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Gelsingers Weggang von Intel

Ungüngstiger hätte der Zeitpunkt nicht sein können

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Ungüngstiger hätte der Zeitpunkt nicht sein können
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Es war die Nachricht in der Halbleiter-Wirtschaft des gestrigen Tages: Pat Gelsinger verlässt seinen CEO-Posten bei Intel und tritt aus dem Aufsichtsrat zurück – rückwirkend um einen Tag. Kein langsamer Übergang, keine planmäßige Übergabe, keinerlei Vorbereitung eines solche heiklen Schritts in Anbetracht der aktuellen Lage bei Intel.

Über die Gründe machen Intel und Gelsinger keinerlei Angaben. Die notwendigen Veränderungen bei Intel in den vergangen vier Jahren haben für Spannungen gesorgt, die nicht erst seit seinem gestrigen Rücktritt öffentlich zu Tage getragen wurden. Ende August trat Lip-Bu Tan aus dem Aufsichtsrat zurück, wohl auch weil er mit der Neuausrichtung und den Sparmaßnahmen, die nach den desaströsen Quartalszahlen im Sommer verkündet wurden, nicht einverstanden war.

Am 15. Februar 2021 übernahm Pat Gelsinger die CEO-Rolle bei Intel von Bob Swan. Schon damals waren die Probleme bei Intel offenkundig: Der einstige Dominator am Chipmarkt hatte seine Führungsrolle verloren. Chipdesign und Chipfertigen liefen nicht mehr wie eine gut geölte Maschine, sondern eher wie eine betagte Diesellokomotive, bei der die letzten Inspektionen ignoriert wurden und sämtliche Warnleuchten nur nicht mehr funktionierten, aber hätten hell aufleuchten müssen. Selbst Prestigeprojekte verzögerten sich und fielen in der Leistung hinter den Erwartungen zurück. Eine offene Fehlerkultur gab es offenbar nicht, denn selbst wenn wir als Presse nach Problemen fragten, wurden diese entweder ignoriert oder diese wurden gar als Angriff auf das Unternehmen verstanden. Doch das fehlende Vertrauen nach zuverlässig schnellen und zuverlässig erscheinenden Produkten schwand immer weiter.

Gleichzeitig konnte AMD seine Position am Markt stärken, hat Intel in vielen Belangen sogar schon überholt. Intel pochte noch immer auf seine Spitzenposition, die man auch mit dem Vorhandensein einer eigenen Fertigung begründete. Dass diese längst zu einem Hemmschuh geworden ist, sah man erst zu spät.

Hinzu kam, dass Intel nicht nur in seinen einstigen Stärken eher schwächelte, auch erkannte man neue Entwicklungen nicht oder erst zu spät. So zog der KI-Hype bisher gänzlich an Intel vorbei. Zwar versucht man mittels Copilot+-PCs zumindest auf Seiten der Endkunden mitzuhalten, die Nachfrage deckt sich aber nicht mit den Erwartungen, die alle beteiligten daran hatten. Währenddessen verdient NVIDIA mit den KI-Beschleunigern unvorstellbare Summen, während Intel nicht einmal die niedrigsten, eigens gesteckten Ziele in diesem Segment erreichen kann.

Gelsinger wollte Intel wieder zu einer "execution machine" machen. Für die allermeisten der eben genannten Probleme ist er nicht verantwortlich und innerhalb von nicht einmal vier Jahren ist es auch nicht möglich, diese komplett zu beseitigen. Die Probleme sitzen tiefer als so mancher glauben mag.

In den vergangenen Jahren hatten wir natürlich nicht nur in offiziellen Gesprächen Kontakt zu Intel-Mitarbeitern. Besonders interessant sind die informellen Gespräche mit Ingenieuren – also den Menschen, die direkt mit den Produkten und Technologien betraut sind. Diese waren glücklich jemand wie Pat Gelsinger auf dem Chefsessel zu sehen – jemanden von ihnen, der die Materie kennt, der selbst als Ingenieur bei Intel für zahlreiche Produkte verantwortlich war. 

Nach dem gestrigen Weggang von Gelsinger kontaktieren uns zahlreiche Mitarbeiter von Intel, die wir über die vergangenen Jahre dort kennengelernt haben. Ausnahmelos waren diese überrascht vom Ausscheiden Gelsingers, so mancher wirkte gar erschrocken. Er war es, der einige von ihnen davon überzeugte, bzw. inspirierte bei Intel zu bleiben. Es gab wöchentliche Videos, in denen er seine Entscheidungen erläuterte – nicht auf Basis einer finanziellen Beurteilung, sondern mit einer technischen Begründung, die für viele nachvollziehbar war.

"Pat war Intel" – "Pat lebte und atmete Intel" sind die Sätze, die seit gestern gefallen sind. Einige der Stimmen, die uns erreichten, sprechen von einem fühlbaren Wandel innerhalb des Unternehmens. Weg vom Gefühl für ein Finanzunternehmen zu arbeiten und hin zu einem Tech-Unternehmen. Man fühlte sich auf dem richtigen Weg. Er brauchte frisches Blut in einigen der Abteilungen und auch dies unterstützten viele Mitarbeiter, da so die alten und verkrusteten Strukturen aufgelöst wurden.

Pat Gelsinger wollte sich an Ergebnissen messen lassen. Es hatte fast 15 Jahre gebraucht, um Intel in die schlechte Situation zu bringen, in der Gelsinger das Unternehmen Anfang 2021 übernommen hatte. Zu erwarten, dass die bis dahin gemachten Fehler nach vier Jahren wieder beseitigt werden könnten, wäre eine zu hohe Erwartung an eine Person gewesen. Seine Zukunft knüpfte Gelsinger an die Erfolge in der Fertigung und hier im Speziellen an Intel 18A und das Foundry-Geschäft. Beides ist eng aneinandergeknüpft, so wie Gelsinger an Intel.

Wie es nun bei Intel weitergeht, ist die große Frage. Die Subventionen des US CHIPS Act machen die Foundry-Sparte quasi unverkäuflich. Vielleicht blicken wir in sechs Monaten auf exzellente Produkte in Intel 18A zurück und die Foundry-Sparte kann Großkunden wie Apple und NVIDIA für sich gewinnen. Dann dürfte der Weggang von Pat Gelsinger noch einmal zum Thema werden. Die nächsten zwölf Monate werden für Intels zukünftige Entwicklung jedenfalls von entscheidender Bedeutung werden.

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