NEWS

Kommentar

Wie die enttäuschende CeBIT 2014 als Erfolg verkauft wird

Portrait des Authors


Wie die enttäuschende CeBIT 2014 als Erfolg verkauft wird
11

Werbung

Zugegeben, als gebürtiger Hannoveraner kann man das, was die Stadt auszeichnet, nicht wirklich objektiv bewerten. Man hat die Stärken und Schwächen lieben gelernt und regt sich darüber auf, wenn Auswärtige wieder zum unreflektierten Meckern über die angebliche Tristesse der Landeshauptstadt ansetzen.

Doch in diesen Tagen offenbart sich ein umgekehrtes Bild: Große Teile der Presse und Besucher feiern die diesjährige CeBIT als Erfolg, nur die Einheimischen sind einer anderen Meinung - sieht man einmal von den Veranstaltern ab. Denn aus deren Büros tönt es: „Neustart der CeBIT voll gelungen“. Als Argumentationshilfe dienen der Deutschen Messe AG vor allem drei Werte. So sind mehr als 90 Prozent der Anwesenden Fachbesucher gewesen, die Zahl der Aussteller wuchs gegenüber dem Vorjahr und nie zuvor wurden im Schnitt so viele Stände pro Kopf wie in diesem Jahr besucht. Darüber hinaus brüstet man sich mit der Aussage, dass im Rahmen der Messe Investitionen in Höhe von 25 Milliarden Euro beschlossen wurden. Folgt man Messe-Vorstand Oliver Frese, so hat das neue Konzept gegriffen.

Was sich in der Pressemitteilung am unteren Ende befindet, ist jedoch weitaus interessanter: Mit 210.000 Besuchern erreichte man einen neuen historischen Tiefpunkt - obwohl sowohl Veranstalter als auch Aussteller wieder zig tausend Freikarten unter das Volk gebracht haben. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang von 25 Prozent - dabei richtete sich auch die CeBIT 2013 ebenso wie im Jahr davor überwiegend an Fachbesucher, für neugierige „Laien“ stand aber der traditionell starke Messesamstag zur Verfügung, auf den man im Zuge der „Professionalisierung“ in diesem Jahr verzichtet hat. Nun kann man natürlich damit argumentieren, dass die „Qualität“ der Anwesenden zugenommen hat und Aufträge in Milliardenhöhe zustande gekommen sind, aber warum verteilt man dann Freikarten und bittet die Presse ins Haus?

Tatsächlich hat man es geschafft, das Flaggschiff der IT-Messen mit Höchstgeschwindigkeit vor die Wand zu fahren. Denn das, was die CeBIT einst ausmachte, war in diesem Jahr gar nicht mehr zu sehen: Echte Neuheiten. Der AMIGA 1000 feierte in Hannover ebenso seine Premiere wie Windows 95, die ersten MP3-Player und das erste Nokia-Handy, zudem war man Bühne für weitreichende Veränderungen der IT-Welt wie Cloud-Computing, Mobilfunktechniken à la GPRS und UMTS oder Green-IT. Natürlich locken zahlreiche andere Messen, die es vor einem Jahrzehnt so noch nicht gegeben hat, die Hersteller, vor allem die CES, der MWC sowie die Computex haben sich mittlerweile als Orte für Präsentationen etabliert. Doch statt sich attraktiver für die breite Masse, die überall am Ende der Konsumkette steht, aufzustellen, hat man sich für eine Nische entschieden, die von Jahr zu Jahr kleiner zu werden droht.

Damit ist man auf dem besten Wege zurück zu den Wurzeln: Sinken die Besucherzahlen weiter so deutlich und geht die Ausstellungsfläche den gleichen Weg, kann die CeBIT schon bald wieder als Teil der Hannover Messe veranstaltet werden, so, wie sie begonnen hat. Eine Marke, die in den 80ern und 90ern einen Ruf wie ein Donnerhall hatte, wird den derzeitigen Kurs nicht mehr lange überleben. Das schmerzt nicht nur den Hannoveraner, sondern auch den Pressevertreter, der die ehemals wichtigste IT-Messe der Welt nicht nur in den letzten fünf oder sechs Jahren erlebt hat.