Der ungleichmäßige Anpressdruck des Kühlers auf den Heatspreader der Alder-Lake-Prozessoren ist ein heiß diskutiertes Thema. Zwar sollen sich die Werte noch alle innerhalb der von Intel vorgegebenen Toleranzen bewegen, Enthusiasten aber sind auf jedes Grad Celsius aus und hier kommt es auf jedes Detail an. Wir haben uns den Thermal Grizzly CPU Contact Frame zusammen mit zwei Wasserkühlern ausprobiert und vergleichen die Temperaturwerte mit und ohne Sockel-Rahmen.
Das Verbiegen des Heatspreader der Alder-Lake-Prozessoren ist ein grundsätzliches Problem, das sich aber nicht immer in vollem Umfang zeigt bzw. vom Nutzer eventuell gar nicht bemerkt wird. Geht es aber um jedes Quäntchen an Leistung und möglichst niedrige Temperaturen, können auch wenige Grad Celsius den Unterschied ausmachen.
Eines vorweg: Bei vielen der nun folgenden Veränderungen ist etwas Fingerspitzengefühl von Nöten und bei unsachgemäßer Handhabung könnt ihr euch auch euren Sockel zerstören. Arbeitet achtsam, denn es gehen durch solche Veränderungen die Garantieansprüche gegenüber dem Hersteller verloren.
Die Funktion ist dabei recht simpel. Der Rahmen wird anstatt der von Intel vorgesehenen Sockelbefestigung verbaut. Thermal Grizzly beschreibt das Produkt wie folgt:
"Der standardmäßige Integrated Loading Mechanism (ILM) verfügt über Kontaktpunkte, die in der Mitte der länglichen CPU liegen. Durch den dadurch entstehenden ungleichmäßigen Anpressdruck des Prozessors in den Sockel wölbt sich die Oberfläche des Integrated Heatspreaders (IHS) konkav. Dadurch liegt die Bodenplatte des CPU-Kühlers in erster Linie an den Kanten des IHS auf, sodass der thermale “Hotspot” in der Mitte der CPU nicht optimal abgedeckt ist.
Der Intel 12th Gen CPU Contact Frame verfügt über eine spezielle Innenkontur, um bei der Montage den Anpressdruck von der Mitte der CPU auf die Kanten zu verlegen. Dadurch wird die konkave Wölbung des IHS vermieden. Dies führt dazu, dass CPU-Kühler besser auf dem Prozessor aufliegen und eine größere Kontaktfläche entsteht, um die Abwärme der CPU abzuführen."
Anstatt nur über zwei Patches des Heatspreaders greift der Rahmen rings herum auf den Heatspreader und drückt diesen in den Sockel. Dies soll für den gleichmäßigeren Anpressdruck sorgen. Die Patches werden im Grunde gar nicht mehr genutzt. Da auch AMD mit dem AM5 auf eine sehr ähnliche Methode zurückgreift, kann man gespannt sein, ob sich die aktuellen Erkenntnisse auch auf die zukünftigen AM5-Prozessoren übertragen lassen oder ob der massive Heatspreader der kommenden Ryzen-Prozessoren ein Verformen verhindert.
Wir hatten nun die Gelegenheit, den Thermal Grizzly CPU Contact Frame zu testen. Parallel dazu liegt auch ein Thermalrigtht LGA17XX BCF bei uns. Die Funktion beider Rahmen ist im Grunde identisch, wobei der Thermal Grizzly CPU Contact Frame eine genauere Einstellung über das Drehmoment der Schrauben gewähren können soll. An dieser Stelle sei erwähnt, das Thermal Grizzly offenbar ein Patent für den Rahmen angemeldet hat. Den Thermalrigtht LGA17XX BCF wird man hierzulande nicht offiziell kaufen können.
Der Thermal Grizzly CPU Contact Frame ist aus Aluminium gefertigt, welches eloxiert wurde. Kurzschlüsse kann er daher nicht erzeugen. Einige Nutzer empfehlen den Bereich um den Sockel mit Kaptonband zu bekleben. Dies soll zudem eventuelle Störungen auf die Leiterbahnen durch den Rahmen reduzieren. Innen am Rahmen sind am Aluminium die gefrästen, abgesetzten Einkerbungen zu erkennen, die sich an die Form des Heatspreaders anpassen. Thermal Grizzly legt den passenden T20-Schlüssel für die Schrauben bei.
Wie bereits erwähnt, wird der Thermal Grizzly CPU Contact Frame einfach anstatt des ILM verwendet. Über vier Torx-Schrauben ist dieser mit dem Mainboard verbunden. Die originalen Schrauben können zur Befestigung des Rahmens verwendet werden. Zuvor muss allerdings der Prozessor in den Sockel eingesetzt werden. Der Rahmen hält diesen an Ort und Stelle und soll zudem auch noch für den richtigen Anpressdruck sorgen. Die Schrauben sollten mit etwa 0,03 bis 0,06 Nm angezogen werden.
