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Im 21. Jahrhundert scheinen die Tage gezählt, in denen man an einem regnerischen Nachmittag ein dickes Buch aufschlug, begann darin zu lesen und von einem Begriff zum nächsten wanderte, bis 30 Bände aufgeschlagen auf dem Boden verteilt herumlagen. Gestern kündigte Jorge Cauz, Präsident der Encyclopaedia Britannica Inc., an, dass es keine weitere gedruckte Ausgabe der altehrwürdigen Institution geben werde.
Als im Jahre 1768 drei Schotten damit begannen, das Wissen der Welt zu sammeln, zu sortieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, gab es keine andere Möglichkeit, als Papier zu bedrucken. Für knapp zweieinhalb Jahrhundert blieb das Buch die einzige Form, um Wissen in geballter Form zu transportieren. In Bibliotheken füllten die Nachschlagewerke ganze Regale und im heimischen Bücherregal standen die Bände der Encyclopaedia Britannica für das Streben nach Wissen. Dabei stellte die Anschaffung einer großen Enzyklopädie durchaus eine finanzielle Belastung für Familien dar, die nur durch die Abzahlung in monatlichen Raten geschultert werden konnte.
Im 21. Jahrhundert dagegen ist Wissen wesentlich einfacher verfügbar. Das Internet revolutionierte nicht nur die Art und Weise wie Menschen miteinander kommunizieren sondern schaffte eine vollkommen neue Erwartungshaltung an Informationen. Früher wurden Informationen gesammelt und kommentiert, weshalb ein gedrucktes Buch bereits während des Druckens veraltet sein konnte. Mit dem Internet und können die Informationen nun auch aktuell und relevant gehalten werden – und das in Minuten. Sicherlich hat zusätzlich der immense Erfolg von Wikipedia und anderen freien Wissensplattformen im Internet gebundene Nachschlage im eigenen Bücherregal obsolet gemacht.
Die Encyclopaedia Britannica wird aus diesem Grund in Zukunft nur noch digital erhältlich sein; dazu Jorge Cauz: “Indem wir uns auf unsere digitalen Vertriebswege konzentrieren, können wir die Inhalte kontinuierlich aktualisieren und mit multimedialen Inhalten bereichern, wie es mit einem herkömmlichen Buch nicht möglich wäre.” Die Firma richtet sich damit neu aus: weg von einem herkömmlichen Verlag zu einem Lieferanten von Wissen und eLearning-Produkten.
Werden Bibliotheken bald aus dem Stadtbild verschwunden sein, wenn wir das Wissen der Welt, in der Form eines Smartphones, in unserer Hosentasche herumtragen? Jorge Cauz sieht in der Umstellung keinen Bruch mit der Vergangenheit: “Die Aufgabe der Encyclopaedia Britannica ist es, eine zuverlässige, aktuelle und wissenschaftliche Quelle des Wissens und Lernens für die Gesellschaft zu sein und ich glaube, dass diese Aufgabe in 200 Jahren genauso lebendig und relevant sein wird. Die Menschen der Zukunft, die sich dieser Aufgabe verschrieben haben, werden die bestmögliche Technologie nutzen, um dieser Aufgabe nachzukommen.”