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Die wichtigsten Details waren bereits im Vorfeld bekannt - gestern präsentierte Apple sein technisch wenig überraschendes iPhone 5. Es fehlten die überzeugenden neuen Features. Während Apple selbst das iPhone 5 natürlich als das beste jemals vorgestellte iPhone bezeichnet, konnte sich dieser Eindruck weder bei der versammelten Fachpresse, noch bei unseren Lesern durchsetzen. Sicherlich hat Apple keine großen Fehler bzw. das iPhone schlechter gemacht, viele sehen das iPhone 5 aber vorerst als Endpunkt der Revolution bei Apple.
Display:
Im Unterschied zu allen anderen bisherigen iPhones setzt Apple erstmals auf ein größeres Display mit einer Diagonalen von 4 Zoll bei einer Auflösung von 1136 x 640 Pixel. Im Laufe der Entwicklung des iPhones entschied sich Apple, dass die bisherigen 3,5 Zoll das ideale Maß seien. Dies betrifft sowohl die Gesamtgröße des Smartphones (zum Zeitpunkt des iPhone Classic sicherlich auch im Zusammenspiel mit der Dicke), als auch die Erreichbarkeit aller Bedienelemente, wenn das iPhone in nur einer Hand gehalten wird. Hersteller wie HTC und Samsung erkannten recht schnell, dass ein größeres Display ein wichtiger Faktor für den Kunden ist. Dabei spielte aber weniger die Haptik eine Rolle, sondern vielmehr das Motto "größer ist besser". Mit 5,5 Zoll beim Galaxy Note II oder 4,8 Zoll des Galaxy S III erreichen wir hier allerdings bereits Maße, die sicherlich einigen gefallen, die von praktischer Handhabung aber weit entfernt sind.
[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/iphone5-pr-3-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/iphone5-pr-3-rs.jpg alt=Apple iPhone 5]Apple iPhone 5[/figure]
Das alte "3,5 Zoll"-Paradigma ist allerdings nicht mehr zeitgemäß - dies hat wohl nun auch Apple eingesehen. Doch statt das Display in Breite und Höhe wachsen zu lassen, hat man sich für eine Änderung des Seitenverhältnisses entschieden. Dies macht es zum einen den Entwicklern einfach und sorgt zum anderen dafür, dass bestimmte Inhalte wie Filme im fast richtigen Seitenverhältnis dargestellt werden können. Über die Vor- und Nachteile von 4:3, 16:9 oder anderen Seitenverhältnissen lässt sich sicher trefflich streiten. Kein iPhone mit 5 Zoll auf den Markt zu bringen dürfte aber sicherlich die richtige Entscheidung sein.
Ein in der Höhe verändertes und 4 Zoll großes Display wirkt wenig revolutionär - will dies aber sicherlich nicht sein. Wer ein möglichst großes Display als ausschlaggebend beim Smartphone-Kauf ansieht, wird zur Konkurrenz schauen müssen.
Gehäuse:
Vielen haben die Leaks der Rückseite nicht gefallen und Design wird auch immer Geschmackssache bleiben. Die aus Aluminium gefertigte Rückseite des iPhone Classic ist zurück und macht auch endlich Schluss mit der rutschigen Glasrückseite, die zudem auch noch anfällig für Glasbruch war. Aluminium (beim weißen iPhone) beziehungsweise graphitfarbenes Aluminium (beim schwarzen Modell) - daran müssen wir uns nun gewöhnen. Durch die leicht angeraute Struktur könnte das iPhone 5 auch etwas griffiger werden. Darin sind oben und unten Einlagen aus Glaskeramik (beim Weiß und Silber Modell) oder aus pigmentiertem Glas (beim Schwarz und Graphit Modell) eingefasst. Wie empfindlich diese Materialkomposition ist, wird sich noch zeigen müssen.
Das iPhone 5 ist von 9,3 auf 7,6 mm dünner geworden. Dies dürfte sich maßgeblich auf die Handhabung bzw. das gefühlte Gewicht auswirken. Dem Metallrahmen mit den darin integrierten Antennen ist Apple treu geblieben - Vorder- und Rückseite stehen nicht mehr über. Wie sich das neue Gehäuse und damit das iPhone 5 in der Hosentasche schlägt, werden wir ab dem 21. September erfahren.
[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/iphone5-pr-2-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/iphone5-pr-2-rs.jpg alt=Apple iPhone 5]Apple iPhone 5[/figure]
Wenig Neues beim Gehäuse also, sieht man vom Design einmal ab. Doch hatte Apple an dieser Stelle eine grundlegende Überarbeitung nötig? Gegenüber den vielen Plastik-Gehäusen dürfte das Gehäuse des iPhone 5 noch immer recht gut aussehen.
