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Wann ist ein Produkt ein Erfolg? Wenn die Erwartungen der Analysten oder die eigenen erfüllt oder übertroffen werden? Wenn man erfolgreicher als die Konkurrenz ist? Oder wenn die Einnahmen höher als die Ausgaben sind? Eine eindeutige und einfache Antwort gibt es nicht, denn ein Unternehmen wird dies immer anders als ein Verbraucher definieren – so erfahren letzterer auch sein mag.
Schaut man sich Apples Geheimniskrämerei rund um die Apple Watch an, ist es kein Wunder, dass über Erfolg oder Misserfolg gestritten wird. Konkrete Zahlen wollte das Unternehmen auch in der vergangenen Nacht nicht preisgeben, lediglich ein paar dünne Hinweise gab es. Man habe mehr als eine Milliarde US-Dollar mit der Smartwatch eingenommen und sie hat sicher besser verkauft als das erste iPhone oder iPad im gleichen Zeitraum.
Das bedeutet: Es müssen mindestens drei Millionen Exemplare an den Mann und die Frau gebracht worden sein. Das wäre zwar weitaus weniger, als selbsternannte Experten vorhergesagt haben, die Konkurrenz dürfte man aber locker in die Tasche gesteckt haben. Zwar stellen sich auch Samsung, LG und Co. tot, wenn man nach Absatzzahlen ihrer Smartwatches fragt, die für das zweite Halbjahr 2014 kolportieren 720.000 ausgelieferten Geräte auf Basis von Android Wear sprechen aber für sich. Auf einzelne Modelle runtergebrochen dürfte zuletzt selbst Pebble erfolgreicher gewesen sein. Dass Apple aus dem Stand heraus die Marktführerschaft übernommen hat, dürfte also unstrittig sein.
Warum so mancher dennoch von einem Misserfolg spricht, dürfte an einer verzehrten Wahrnehmung liegen. Nur weil man selbst ein Gerät nach wenigen Tagen oder Wochen in der Schublade verschwinden lässt, muss dies nicht für die Masse der Käufer gelten. Und auch das Argument „Niemand in meinem Bekanntenkreis hat eine Apple Watch“ gilt nicht. Ich kenne im Gegenzug niemanden, der einen Golf fährt – dennoch behaupte ich nicht, dass der Wagen für VW ein Misserfolg ist.
In vielen Fällen könnte aber auch schlicht die fehlende Fähigkeit, Zahlen in Relation zueinander setzen zu können, fehlen. Natürlich wirken drei Millionen Uhren im Vergleich zu 47 Millionen Smartphones verschwindend gering. Aber der Markt für Smartwatches ist um ein vielfaches kleiner als der für iPhone und Co. Glaubt man den einäugigen unter den blinden Marktforschern, werden in diesem Jahr rund 30 Millionen der vielseitigen Uhren ausgeliefert. Dem gegenüber sollen weit mehr als eine Milliarde Smartphones stehen. Wer angesichts solcher Zahlen erwartet, ein einzelner Hersteller könnte binnen drei Monaten mal eben acht, zehn oder zwölf Millionen Smartwatches verkaufen, sollte seine eigene Erwartungshaltung überdenken.
Ein Kommentar von Patrick Bellmer, der bislang noch keine überzeugende Smartwatch in den Händen gehalten hat. Die Ausführungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der gesamten Redaktion wider.