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Das Thema Netzneutralität wird uns sicherlich noch einige Zeit beschäftigen und abgesehen von einigen Vorstößen aus den USA, in denen sich Barack Obama für eine gesetzliche Regelung zur Netzneutralität ausgesprochen hat, scheint die Lobbyarbeit in Deutschland derzeit im vollen Gange zu sein. Um die heikle Netzneutralität aber etwas aus den Schlagzeilen zu bekommen, haben sich Politiker und Unternehmen alternative Bezeichnungen einfallen lassen, von denen "Special Services" und "Qualitätsklassen" nur einige Beispiele sind. Auch bei der Vorratsdatenspeicherung war bereits ein ähnliches Vorgehen zu beobachten, denn seit einiger Zeit sprechen die Politik aber auch die ausführenden Behörden nur noch von "Mindestspeicherfristen".
In einem Interview mit dem Handelsblatt äußerte sich Vodafone-Deutschland-Chef Schulte-Bockum zum Begriff der Netzneutralität und sprach sich dafür aus, künftig nur noch von Qualitätsklassen zu sprechen. Schulte-Bockum dazu:
"Deshalb brauchen wir richtig verstandene Netzqualität. Niemand darf in einer offenen Gesellschaft die freie Verfügbarkeit von Inhalten unterbinden, das ist meine feste Überzeugung. Aber wenn es um Qualitätsklassen geht, muss es möglich sein, besondere Dienste gegen Geld abzuwickeln." Man müsse aber vom "negativ belegten Wort Netzneutralität wegkommen", da dies "politisch verfänglich" sei.
Offen sind an dieser Stelle gleich mehrere Fragen: Für welchen Teil der Gesellschaft ist der Begriff Netzneutralität inzwischen negativ belegt? Für die Kunden der Telekommunikationsunternehmen oder für deren Marketing/PR- und Lobby-Abteilung sowie die Fürsprecher in der Politik? Wo genau will Vodafone die freie Verfügbarkeit von Inhalten und die Einführung von Qualitätsklassen unterscheiden? Welche Dienste, die gegen Geld abgewickelt werden sollen, entsprechen denn nicht der freien Verfügbarkeit von Inhalten?
Es ist, wie bereits erwähnt, ein übliches Vorgehen in der Zusammenarbeit von Industrie und Politik bestimmte Begriffe, die von der Öffentlichkeit vielleicht genau so verstanden werden könnten, wie sie gemeint sind, aus der Debatte zu entfernen. Stattdessen wird auf alternative Bezeichnungen ausgewichen, die den eigentlichen Zweck verschleiern sollen. Der Wechsel von Vorratsdatenspeicherung zu Mindestspeicherfristen wurde in der Politk schnell vollzogen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die aktuelle Rechtsprechung sowohl von den höchsten deutschen Gerichten sowie dem europäischen Gerichtshof für rechtswidrig erklärt wurde.