Da die meisten Nutzer wohl keinen Drehmomentschlüssel haben, der in diesem Bereich arbeitet, ein Tip aus der Praxis: Wenn man den mitgelieferten T20-Schlüssel (oder einen anderen T20-Schraubendreher) zwischen den Fingern dreht, bis ihr nicht mehr weiter kommt, dann absetzt und die Schraube um 90° weiter zustellt, dann kommt ihr in etwa auf dieses Drehmoment. Natürlich stimmt auch dies nicht ganz und jeder kann hier eine unterschiedliche Kraft aufwenden, aber in keinem Fall sollte man die Schrauben fester andrehen, als es durch diese Methode möglich ist.
Die Skala auf dem Rahmen ist aber nicht nur dazu da, um bei der Montage die 90° einzuhalten, um in etwa auf das gewünschte Drehmoment zu kommen, sondern auch um im Nachgang den Anpressdruck noch etwas zu verändern. Es kann beispielsweise vorkommen, dass man zu viel Anpressdruck im Sockel erzeugt und dann der Speicher nicht mehr so gut funktioniert. Die Skala hilft dabei sich etwa orientieren zu können, wenn man mit dem Anpressdruck spielt, um das möglichst ideale Maß zu finden.
Ist der Frame am Sockel montiert, können die Kühler verwendet werden. Als Referenzwerte haben wir dazu auch mit einem Luftkühler und einer AiO gearbeitet. Beim Luftkühler handelt es sich um einen Noctua NH-U12A (Test), bei der AiO haben wir auf die ASUS ROG Ryujin II 360 (Test) gesetzt. Zusätzlichen haben wir auch noch zwei Wasserkühler zum Einsatz gebracht. Einmal den TechN CPU-Kühler und einmal den EKWB EK-Quantum Velocity² D-RGB - 1700 Full Nickel.
Der EKWB EK-Quantum Velocity² D-RGB - 1700 Full Nickel soll über seinen Montage-Mechanismus (EK-Exact Mount) bereits einen gleichmäßigen Druck auf den Heatspreader ausüben. Federn an den Schrauben sollen für den gleichmäßigen Anpressdruck sorgen. Über flache Rändelschrauben auf der Rückseite wird der Kühler befestigt, der zudem auf der Front keinerlei Montage-Mechanismus zeigt und damit auch optisch für eine klare Linie sorgt. Aber natürlich haben wir auch bei diesem Kühler versucht, mittels des Rahmens noch bessere Ergebnisse zu erzielen.
Bevor wir nun zu den Testwerten kommen, noch ein paar Worte dazu: der8auer testete seinerseits 14 Prozessoren (Core i9-12900K) mit dem CPU Contact Frame. Diese wurden bei 1,36 V mit 5,1 GHz betrieben und im Cinebench R20 getestet. Die Maximaltemperaturen fielen mit dem Frame im Schnitt um 4 °C geringer aus. Es gab allerdings auch Prozessoren die nur um 0,3 °C kühler wurden und solche die mit 7,1 °C deutlich stärker profitierten.
Wir haben nun wie folgt getestet:
- Intel Core i9-12900K
- auf ASUS ROG Crosshair Z690 Hero
- 1,3 V
- 5,0 GHz auf den P-Cores
- verschiedene Lasten
- 241 W PL1 und PL2
Kommen wir zu den ersten Ergebnissen:
Temperatur-Messungen
Für die Messungen haben wir den Cinebench R23 im Multi-Threaded-Test, sowie den CPU- und GPU-Benchmark (Test 2) in einer Dauerschleife von 20 Minuten gewählt. Am Ende wurde das Maximum der Package-Temperatur aufgenommen. Den GPU-Test haben wir auch daher gewählt, um bei einer Teillast eventuelle Unterschiede aufzeigen zu können. Die Temperatur des Wassers haben wir über die Lüfter am Radiator versucht auf 35 °C zu halten.
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Der nT-Test des Cinebench R23 stellt ein Szenario dar, welches alle Kerne unter Last setzt und damit auch für mit die höchste Abwärme sorgt. Beim EKWB EK-Quantum Velocity² D-RGB - 1700 sinkt die Temperatur von 77 auf 73 °C, beim TechN-Wasserkühler von 80 auf 74 °C. Nicht ganz so hoch sind die Temperaturdifferenzen für den Noctua NH-U12A und den ASUS ROG Ryujin II 360, der hier zudem mit den höchsten Temperaturen kämpfen muss.
Die periodisch immer wiederkehrende Last des CPU-Test im 3DMark lässt dem Prozessor oder vielmehr dem Kühler immer wieder eine Phase der Erholung. Entsprechend sehen wir hier ein ingesamt etwas niedrigeres Temperaturniveau. Das Delta fällt beim EKWB EK-Quantum Velocity² D-RGB - 1700 mit 6 °C am höchsten aus. Beim TechN-Wasserkühler sind es 69 zu 65 °C. Der AiO- und der Luftkühler können die Temperaturen mit Rahmen mit maßgeblich verbessern.