LTE:
Das iPhone 5 ist das erste Smartphone von Apple mit LTE. Doch wie auch schon beim neuen iPad sind hier einige Einschränkungen vorhanden. Für Deutschland wird beispielsweise nur die Telekom als kompatibler Mobilfunkanbieter genannt. In Deutschland werden LTE-Netze in drei Frequenzbereichen betreiben: 850, 1800 und 2600 MHz. Vom iPhone 5 unterstützt werden alle drei Frequenzbänder, entsprechend ausgebaut hat die Telekom den Bereich um 1800 MHz nur in Ballungszentren und Städten. 850 MHz sind für den ländlichen Bereich vorgesehen. Auch Vodafone, O2 und E-Plus verfügen über Frequenzbänder in den vom iPhone verwendeten Bereichen - nur die Telekom arbeitet aber zusätzlich auch in dem erwähnten 1800-MHz-Band.
[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/lte-band-de-1.jpg]Belegung LTE-Band[/figure]
[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/lte-band-de-2.jpg]Belegung LTE-Band[/figure]
Wird das iPhone 5 also nur bei der Telekom im 1800-MHz-Band LTE nutzen oder auch im 850-MHz-Band? Eine Beschneidung auf einen Anbieter, obwohl auch die anderen technisch in der Lage sind dies zu nutzen ist mehr als fragwürdig. Hiermit dürfte sich Apple keinen Gefallen getan haben, da dies dem Kunden nur äußerst schwer zu erklären ist. Dabei ist LTE als Technologie sicherlich nicht einmal notwendig. Per DC-HSPA+ sind 42 MBit/Sek. möglich, LTE soll bis zu 100 MBit/Sek. bieten, doch wie lassen sich diese Bandbreiten in der Praxis überhaupt noch nutzen? Oder wenn schon LTE, warum nicht gleich ein Chip, der alle Frequenzen unterstützt. Nokia hat es mit dem Lumia 920 vorgemacht und verwendet "Pentaband-LTE".
Die in vielen Bereichen fehlende Notwendigkeit von LTE soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Apple mit dem iPhone 5 in diesem Bereich einen mehr als unglücklichen Schritt gemacht hat. Aus der Exklusivität der ersten Generation sah man sich schon herausgewachsen und kehrt nun doch wieder in diese zurück.
Dock-Connector:
Lightning - so der Name des neuen Dock-Connector, der den fast zehn Jahre alten iPod-Dock-Connector ersetzen soll. Auch wenn inzwischen viele Datenübertragungen auch drahtlos möglich sind, verwendet wird er noch immer und das nicht nur zum Laden des Akkus. Doch nach fast zehn Jahren ist aus Sicht von Apple ein Wechsel sicher mehr als überfällig gewesen. Das mag nicht jedem Besitzer von Dock-Zubehör gefallen - irgendwo bzw. irgendwann muss ein Schnitt gemacht werden.
Hart wird ein solcher Schritt ja erst bei der Anschaffung des neuen Zubehörs bzw. der Adapter. Apple bietet dazu gleich vier unterschiedliche Versionen an, die allesamt nicht die Eigenschaft "billig" tragen dürften. So kostet der Lightning auf 30-polig Adapter 29 Euro und 39 Euro werden für die längere Version Lightning auf 30-polig Adapter mit 0,2 m Kabel fällig. Wer einfach nur ein weiteres Dock-Kabel benötigt muss 19 Euro hinblättern. Die Eu-konforme Einheits-Lade-Möglichkeit wird mit dem 19 Euro teuren Lightning auf Micro USB Adapter ermöglicht.
Ein Vorteil des neuen Dock-Connectors lässt sich nicht abstreiten: Er hat Platz für den Kopfhörer-Anschluss gemacht, der nun nicht mehr nach oben hin wegführt. Das iPhone in Händen verläuft das Kabel nun endlich in Richtung des Nutzers und das Smartphone kann in "natürlicher" Richtung in die Hosentasche geschoben werden.
Kamera:
Apple hat die rückseitige Kamera des iPhone 5 wie ein neues Feature präsentiert, was sie aber faktisch nicht ist. 8 Megapixel mit LED-Blitz mit einer Blende von f/2.4 kennen wir bereits vom iPhone 4S. Gleiches gilt auch für die Bildstabilisation, den Autofokus und die speziellen Filter. Apple hat alle Hardware-Komponenten verkleinern können, dies ist aber kein Punkt, für den sich der Endkunde interessiert. Die Panorama-Funktion ist eine softwareseitige Geschichte, die auch vom iPhone 4S mit iOS 6 beherrscht wird.
Nokia hat mit dem Lumia 920 vorgemacht, dass eine gute Kamera ein herausragender Punkt sein kann, wenn man entsprechende Innovationen einbringt. Eine mechanische Bildstabilisation ist hier nur ein Beispiel.
Software:
iOS 6 bringt keine offensichtlichen Neuerungen im großen Stile mit. In einigen Bereichen wurde die Software ausgebaut, die meisten Nutzer dürften davon zunächst einmal aber recht wenig sehen. Das neue Kartenmaterial muss seine Alltagstauglichkeit erst noch unter Beweis stellen. Siri nennt nun auch außerhalb den USA Restaurants in der Nähe oder gibt Informationen zu Fußballergebnissen und Filmen. Passbook soll digitale Versionen von Bordkarten, Kinotickets und Coupons sammeln und zu gewünschter Zeit anzeigen. Zunächst einmal beschränkt sich der Einsatz aber auf eine bestimmte Café-Kette.
