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Aus der Hölle ins Land der Riesen

Senua's Saga Hellblade 2 angespielt

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Senua's Saga Hellblade 2 angespielt
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Mit Hellblade 2 führt Entwickler Ninja Theory die Geschichte rund um die Keltin Senua fort. Am 21. Mai 2024 erschien Senua’s Saga Hellblade 2 für PC und Xbox Series X/S. Wir haben Senua's Saga Hellblade 2 angespielt.

Der erste Teil, Senua’s Sacrifice, wurde 2017 für PC und Playstation veröffentlicht. Kurz darauf folgten auch Versionen für Xbox und Nintendo Switch. Damals publishte Ninja Theory das Spiel noch selbst. Mittlerweile wurde das Studio von Microsoft aufgekauft und die Xbox Game Studios treten bei Hellblade 2 als Publisher auf.

Handlung

Achtung, ab hier folgen Spoiler zur Geschichte von Senua’s Sacrifice: Hellblade. Wer den ersten Teil noch spielen möchte, überspringt dieses Kapitel und liest bei "Senua und die Stimmen" weiter!

Senua stammt aus dem heutigen Schottland. Dort ist sie im 8. Jahrhundert nach Christus aufgewachsen. Sie gehört somit zu den Pikten, einem Unter-Stamm der Kelten. Da sie unter schweren psychischen Erkrankungen leidet, wird sie von ihrem Stamm gemieden. Hierunter fallen vor allem die Stimmen, die sie konstant plagen, aber auch optische Halluzinationen. Dummerweise ist das auch genau das Jahrhundert, in welchem die Nordmänner, auch bekannt als Wikinger, ihre Eroberungsfeldzüge gegen die britische Insel starten. So kommt es, dass Senuas große Liebe, Dillion, von den Invasoren ermordet wird.

In ihrem Wahn glaubt Senua, dass sie ihren Geliebten in Helheim, der nordischen Version der Hölle, finden und retten kann. Auf der Reise in die Tiefen von Helheim übernehmen Spieler die Rolle von Senua und müssen Kämpfe bestehen und Rätsel lösen. Dabei wissen weder Spieler noch Spielfigur wirklich, was von dem Gesehenen nun echt und was eingebildet ist. Am Ende steht Senua der Todesgöttin Hel persönlich gegenüber und besiegt diese im Zweikampf. Der tiefere Sinn dieser Reise ins Grauen ist die Bewältigung von Trauer und Verlust.

Teil zwei schließt direkt an das Ende an. Senua reist nun in das Land der Invasoren, um ihren Anführer zu finden und zu töten. Dazu hat sie sich von Sklavenhändlern gefangen nehmen lassen. Ihr Schiff sinkt vor der Küste und so starten wir verletzt, unbewaffnet und halb ertrunken an der Küste Islands. Auch in diesem Teil gibt es wieder Gegner, bei denen nie ganz klar ist, ob sie unserer Fantasie entspringen oder real sind und auch hier steht eine tiefere Botschaft hinter dem brutalen Abenteuer. Ohne der Handlung vorzugreifen, sei hier nur gesagt, dass uns Kämpfe gegen monströse Riesen erwarten und Senua neben diesen auch die Themen Freundschaft und Vertrauen erwarten.

Senua und die Stimmen

Die Hellblade-Spiele leben beide überwiegend von einer Sache: ihrer Hauptfigur Senua. Diese wird auch in Senua’s Saga von Melina Jürgens verkörpert. Eigentlich arbeitet Jürgens als Video Editorin bei Entwickler Ninja Theory. Nachdem sie Senua einmal als Platzhalter geschauspielert hatte, bot man ihr den Job dauerhaft an und seither verkörpert sie die Piktin. Die Motion-Capture-Technologie hinter dem Spiel verleiht Senua zusammen mit Melina Jürgens Schauspiel und Mimik den unvergleichlich realistischen Look.

Ein weiteres Kern-Element des Spiels sind natürlich Senua’s Psychosen. Hierbei sind die Stimmen in ihrem Kopf das auffälligste Merkmal. Mal pflichten sie uns in unseren Entscheidungen bei und geben nützliche Tipps. Bei anderen Gelegenheiten reiten sie aber Senuas Zweifeln herum und reden auf uns ein, dass wir niemals schaffen, was wir uns vorgenommen haben. 

