-Spannungen aufgezeichnet und sehen dabei gewisse Parallelen zum Takt. Mit der Radeon Software 16.7.1 und eingeschaltetem Compatibility Mode reduziert AMD die Spannung korrespondierend mit dem niedrigeren Takt. Zwischen der Radeon Software 16.6.2 und 16.7.1 ist dagegen bei dieser Darstellung kaum ein Unterschied auszumachen. Im Mittel aber liegt die Spannung mit der Radeon Software 16.7.1 etwas höher.
Für den Mittelwert der Spannung sehen wir die zu erwartenden Werte im Hinblick auf den GPU-Takt.
Die Leistungsaufnahme der GPU ist der entscheidende Faktor und diese haben wir ebenfalls in einem Diagramm aufgearbeitet. Während sich der Radeon Software 16.6.2 und 16.7.1 hier kaum ein Unterschied auszumachen ist, liegt diese mit der Radeon Software 16.7.1 und eingeschaltetem Compatibility Mode deutlich darunter.
Auch die Mittelwerte der GPU-Leistungsaufnahme zeigen, wie AMD im Compatibility Mode der Radeon Software 16.7.1 den Verbrauch reduziert hat. Nun ist die GPU nur ein Faktor für den Gesamtverbrauch der Karte, spielt im Endeffekt aber eine große Rolle, da die weiteren Komponenten direkt davon beeinflusst werden.
Für die Gesamtleistungsaufnahme müssen wir uns aber auf Messungen der Kollegen verlassen und greifen daher auf die Werte von Tomshardware zurück. Hier zeigt sich deutlich die Veränderung durch den Compatibility Mode in der Radeon Software 16.7.1. Doch die Gesamtleistungsaufnahme beschreibt das Problem des höheren Strombedarfs ja nicht vollständig. Erst die Messungen der Ströme zeigt, dass AMD das Problem beheben konnte.
Von ehemals 6,7 A konnte AMD durch das Update den Strombedarf über den PCI-Express-Steckplatz auf 5,9 bzw. 5,6 A senken. Damit liegt AMD wieder innerhalb der Spezifikationen und verletzt diese nicht.
Für eine Einschätzung der Leistung haben wir ein paar Tests gemacht. Es sieht aber bisher so aus, als sei kein Leistungsverlust in den Standard-Einstellungen der Radeon Software 16.7.1 vorhanden und mit eingeschaltetem Compatibility Mode halten sie sich mehr als in Grenzen.
[h3]Fazit[/h3]
Das hätte nicht sein müssen AMD! Der erhöhte Strombedarf über den PCI-Express-Steckplatz hätte AMD im Vorfeld auffallen müssen. Auch hätte die Karte hinsichtlich ihrer Auslegung anders gestaltet werden können, aber dies war sicherlich auch in Teilen eine Marktentscheidung und ist noch vollständig in der Technik zu begründen.
Sehr positiv zu bewerten ist, wie schnell AMD das Problem beseitigen konnte. Mit den Redakteuren, denen das Problem zunächst aufgefallen ist, hat man direkt Kontakt aufgenommen. Auch wurde das Problem nicht totgeschwiegen und AMD äußerte sich offiziell dazu. Innerhalb weniger Tage wurden dann auch noch eine Lösung gefunden, die sich schnell und einfach via Software realisieren ließ.
Ob der Nutzer den Compatibility Mode nun aktivieren möchte oder nicht, bleibt ihm selbst überlassen. Eine echte Gefahr für die Hardware in Form des Mainboards besteht wohl nicht, zumal AMD den Strombedarf mit dem neuen Treiber auch so noch deutlich reduzieren konnte. Ganz einhalten kann man die Spezifikation aber auch dann noch nicht. Zu kleinlich sollte man aber auch nicht sein, zumal es noch Toleranzen gibt. Die Boardpartner von AMD werden dem Problem sicher aus dem Weg gehen, in dem sie gleich einen 8-Pin-Anschluss verbauen und die Lastverteilung entsprechend im Vorfeld korrekt regeln.
Update:
Wir haben die Benchmarks mit der Radeon Software 16.7.1 mit ausgeschaltetem Compatibility Mode noch einmal wiederholt, da es laut AMD zu einem Fehler kommen kann, bei dem der Compatibility Mode nicht korrekt zurückgesetzt wird, wenn die entsprechende Option von an nach aus umgestellt wird. Stattdessen sollte besser ein Zurücksetzen der Einstellungen ausgeführt werden. Die Werte haben sich auch dahingehend verändert, dass die Radeon Software 16.7.1 nun meist etwas schneller ist, als die Radeon Software 16.6.2 (zumindest in einigen Benchmarks).