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Während die deutsche Bundesanwaltschaft noch immer kein offizielles Untersuchungsverfahren in Hinblick auf die NSA-Affäre gestartet hat, will der Chaos Computer Club (CCC) gemeinsam mit der Internationalen Liga für Menschenrechte e. V. die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.
Gelingen soll dies mit Hilfe einer Strafanzeige, die man am heutigen Morgen beim Generalbundesanwalt erstattet hat. In dieser wirft man zahlreichen deutschen und ausländischen Personen und Institutionen teils mehrfachen Rechtsbruch vor, im Zentrum der Anschuldigungen steht aber wenig überraschend die Bundesregierung. Denn: „Nach Monaten immer neuer Veröffentlichungen aus den Snowden-Dokumenten über massenhafte geheimdienstliche Überwachung und offensive Angriffe auf informationstechnische Systeme besteht längst Gewissheit darüber, dass durch in- und ausländische Geheimdienste gegen hiesige Strafgesetze verstoßen wurde“, so der CCC in einer Stellungnahme. Mit der Aktion „sollen daher endlich die überfälligen Ermittlungen des Generalbundesanwalts angestoßen werden“, denn man „ist überzeugt, dass die Verantwortlichen in den Nachrichtendiensten und in der Bundesregierung die verbotenen geheimdienstlichen Tätigkeiten nicht nur geduldet, sondern aktiv und in erheblichem Umfang gefördert und somit Beihilfe geleistet haben.“
Konkret benannt werden in der Strafanzeige die Bundesregierung, die Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Militärischen Abschirmdienstes und Bundesamtes für Verfassungsschutz, US-amerikanische, britische und deutsche Geheimdienstagenten und ihre Vorgesetzten, den Bundesminister des Inneren sowie die Bundeskanzlerin. Nach Ansicht des CCC hätten unter anderem der Innenminister sowie die Bundeskanzlerin Beihilfe zu verbotenen geheimdienstlichen Agententätigkeiten geleistet, zudem ist die Rede von „Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs und Strafvereitelung im Amt durch Duldung und Kooperation mit der NSA und dem GCHQ“.
Betroffen sind der Mitteilung zufolge § 99 StGB (verbotene geheimdienstliche Agententätigkeit), §§ 201 ff. StGB (Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs) und § 258 StGB (Strafvereitelung); Verstöße gegen diese Gesetze können mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet werden. Die Erwartungshaltung des CCC ist hoch, Ermittlungen seien nun „eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit“. Es sei unverständlich, „dass gegen die Verantwortlichen und die Umstände ihrer Straftaten nicht längst ermittelt wurde“.
Belegen will der CCC die Vorwürfe aber nicht nur mit den bereits veröffentlichten Dokumenten, sondern auch mit Hilfe eines Zeugen: „Wir fordern außerdem in der Strafanzeige, dass Edward Snowden als sachverständiger Zeuge geladen wird, selbstverständlich mit freiem Geleit sowie wirksamen Schutz vor Auslieferung an die USA.“ Reaktionen seitens der Bundesanwaltschaft oder der Bundesregierung stehen noch aus. Ob sich letztere zu den Vorwürfen aber überhaupt äußern wird, ist aber unwahrscheinlich. Denn zuletzt waren von den entsprechenden Politikern kaum kritische Worte zu vernehmen, die von US-Präsident Obama Mitte Januar angekündigten Reformen wurden trotz öffentlicher Kritik als richtige Kurskorrektur bezeichnet.