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Telekom läutet mit Spotify-Tarif das Ende der Netzneutralität ein

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Telekom läutet mit Spotify-Tarif das Ende der Netzneutralität ein
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Netzneutralität ist ein wichtiges, bisher aber wenig beachtetes Thema. Immer mal wieder flackern Berichte dazu auf, verschwinden aber ebenso schnell wieder. Netzneutralität bedeutet, dass alle Daten im Internet gleich sind. Alle am Datenverkehr des Internet beteiligten Instanzen sollten keinen Unterschied machen, aus welchem Land oder von welchem Service die Daten geliefert werden. Doch die Netzneutralität wird längst aufgeweicht.

In den USA sperren einige Internetanbieter bereits Bittorrent-Verbindungen. Mit den nun aufkommenden Engpässen bei den mobilen Datentarifen, aber auch die steigenden Kosten der Mobilfunkanbieter, kommen erste Überlegungen auf, welche die Netzneutralität in Frage stellen. So hat AT&T in den USA bereits den Vorschlag unterbreitet, das doch Content-Provider bzw. Anbieter der Apps mit hohem Datenaufkommen auch dafür zahlen sollen. Im Gegenzug würde dann das beispielsweise über die "ABC Player"-App verbrauchte Datenvolumen nicht mehr dem monatlichen Kontingent des Nutzers aufgerechnet. ABC würde also für die Übertragung der Daten zahlen. Gleiches könnte auch für Musik-Streaming-Dienste und andere Anbieter großer Datenvolumen über das Mobilfunknetz gelten.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/telekom-spotify.jpg]Partnerschaft der Telekom mit Spotify[/figure]

Dies ist nun Realität geworden. Die Telekom will in Zusammenarbeit mit Spotify einen Streaming-Tarif für das Smartphone, Tablet und den PC anbieten. Während Datenvolumen bei festen Internetverbindungen über DSL inzwischen kaum noch eine Rolle spielt, ist dies bei Mobilfunktarifen sehr wohl der Fall. Echte Flatrates sind hierzulande ebenso wie in anderen Märkten mehr oder weniger eine Mogelpackung. Ist ein monatliches Limit erreicht, drosseln die Anbieter auf geringere Bandbreiten. Mit bis zu 72 MBit/Sek. ist dieses Limit über die LTE-Verbindung schnell erreicht. Gut ausgebaute UMTS-Netze sind mit 42 MBit/Sek. nur unwesentlich langsamer und somit klagen die Nutzer bereits nach wenigen Tagen darüber, dass die monatliche Kapazität ausgeschöpft ist. Auch die Anbieter geraten in Engpässe, da immer größere Datenmenge mobil übertragen werden.

Hier greift nun die Partnerschaft der Telekom mit Spotify. Der "Spotify Premium Dienst" soll als Zubuchoption in die bestehende Tarifstruktur eingebaut werden. Im Oktober soll der erste Tarif mit dem "Spotify Premium Dienst" für 30 Euro angeboten werden. Gegen Ende des Jahres folgt dann die Zubuchoption für 10 Euro im Monat für Festnetz- und Mobilfunkkunden.

Telekom-Presemitteilung:

Alle Produktangebote sorgen vor allem bei Mobilfunkkunden für unlimitiertes Musikhören, da die Online-Nutzung des Spotify Streaming-Dienstes nicht gegen das im Tarif enthaltene Datenvolumen gerechnet wird.

An dieser Stelle beginnt nun der Einschnitt in die Netzneutralität. Die Telekom unterscheidet also welche Daten an das jeweilige Gerät übertragen werden. Während der Spotify-Stream also noch problemlos läuft, werden die restlichen Daten durch das eventuelle Überschreiten des Datenvolumens nur langsamer (wenn überhaupt noch) übertragen. Zu einer "Datenflatrate" kommt also eine richtige Flatrate hinzu, die allerdings nur für einen bestimmten Anbieter gültig ist.

Was ist der nächste Schritt? Muss der Nutzer demnächst auch dafür zahlen, wenn er HTTP-Dienste nutzen möchte? Oder E-Mails abrufen?

Wer sich näher mit diesem Thema beschäftigen möchte, der sollte sich einmal das Chaosradio zum Thema Netzneutralität anhören. Wie ist eure Meinung zum Thema Netzneutralität?

Diese Kolumne repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.

Update:

Auf dem Jahreskongress der Deutschen Breitbandinitiative forderten einige Netzwerkausrüster eine Ausdifferenzierung sowie Qualitäts- und Preisanpassungen im Internet. Angebote wie Video on Demand seien "Breitbandkiller", so dass über ein anderes Bezahlmodell nachgedacht werden müsse. Alf Henryk Wulf von Alstom Deutschland fordert ein gestaffeltes Angebot mit unterschiedlichen Übertragungsqualitäten bei der Übertragung von Datenpaketen, "ohne dabei jemanden zu diskriminieren". Der letzte Teil dieser Aussage schließt sich eigentlich gleich mit der Forderung selbst wieder aus.

Udo Schäfer von Alcatel-Lucent sieht derzeit noch keine Notwendigkeit dafür. Hausanschlüsse bis 100 MBit/Sek. seien problemlos realisierbar. Backbone-Netze sind bis 400 GBit/Sek. pro Kanal ebenso ausreichend dimensioniert wie die Verbindungsstellen über Glasfaser mit mehreren TBit/Sek. Erst wenn Hausanschlüsse mit 100 GBit/Sek. Einzug halten, gehe man derzeit von Engpässen aus.

Ein Aufweichen der Netzneutralität wird immer wieder mit dem immer höheren Datenaufkommen begründet. Ein konsequenter Ausbau der Verbindungen sehen aber auch die Netzwerkausrüster als eigentliche Lösung des Problems. Das Internet ist mit dem Prinzip eines Universalnetzes geboren worden und sollte dies auch bleiben.

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