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Ein Stadtrennen wie in Monaco inmitten von Berlin

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Ein Stadtrennen wie in Monaco inmitten von Berlin
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Am vergangenen Samstag war einiges los in Berlin: Am Abend traf in einem packenden und kräftezehrenden DFB-Pokalfinale der FC Bayern München auf Borussia Dortmund, am Nachmittag starteten mehr als 15.000 Teilnehmerinnen im Tiergarten der Hauptstadt den großen Berliner Frauenlauf und den ganzen Tag über surrten die vollelektrischen Rennwagen der Formula E über die Karl-Marx-Allee. Wo sich vor etwa 27 Jahren die Staatsspitze der DDR versammelte und sich jedes Jahr vom Volk feiern ließ, kämpften am Samstag 20 Fahrer und ihre 10 Teams um wertvolle Punkte im achten Rennen der zweiten Saison der Formula E. Das Volk durfte natürlich ebenfalls mit dabei sein und teilweise kostenlos aus nächster Nähe zuschauen.

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Stadtrennen inmitten von Berlin

Ein Rennen wie in Monaco

Fand der erste Berliner ePrix noch am stillgelegten Gelände des ehemaligen Tempelhof-Flughafens statt und verband damit modernen Motorsport mit historischen Gemäuern, verlegte man die Rennstrecke in diesem Jahr direkt in die Stadt. Der rund zwei Kilometer lange Rundkurs führte von der Karl-Marx-Allee über die Lichtenberger Straße bis hin zum Strausberger Platz und umfasste insgesamt elf Kurven mit einigen Schikanen und Haarnadeln – teilweise sehr zum Ärger der Anwohner. Sie mussten in den vergangenen Tagen und noch Stunden nach dem Rennen einige Behinderungen in Kauf nehmen. Zahlreiche Zufahrtsstraßen wurden gesperrt, Parkplätze fielen weg; eine wichtige Hauptverkehrsader der Hauptstadt wurde komplett gesperrt. Immerhin: Die Stadt musste einen sechsstelligen Betrag investieren, um den Asphalt auf der Rennstrecke zu erneuern und um Schlaglöcher zu beseitigen. Belohnt wurden die Anwohner der Karl-Marx-Allee aber auch mit begehrten Logenplätzen. Sie konnten direkt von ihren Balkons aus das Geschehen auf der Rennstrecke verfolgen – viele Anwohner luden deswegen Freunde und Bekannte zum Private Viewing mit Grillfleisch und Bier ein.

Erneut buntes Rahmenprogramm

Entlang der Rennstrecke konnten Zuschauer das Renngeschehen ebenfalls verfolgen und das teilweise kostenlos und sogar mit nur wenigen Metern Abstand zu den Betonklötzen neben der Strecke. Auch wenn die Rennstrecke vielerorts mit einem Sichtschutz versehen wurde, konnte man gratis einen Blick auf die Rennboliden werfen. Im Bereich der Boxengasse war dies sogar gewollt. Hier konnten die Besucher den Mechanikern bei der Arbeit zusehen und natürlich den einen oder anderen Profi-Rennfahrer sehen. Besonders schnell wurde hier allerdings nicht gefahren – in der Boxengasse gilt Tempo 50, was in Anbetracht auf die geringe Lautstärke der Elektromotoren Streckenwarte mit Trillerpfeifen notwendig macht, um vor anrollenden Rennwagen zu warnen. Wer die Karossen in der Boxengasse aus nächster Nähe erleben wollte, der musste einen VIP-Pass für 30 Euro kaufen. Deutlich günstiger war ein Platz auf einem der Tribünen, welche rings um die Strecke aufgebaut wurden. Hierfür bezahlte man mit mindestens 18 Euro nur knapp die Hälfte.

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Zahlreiche Besucher dürfte aber nicht nur sonnige Wetter angelockt haben, sondern auch die zahlreichen Informationsstände im eVillage. Hier konnten nicht nur viele verschiedene E-Fahrzeuge begutachten werden, auch einige Konzeptcars wie ein komplett Solar-betriebenes Auto wurden ausgestellt. Kinder konnten in kleinen elektrisch betriebenen Bobbycars Platz nehmen oder aber auf der Carrera-Bahn gegeneinander antreten. Ebenfalls hoch im Kurs stand das Ausprobieren von Segways. Bratwürste und Steaksammeln wurden rings um die Strecke ebenso verkauft, wie Kaltgetränke ausgeschenkt. Die Kneipen und Bars rund um die Rennstrecke dürften sich über die zahlreichen Besucher des zweiten Berliner ePrix sehr gefreut haben.