Während die normalen Untertitel, also die von Senua und ihren Begleitern, im Spiel zu sehen sind, sind die Untertitel der Stimmen stets in der Letterbox untergebracht. Die Entwickler von Ninja Theory betonen hier, wie auch schon im ersten Teil, dass die Umsetzung mit größtem Respekt vor psychischen Erkrankungen geschehen ist und man sich auch mit Fachleuten und Betroffenen auseinandergesetzt hat. Im Endeffekt muss jeder Spieler selbst wissen, inwiefern er sich mit dieser Thematik befassen möchte. Wie "realistisch" die Darstellung wahrgenommen wird, hängt nicht zuletzt von der eigenen Biografie ab. Für das Gameplay ist das Element der Stimmen jedoch großartig umgesetzt und gibt dem Spiel hier das gewisse Etwas. Um den Klang besonders gut zu erleben, wird dringend empfohlen, Hellblade 2 mit Kopfhörern zu spielen.

Die Welt

Böse Stimmen würden behaupten, dass es sich bei Senua’s Saga: Hellblade 2 um einen Walking-Simulator handelt. Zwischen Rätseln und Kämpfen finden sich immer wieder lange Passagen, in denen absolut nichts geschieht. Hier geht man als Senua langsam durch die isländische Landschaft. Wer möchte, kann die Ruhepausen nutzen, um nach Secrets zu suchen oder die detaillierte Welt einfach auf sich wirken zu lassen. Diese Passagen sollen die Immersion verstärken und dafür sorgen, dass Spieler die Atmosphäre noch mehr in sich aufnehmen. In der abwechslungsreichen Welt gibt es neben vielen Höhlen auch stürmische Küsten und raue Klippen zu sehen. Die wenigen Siedlungen, die Senua während ihres Abenteuers besucht, legen Wert auf eine realistische Darstellung. Als Vorbild dienten hier historische Siedlungen des neunten Jahrhunderts.

Ein großer Unterschied zum ersten Teil der Reihe ist die Darstellung der Welt, der Kämpfe und der Gegner. Während man sich damals noch fragte, was genau jetzt real ist, beziehungsweise, ob überhaupt etwas von dem Gespielten real ist, kann man in Hellblade 2 relativ klar erkennen, was vor sich geht. Das nimmt dem Titel einen Teil seiner Einzigartigkeit. Dem Spieler ist jederzeit klar, dass Senua wirklich in Island ist und zumindest die meisten Gegner keine übersinnlichen Wesen, sondern feindliche Krieger sind.

Erkundung und Secrets

Wer sich aufmerksam durch Island bewegt, kann verschiedene Secrets in der Welt entdecken. So passen sich die Gesichter versteinerter Riesen in die steinige Landschaft ein. Wenn man sie bemerkt, können sie mit Fokus anvisiert werden und lösen sich auf. Dahinter gibt es immer einen Baum mit einem Runenstein darauf zu entdecken. Insgesamt können 17 Gesichter mit dazugehörigem Baum gefunden werden. Als Belohnung gibt es neben einem Erfolg auch jeweils eine Geschichte aus der nordischen Mythologie.

Etwas leichter zu finden sind die Lehrensäulen, im Spiel auch Lorestangir genannt. Insgesamt gibt es 18 von Ihnen in der Welt zu entdecken. Sie sind jedoch nicht hinter einem vorgeschalteten Rätsel versteckt, sondern finden sich einfach im Gelände. Manchmal wird ein kurzer Fußweg oder ein Blick hinter ein Gebäude nötig, doch an sich sind sie nicht schwer zu finden. Auch hier gibt es jeweils einen kleinen Schnipsel aus der nordischen Mythologie zu hören.

Kampfsystem

Die Kämpfe stehen nicht im Mittelpunkt von Senua’s Saga: Hellblade 2. Bei den Schwierigkeitsgraden gibt es vier Haupteinstellungen. Neben dem klassischen Leicht, Mittel, Schwer gibt es auch die Einstellung Dynamisch. Damit passt sich die Herausforderung im Spiel der eigenen Performance an.

Zusätzlich gibt es jedoch auch die Möglichkeit, Kämpfe automatisch zu gewinnen. Im Menü lassen sich Angriffs- und Blockaktionen unter Zugänglichkeit von der normalen Einstellung so abändern, dass sie durch bloßen Tastendruck sofort erfolgreich ausgeführt werden oder sogar komplett automatisch stattfinden. So wird jeder Kampf automatisch gewonnen.