[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/ios6-siri-restaurante.jpg]Siri mit neuen Funktionen[/figure]
Twitter ist bereits Bestandteil von iOS 5, durch die eingeschränkten Funktionen des integrierten Clients sind aber eigenständige Clients noch immer die bessere Alternative. Facebook hält auf ähnliche Art und Weise Einzug in iOS 6. Für schnelle Statusmeldungen oder das Posten eines Fotos reichen beide Lösungen sicherlich aus. Wer mehr machen möchte, wird um die Nutzung eines eigenständigen Clients aber nicht umher kommen. Wer mit sozialen Netzwerken ohnehin nichts anzufangen weiß, kann obige Zeilen getrost wieder vergessen.
Unter der Haube bietet iOS 6 noch zahlreiche weitere Neuigkeiten. Wer von iOS 5 auf iOS 6 wechselt, muss allerdings schon Suchen, um den Unterschied zu erkennen.
Akku:
Apple will die Akkulaufzeiten gegenüber dem iPhone 4S noch verbessert haben, trotz größerem Display und trotz LTE. Natürlich bietet das Gehäuse auch etwas mehr Volumen für den Akku. Zusätzlich wurde dieses durch ein dünneres Display und eine höhere Integrationsdichte der Komponenten erreicht. Das dünnere Gehäuse könnte einiges an gewonnenem Volumen wieder aufgefressen haben. Apple gibt eine Sprechdauer von acht Stunden an, den gleichen Wert nennt das Unternehmen für die mobile Datennutzung. Über ein WLAN-Netzwerk soll der Akku zehn Stunden reichen, bei der Betrachtung von Videos ebenfalls. Apple gibt eine Standbyzeit von 225 Stunden an. Dies kann allerdings nur erreicht werden, wenn das iPhone ohne jegliche Nutzung und ohne Datenaustausch in der Ecke liegt.
Bei moderater Nutzung (wobei sich diese nur schwer an Zahlen festmachen lässt), ist so mancher froh, wenn er einen vollen Tag mit 14-16 Stunden ohne Zwischenladung übersteht. Hier hätte sich für Apple die Gelegenheit geboten dem iPhone 5 ein Alleinstellungsmerkmal zu verschaffen. Es dürfte aber auch für Apple nicht immer leicht sein, in einem solchen Bereich für eine völlig neue Technologiebereicherung zu sorgen. Die aktuelle Akku-Technologie wird genutzt, darüber hinaus ergaben sich wohl leider keine Möglichkeiten.
Preis:
Bei gleichen US-Preisen hat Apple die Preise für das iPhone 5 hierzulande um jeweils 50 Euro angehoben. Ab 679 Euro mit 16 GB Speicherkapazität geht es los. 899 Euro werden fällig, wenn 64 GB benötigt werden. Dies sind schon stolze Preise, gerade im Vergleich zur Android-Konkurrenz. Nun kann sich Apple nicht mit einer zu geringen Marge herausreden, denn diese ist seit Jahren stabil bei über 30 Prozent. Andere Hersteller sind glücklich in den zweitstelligen Bereich zu kommen. Insofern ist Kritik an den hohen Preisen durchaus angebracht. Doch Apple lässt dem potentiellen Käufer die Wahl nicht zu kaufen.
Das Ende der Revolution?
Das iPhone 4S konnte noch als nächster logischer Entwicklungsschritt zum iPhone 4 gesehen werden. Display, Gehäuse und äußeres Erscheinungsbild blieben nahezu identisch. Siri kam hinzu, konnte und kann durch die zahlreichen Einschränkungen hierzulande aber nie richtig Fuß fassen. Die Kamera erreichte ein Level, welches eine zusätzliche kompakte Digitalkamera fast überflüssig machte. Es wurde Großes vom iPhone 5 erwartet.
Die Leaks im Vorfeld des Launches machten es deutlich: Das iPhone 5 wird nicht der große Wurf, den viele erwartet haben. Große Innovationen blieben aus. Andere Hersteller haben schon lange zu Apple aufgeschlossen oder sind in dieser Hinsicht bereits vorbeigezogen. Auf Features wie "Wireless Charging" oder NFC verzichtet Apple gänzlich. Das iPhone 5 zusammengefasst beschränkt sich fast schon auf das größere Display, das vielen sicher immer noch nicht groß genug ist. LTE ist kein echtes Kaufargument und zudem durch eine Exklusivität mit der Telekom zu weit beschnitten worden.
In iOS 6 muss das neue Kartenmaterial auch erst einmal seine Alltagstauglichkeit beweisen. Hier spielt vor allem die Suche nach sogenannten "Points of Interests" eine entscheidende Rolle. Siri wurde im Funktionsumfang erweitert, ob es nun häufiger verwendet wird, hängt auch von den Nutzungsgewohnheiten des jeweiligen Benutzers ab.
Diese Kolumne repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.