Zwischen den Trainings-Einheiten und dem Qualifying am Vormittag und dem Rennen am späten Nachmittag gab es ein umfangreiches Unterhaltungs-Angebot. Musiker und Künstler traten auf den Bühnen auf, Fahrten mit dem BMW i8 wurden angeboten und auch per Controller an der Konsole konnte man gegen die Rennprofis antreten. Insgesamt zog das achte Rennen der Formula E mehr als 20.000 Besucher nach Berlin.

Leicht gelockerte Regeln, überarbeitete Technik

Änderungen gab es aber nicht nur am Berliner Rundkurs, sondern auch bei den Fahrzeugen. Mussten die Rennställe im letzten Jahr noch auf einen Einheitswagen zurückgreifen, waren in dieser Saison unterschiedliche Antriebsstränge zulässig. Das Dallara-Chassis, die Michelin-Reifen und die Batterien durften von den Teams aber auch in dieser Saison nicht verändert werden. An der Motorleistung wurde ebenfalls nicht gefeilt. Die Elektrowagen der Formula E verfügen weiterhin über ein 5-Gang-Getriebe und bringen es auf eine Leistung von 200 kw bzw. 270 PS. Sie beschleunigen in knapp drei Sekunden von 0 auf 100 und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 225 Kilometern pro Stunde, womit sie deutlich langsamer als ihre Schwestermodelle der Königsklasse sind, die Geschwindigkeiten von über 350 km/h erreichen.

Auf die gesamte Motorleistung dürfen die Fahrer allerdings nur im freien Training und im Qualifying zurückgreifen, während des Rennen werden die Motoren auf 150 kw bzw. 203 PS gedrosselt, um Energie zu sparen. Nach etwa der Hälfte der Strecke des 48 Runden andauernden Rennens müssen alle Fahrer einmal in die Box, um das Auto zu wechseln – dann ist der Akku, welcher aufgrund der ständigen Bremsvorgänge und voller Beschleunigung unter Extremlast arbeitet, leer.

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Leichte technische Änderungen gibt es zudem beim Safety Car von Qualcomm. Der BWM i8, welcher mit dem induktiven halo-Ladesystem ausgestattet ist, lädt seinen Akku nun effizienter und schneller auf. Trotz weiter verkleinerter Technik erreicht Qualcomms halo-Technologie einen Wirkungsgrad von etwa 90 % und liefert mit bis zu 7,2 kw doppelt so viel Energie als noch im Vorjahr.

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Qualcomms Halo-Technologie arbeitet im Safety und Medical Car effizienter und schneller

Packendes Rennen

Nach dem Qualifying, während dem drei Fahrer wegen eines manipulierten Reifendrucks bestraft und ihre Startpositionen nach hinten verlegt wurden, startete um 16:00 Uhr das eigentliche Rennen. Knapp eine Stunde lang lieferten sich die Fahrer ein spannendes Rennen mit zahlreichen Überholmanövern, kleineren Berührungen und mehreren Drehern auf der Rennstrecke und zwei Safetycar-Phasen. Sechs Runden vor dem Ende rauschte Loic Duval in die Mauer, blieb auf der Rennstrecke stehen und ließ das Safety Car ausrücken. Die Bergung des Fahrzeuges dauerte rund vier Runden, während der striktes Überholverbort galt. In den beiden letzten Runden nach Freigabe gab es keine Überholmanöver mehr, sodass der Schweizer Sébastien Buemi vom Team Edams-Renault als erster über die Ziellinie fuhr, gefolgt vom deutschen Daniel Abt und seinem Teamkollegen Lucas di Grassi. Nick Heidfeld, der aufgrund eines zu geringen Reifendrucks strafversetzt wurde, kam als siebter ans Ziel. Simona de Silvestro, als einzige Frau im Feld, erreichte Rang neun.

In der Gesamtwertung konnte Buemi damit den Vorsprung des führenden Di Grassi auf nur noch einen Punkt verkürzen – der Gewinner der Meisterschaft steht in der Formula E damit noch lange nicht fest und muss in den nächsten beiden Rennen in London am 2. und 3. Juli ermittelt werden.

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Mehrmals musste das Qualcomm Safety Car ausrücken

In Zukunft aber könnte die Formula E noch spannender werden, wenn es später Unterschiede bei den Akkus gibt (dann müssen alle Fahrer nicht mehr zur etwa gleichen Zeit in die Box) oder bei den Motoren, dem Chassis und der Software. Die Formula E bringt den Motorsport zurück zu seinen Wurzeln, setzt auf mehr Spannung, mehr Strategie und vor allem auf neue Technik, die in nächsten Jahren erprobt werden wird. Schon heute ist sie eine Spielwiese für die Elektromobilität – auch für zahlreiche IT-Konzerne.