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Aufgrund ihrer Größe haben Entscheidungen von IT-Unternehmen wie Microsoft, Google oder Apple durchaus Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen und Staaten. So kann beispielsweise die Verlagerung der Produktion von einem Land in ein anderes tausende Arbeitsplätze bedrohen und damit das Steueraufkommen und die Wertschöpfung gefährden. Ob die Handlungen aber so weitreichend sein können, wie sie der amtierende finnische Ministerpräsident Alexander Stubb gegenüber dem US-amerikanischen Sender CNBC dargestellt hat, darf hinterfragt werden.
Seiner Ansicht nach hätte Apple zwei wichtige Säulen der finnischen Wirtschaft nachhaltig beschädigt. „Es klingt möglicherweise paradox, aber man könnte sagen, dass das iPhone Nokia und das iPad die finnische Papierindustrie gekillt hat, aber wir werden zurückkehren.“, so Stubb.
Sein Statement gilt dabei als direkte Reaktion auf das Verhalten der Rating-Agentur S&P. Diese hatte die Kreditwürdigkeit des skandinavischen Staats von der Bestnote „AAA“ auf „AA+“ verringert. Grund hierfür waren Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung Finnlands, die von „stabil“ auf „negativ“ herabgestuft wurden. Dass der ehemalige Weltmarktführer einen großen Einfluss auf das Land hat, zeigen die vergangenen Jahre. Um die Jahrtausendwende herum lag Nokias Anteil am finnischen Bruttoinlandsprodukt bei phasenweise bis zu gut 4 Prozent, allein die sinkenden und steigenden Absatzzahlen führten zu Wachstumsschwankungen im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Aber auch an anderer Stelle machte sich die Bedeutung bemerkbar. So sorgte die fortgesetzte Verlagerung der Produktion für einen immer geringeren Beschäftigungsgrad, allein zwischen 2006 und 2012 lag das Minus bei 40 Prozent. Die nahezu gleichzeitig einsetzende Krise innerhalb der Forst- und Papierwirtschaft sorgte schließlich dafür, dass das finnische Bruttoinlandsprodukt innerhalb der vergangenen Jahre zweimal schrumpfte.
Ob die Verantwortung dafür in erster Linie aber tatsächlich bei Apple zu suchen ist, darf bezweifelt werden - entsprechend dürfte Stubb mit seinen Äußerungen lediglich zur Veranschaulichung das kalifornische Unternehmen als Beispiel genannt haben. Denn Nokias Abstieg wird von Branchenexperten vor allem den durchweg konservativ handelnden Führungspositionen zugeschrieben. Diese reagierten mehrfach erst mit großer Verspätung auf Trends wie Klapp-Handys oder Geräte mit Touchscreen. Als letzte große Fehlentscheidung gilt das lange Festhalten an Symbian, mitunter wurde aber auch die einseitige Fixierung auf Windows Phone bemängelt, die am Ende auch mit zur Übernahme der Handy-Sparte durch Microsoft geführt hat.
Tatsächlich hätte Stubb das Unternehmen aus Redmond eher beschuldigen können. Denn nur wenige Monate nach dem Zukauf gab man Mitte Juli den Abbau von mehr als 12.000 ehemaligen Nokia-Arbeitsplätzen bekannt.