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Mehreren großen IT-Konzernen könnten in Zukunft höhere Steuerbelastungen drohen, falls sich EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia mit seinem heute in Brüssel vorgestelltem Vorschlag durchsetzt.
In seiner Rede zum Thema Europäischer Binnenmarkt erklärte der Spanier, dass die Steuergesetze und -politik einiger Mitgliedsstaaten, die er nicht direkt nannte, „sozial nicht haltbar“ wären. „Wie können Regierungen von gewöhnlichen Bürgern das Zahlen fairer Steuersätze verlangen, wenn große Unternehmen es nicht tun?“, so Almunia. Zwar wurde er in Bezug auf die gemeinten Konzerne nicht konkreter, er spielte jedoch klar auf US-Riesen wie Apple, Amazon, Google, aber auch Twitter und andere an, die aufgrund sich teils widersprechender nationaler Steuergesetze nur vergleichsweise wenig Steuern innerhalb der EU zahlen müssen, „sie müssen dafür nicht einmal das Gesetz brechen“.
Almunia stellte klar, dass es sich bei diesen „Lücken“ keinesfalls um Irrtümer oder ähnliches seitens der jeweiligen Gesetzgeber handele, viel eher müsse man von „staatlichen Beihilfen“ sprechen. Denn einzelne EU-Mitglieder wie Irland warben in den vergangenen Jahren offensiv mit ihren legalen Steuervermeidungsmöglichkeiten, um US-Konzerne anzulocken. Der Verlockung nicht widerstehen konnten hier unter anderem Apple und Google, aber auch Microsoft.
Er wisse, so der EU-Kommissar, dass er mit seinem Ansinnen nicht alleine dastehe, auch von Seiten der G20 - die zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer - sowie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) würden die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und an Plänen zum Gegensteuern arbeiten.
Als Wettbewerbskommissar sei sein oberstes Anliegen natürlich das Sichern des Wettbewerbs, in Hinblick auf einen einzigen Europäischen Binnenmarkt sei das Schaffen von steuerlichen Anreizen zum Ausboten anderer Mitgliedsstaaten jedoch nicht hinnehmbar. Im Falle der IT-Industrie kommt dem Spanier zufolge erschwerend hinzu, dass diese ohne großen Aufwand ihren Standort wechseln „und so die Vorteile nutzen könnten, die die Lücken innerhalb der EU bieten“. Deshalb habe man bereits vor einigen Monaten damit begonnen, Informationen von einigen Mitgliedsstaaten hinsichtlich des Steuerrechts anzufordern. Sollte sich dabei der Verdacht erhärten, dass Steuererleichterungen als staatliche Beihilfen gewertet werden könnten, werde man diesem konsequent nachgehen.
Ob es am Ende aber tatsächlich zu großen Veränderungen kommen wird, bleibt abzuwarten. Denn nicht nur, dass es sich nicht um ein reines EU-Problem handelt: Im Frühjahr finden die Wahlen zum EU-Parlament statt - die ein oder andere Aussage Almunias könnte sich dementsprechend als reines Wahlkampfmanöver entpuppen.