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Die Digitale Agenda der Bundesregierung ist auch rund eineinhalb Jahre nach ihrer Formulierung in weiten Teilen noch immer nicht umgesetzt. Vor allem beim Thema Breitbandausbau klaffen zwischen Wunsch und Realität noch immer große Lücken, die angestrebten flächendeckenden 50 Mbit pro Sekunde bis 2018 dürften kaum zu erreichen sein, Experten bemängeln zudem zu viele Kompromisse wie beispielsweise das Festhalten an Kupfer und DSL. In die gleiche Richtung geht nun die Kritik der Industrie in Baden-Württemberg, die vermutlich exemplarisch für die gesamte Bundesrepublik gilt.
„Mittelfristig sollte in jedem Schwarzwaldtal Glasfaser liegen“, so der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Stefan Wolf gegenüber der FAZ. Die Begründung für diese Forderung liefert Rainer Dulger, Präsident der Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände und von Gesamtmetall: „Früher gab es für eine Region ohne Bahnanbindung keine Chance, zu Wohlstand zu kommen, später war es die Straßenanbindung, morgen ist es Breitband. Deshalb ist es nicht zu weit hergeholt, dass man hier den Staat in die Verantwortung nimmt.“
So legitim die Forderung auch ist, realisierbar ist sie nach aktuellem Recht nicht. Denn laut EU-Recht dürfen öffentliche Gelder erst dann für den Breitbandausbau zur Verfügung gestellt werden, wenn kein Unternehmen mit eigenen Mitteln starten will. Der zweite Haken: Findet sich ein Unternehmen, darf es die Technik frei wählen. Findet sich keines und steuert die öffentliche Hand doch etwas dazu bei, darf die Vectoring-Technik nicht verwendet werden. Dies ist jedoch gleichbedeutend mit höheren Kosten. Denn per Vectoring lassen sich höhere Bandbreiten über größere Distanzen als bei herkömmlichen VDSL erreichen. Die EU-Kommission hatte sich jedoch aufgrund wettbewerbsrechtlicher Bedenken gegen die Technik ausgesprochen, auch wenn Digital-Kommissar Günther Oettinger sich Ende 2014 für vorübergehende Monopole zur Beschleunigung des Ausbaus eingesetzt hatte.
Fachleute verweisen immer wieder auf die Vorteile des Glasfaserausbaus. Denn die darüber erreichbaren Geschwindigkeiten sind um ein Vielfaches höher als bei Kupferkabeln. Allerdings tendiert vor allem die Deutsche Telekom dazu, letztere so lange wie möglich zu nutzen und deren Lebenserwartung mit Techniken wie Vectoring weiter zu verlängern – schließlich lassen sich so die notwenigen Investitionen verringern. Gleiches gilt für den Einsatz von LTE. Zumindest in Baden-Württemberg folgt man jedoch der Meinung der Experten. Denn dort setzt man beim Ausbau weitestgehend auf Glasfaser.
Dass die Industrie dabei auf eigene Gewinne nicht verzichten will, ist am Ende wenig überraschend. „Wir müssen Preismodelle finden, die einen Anreiz für diese Investitionen geben“, so Dietrich Birk vom VDMA Baden-Württemberg.