Schlussendlich noch der GPU-Test, bei dem der Prozessor nur moderat unter Last steht, aber der Gaming-Einsatz ist für viele sicherlich ebenfalls interessant. Hier schrumpft das Temperatur-Delta aber bei allen Kühlern extrem stark zusammen. Ob der Einsatz eines CPU-Frames ausschließlich für diesen Einsatzzweck dann noch Sinn macht, darf in Zweifel gezogen werden. Unter Teillasten ist das Verbesserungspotential nur sehr gering.
Alles was sich in einem Bereich von einem Grad Celsius bewegt, kann auch unter Messtoleranz verbucht werden. Hier sind die Unterschiede einfach zu gering, als das man dies rein am Rahmen festmachen kann.
Fazit
Die Kombination aus Prozessor (und der Form des Heatspreaders), dem Mainboard (dem genauen Sockel-Typ) sowie dem Kühler ist entscheidend bei der Frage, ob ein CPU-Frame etwas bringt oder nicht. Die Toleranzen sind hier für alle drei Komponenten zwar klein, können sich aber im ungünstigen Fall in der falschen Richtung aufaddieren oder sich im besten Fall auch nahezu ausgleichen. Unser Core i9-12900K neigt genau wie der von uns getestete Core i9-12900KS offenbar dazu, dass Heatspreader-Oberfläche und Kühler keine plan aufeinanderliegende Fläche bilden. Daher haben wir beim Test des Core i9-12900KS auch eine andere Backplate verbaut, um den Wasserkühler zu montieren.
Dementsprechend sollte man die Messergebnisse auch einordnen. Die hier gezeigten Werte treffen nicht auf jeden Alder-Lake-Prozessor zu. Selbst wenn ein anderer Kühler zum Einsatz kommt, können sich schon Unterschiede ergeben. In den durch der8auer selbst durchgeführten Tests, reichte die Spanne von keinerlei Verbesserung bis zu 7 °C.
Intels Montagesystem bewegt sich im Rahmen dessen, was der Hersteller an Toleranzen vorgibt. Ein LGA1700-System sollte daher auch mit korrekt aufgetragener Wärmeleitpaste sowie einer korrekten Montage des Kühlers alleine durch den Verzug des Heatspreaders nicht grundlegende thermische Probleme bekommen – es sei denn, der Kühler ist für die Abwärme nicht vorgesehen.
Der Thermal Grizzly CPU Contact Frame ist etwas für Enthusiasten oder Perfektionisten, die das Maximum aus ihrer Hardware quetschen wollen. Rekordjäger mit extremen Kühlmethoden sind natürlich die primäre Zielgruppe. Mit 39,90 Euro ist der Thermal Grizzly CPU Contact Frame natürlich auch nicht ganz billig.
Lapping-Tool als Zusatz-Funktion
Auf einen Punkt sind wir im Rahmen des Tests noch nicht so wirklich eingegangen. Viele werden sicherlich schon davon gehört haben, dass eine möglichst ebene Oberfläche natürlich am besten erreicht wird, wenn man den Heatspreader abschleift. Wenn sich dieser aber nach der Montage im Sockel verzieht, nützt das vorherige Abschleifen natürlich auch wenig.
Also gibt es auch noch einen Lapping-Tool, welches zusammen mit dem Thermal Grizzly CPU Contact Frame verwendet werden kann.
Dem Lapping-Tool liegen neben einem Acrylrahmen vier Schrauben und ein dazugehöriger Schlüsse bei, um den Prozessor samt Rahmen in das Werkzeug einzuspannen. Zudem legt Thermal Grizzly noch Nassschleifpapier mit einer Körnung von P400, P1200 und P2400 bei.
Eingespannt ergibt sich zwischen dem Heatspreader und dem Contact Frame ein Höhenunterschied von 0,5 mm. Der Acryrahmen aber ist etwas höher und kommt auf einen Unterschied von 0,2 mm, sodass man beim Abschleifen spätestens dann limitiert wird. Nach 0,2 mm sollten aber auch alle Höhenunterschiede weggeschliffen sein. Geschliffen wird zunächst mit der gröbsten Körnung und dann schrittweise auf die feineren. Das Schleifpapier sollte auf einer glatten Oberfläche fixiert werden – beispielsweise auf einer Glasplatte. Die Schleifrichtung sollte regelmäßig um 90° verändert oder eine Bewegung in Form einer Acht vollzogen werden.
Das Abschleifen ist die finale Maßnahme, um den Prozessor bzw. den Heatspreader möglichst plan zu bekommen und um auch das letzte Quäntchen an Leistung herauszuquetschen.