Spielerisch stellen die Kämpfe so oder so kein großes Highlight dar. Die Steuerung ist relativ schwammig und generell beschränken sich die Aktionen auf Ausweichen, schwache und starke Schläge. Die Immersion und Spannung, die die Kämpfe vermitteln, sind jedoch eine andere Geschichte. Die Macher von Ninja Theory gaben an, dass sie sich an dem Battle of the Bastards aus Game of Thrones orientiert haben.

Während man im ersten Teil noch gegen mehrere Gegner zugleich antritt, geht es in Hellblade 2 immer gegen einen nach dem anderen. Das Schlachtfeld ist stets voller Staub, während sich im Hintergrund andere Charaktere bekriegen. Immer wieder stürzen getroffene Verbündete und Gegner über uns und sterben zwischen den Schlägen, die wir mit unseren Kontrahenten austauschen. Die Schreie aus dem Nebel, die beschränkte Sicht und der Kampflärm sorgen für ein immersives Erlebnis.

Grafik

Der letzte Punkt, der das Gesamterlebnis abrundet, ist die Grafik. Die Welt und vor allem Senua leben davon, dass alles so unglaublich realistisch aussieht. Die bedrückende Stimmung kann, ebenso wie Senuas Psychosen, vor allem dadurch überzeugen, dass man jede noch so kleine Gefühlsregung erkennen und miterleben kann. In den Walking-Passagen zeigt sich dem Spieler eine wundervolle Landschaft, die dem realen Island sehr nahe kommt.

Fazit

Wahrscheinlich wird so schnell kein zweites Spiel erscheinen, das sich so schwer bewerten lässt wie Senua’s Saga Hellblade 2. Man muss zugeben, dass die Story weit hinter der des Vorgängers zurückbleibt. Die Geschichte ist recht oberflächlich und eigentlich schnell erzählt. Viel Tiefgang gibt es hier nicht. Auch das Gameplay ist mittelmäßig. 

Wie schon gesagt, gibt es immer wieder den Vergleich mit einem Walking-Simulator. Ob man das nun so sehen möchte, bleibt jedem Spieler selbst überlassen. Fakt ist, dass es lange Passagen gibt, in denen Senua lediglich durch die Landschaft wandelt. Fans von actiongeladenen Spielen wie Elden Ring, in denen es auf präzise Steuerung ankommt, werden hier auch nicht fündig. Die Kampfsteuerung ist relativ schwammig und kann auf Wunsch auch jederzeit auf automatisch umgestellt werden.

Doch all diesen Punkten steht eine Sache gegenüber: Ein exzellentes Spielgefühl. Jede Sekunde im Spiel fiebert man als Spieler mit Senua. In den Kämpfen, so einfach oder plump sie spielerisch auch sind, ist man mitten im Geschehen. In kaum einem Action-Spiel oder Ego-Shootern der letzten Jahre konnte man sich so verlieren.

Wer also Wert auf ausgefeiltes Gameplay oder tiefgreifende Story legt, wird mit Senua’s Saga: Hellblade 2 vielleicht nicht glücklich werden. Der Wiederspielwert ist eher gering, da man sich beim ersten Spieldurchgang lediglich die Option freischaltet, alle Parts mit alternativen Sprechern erneut zu spielen. Das Spiel ist auch sehr kurz. Im Test haben wir nach knapp acht Stunden alles gesehen und alle Secrets gefunden. 

Diese kurze Zeit hatte es allerdings in sich. Wer sich für nordische Mythologie interessiert oder Lust auf einen Nachmittag mit Action und Horror im finsteren Island des neunten Jahrhunderts hat, erhält mit Hellblade 2 ein grafisches Meisterwerk mit selten erreichter Immersion. Allerdings muss man sich auf das Abenteuer einlassen können und mit teilweise extremer Gewaltdarstellung klarkommen. Die Kämpfe sind ebenso blutig wie realistisch und Senua trifft auf ihrer Reise immer wieder auf Massaker, die mit all ihren Gräueltaten gezeigt werden.

Bei Steam gibt es den Titel zum Preis von 49,99 Euro. Wer den Microsoft Game Pass abonniert hat, kann das Spiel ohne Aufpreis im Rahmen des Abos spielen. Ein Release für Playstation 5 ist noch nicht bekannt.

Pro


  • Immersion
  • Grafik
  • Überzeugende Hauptdarstellerin

  • kurze Spielzeit
  • durchschnittliche Story
  • mittelmäßiges Gameplay