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Gestern präsentierte die News Corp. von Rupert Murdoch "The Daily", die erste native Tageszeitung für das iPad. Noch immer wartet die Print-Branche auf den digitalen Durchbruch. Die Verkaufszahlen für die iPad Ausgabe des Wired Magazine und Projekt sind gut, aber sie sind nicht herausragend. Grund hierfür sind die zahlreichen kostenlosen Angebote im Web. Warum auch für etwas zahlen, dass im gleichen Umfang und Qualität auch kostenlos zu haben ist? Wired und Project können hier zumindest durch Content auftrumpfen, der so nicht überall kostenlos zu haben ist. Eine Tageszeitung aber wird es schwerer haben, das ist allen Beteiligten klar.
Nun haben aber bereits große Namen die Bühne betreten, dahinter stehen die prall gefüllten Geldbeutel von Richard Branson (Project) und Rupert Murdoch (The Daily). Doch sehen wir hier die Zukunft der Print-Branche oder nur erste Gehversuche, die noch einen weiten Weg vor sich haben?
"The Daily" zieht keine echte Revolution mit sich. Vielleicht stellt man sich das auch zu einfach vor. Man nehme sich ein paar Redakteure, Designer und Programmierer, stecke sie in einem Raum und schlussendlich kommt dabei ein neues Medium heraus? Leider nein! Alleine schon der finanzielle Aufwand dürfte für viele Verlage nicht zu stemmen sein. An "The Daily" arbeitet seit Monaten ein Team aus 120 Frauen und Männern. Bisher hat News Corp. 30 Millionen US-Dollar in das Projekt gesteckt. Wöchentlich fallen Betriebskosten von 500.000 US-Dollar an. Der Preis für das wöchentliche Abo beträgt 0,99 US-Dollar. Damit liegt man weiter unter dem, was üblicherweise in gedruckter Form anfällt (für ein Jahres-Abo werden 39,99 US-Dollar fällig). Da sich Apple gleich die obligatorischen 30% schnappt, bleiben nur noch zirka 70 US-Cent für News Corp. Ohne die Berücksichtigung weiterer Kosten errechnet sich daraus ein Aufkommen von etwas über 700.000 Abos von "The Daily", damit wirtschaftlich gearbeitet werden kann. In den USA sicherlich kein größeres Problem, stimmen Qualität und technische Umsetzung, aber in anderen Märkten, z.B. Deutschland?
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Die Features von "The Daily" lesen sich ganz gut:
- Über 100 Seiten Inhalt, mit News und Berichten aus dem Bereichen Life, Entertainment und Sport - Tag für Tag
- Video-Content
- einige Artikel können auch vorgelesen werden
- 360° Panoramafotos
- interaktive Diagramme, Infografiken und anklickbare "Hot Spots"
- Artikel können gespeichert und später gelesen werden
- alle Artikel sind auch an das Web angepasst und können über Twitter, Facebook und Mail an Freunde geschickt werden
- Kommentare können direkt in der App abgegeben werden - auch Audio-Kommentare
- lokale Wetter-Informationen
- Ergebnisse favorisierte Teams verschiedener Sportarten werden herausgestellt
- Spiele wie Kreuzworträtsel und Sudoku sind ebenfalls enthalten
Technische Umsetzung
Ebenso wichtig wie der Inhalt ist aber auch die technische Umsetzung und hier sehen wir den größten Schwachpunkt von "The Daily". So lässt sich die aktuelle Ausgabe in einer Art "Karussell" durchblättern. Dies geht allerdings alles andere als flüssig von statten (siehe Video). Das Scrolling durch die Ausgabe selbst (in der Vollansicht der Seiten) läuft deutlich reibungsloser ab. Der Rest von "The Daily" wirkt nach dem Eindruck des "Karussells" flüssig, auf den zweiten Blick stellen sich aber auch hier zahlreiche Hänger sein.
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Unschön ist auch oftmals der Wechsel zwischen der horizontalen und vertikalen Ansicht. Anstatt den gleichen Inhalt in einer anderen Anordnung zu zeigen, kann es auch passieren, dass man in einer komplett anderen Bildgalerie oder einam anderen Artikel landet. Videos laden nicht immer sofort und nehmen sich aus ungeklärten Gründen etwas Zeit, bis sie starten.
Es reicht also nicht einfach nur ein paar Redakteure, Designer und Programmierer in einen Raum zu stecken. Sie müssen auch zusammenarbeiten und hier scheint "The Daily" noch ein gewisses Defizit zu haben.
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Doch stellen wir noch einmal den Vergleich zu den deutschen Apps mit Magazin- und Tageszeitungshintergrund an. Oftmals beschränkt sich das Angebot auf die einfache Portierung des Online- und Print-Contents in die App. Das merkt man ihr dann aber auch häufig an. Von interaktivem Inhalt ist meist schon einmal gar nichts zu sehen. Natürlich hat das vor allem einen Grund: die Kosten. Will man jedoch den Kunden von einer digitalen Ausgabe überzeugen, muss auch ein Mehrwert geschaffen und die Chancen, die sich durch die Nutzung eines Tablets ergeben, genutzt werden.
Wir sind gespannt, ob sich durch die Umstellung des In-App-Abonnements des App Stores nun auch weitere Magazine und Tageszeitungen auf den "digitalen Markt" vorwagen werden. "The Daily" soll auch für Android erscheinen - bei News Corp. arbeitet man bereits an einer entsprechenden Portierung.