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Warum Larrabee (noch) kein Verlust ist

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Warum Larrabee (noch) kein Verlust ist
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Diese Woche vermeldete Intel, dass die erste Generation des Larrabee nicht als Consumer-Grafikkarte den Weg in den Markt finden wird. Anders gesagt: Nächstes Jahr wird es nicht möglich sein ein Spiel auf der Larrabee-GPU laufen zu lassen. Auch wissenschaftliche Berechnungen werden nicht ausgeführt werden können. Dem ersten Schock über diese Nachricht folgte die Ernüchterung. Intel wird die Larrabee-Entwicklung allerdings nicht völlig einstellen, sondern lässt Entwickler weiter auf dieser Plattform arbeiten. Doch ein klarer und nüchterner Blick auf die Folgen macht deutlich, dass durch diesen Schritt keine große Nachwehen, weder für Intel, noch für den Grafikkarten-Markt zu erwarten sind.


Intel verfolgte teilweise eine fast schon verwirrende Produktpolitik mit Larrabee. Ersten theoretischen Ankündigungen folgte über Monate ein Mantel des Schweigens. Dann wurde erste Working-Hardware gezeigt, aber auch hier wollte oder konnte sich Intel nicht zum Leistungspotenzial von Larrabee äußern. Erst vor kurzen präsentierte Intel eine übertaktete Version von Larrabee, die laut eigener Aussage über eine theoretische Rechenleistung von knapp einem TeraFLOP verfügt. Wohlgemerkt ist hier die Rede von Peak-Performance, also einem nicht alltäglichen Anwendungsfall. Vergleicht man diese Angabe mit denen von AMD und NVIDIA wird schnell klar, Intels Larrabee ist nicht das erwartete Performance-Monster. Bereits eine ATI Radeon HD 4870 oder NVIDIA GeForce GTX 260 reichen an die TeraFLOP-Grenze heran. Von den aktuellen 2,7 TeraFLOP der ATI Radeon HD 5870 wollen wir erst gar nicht sprechen. Natürlich lassen sich diese Zahlen nicht direkt vergleichen, denn jeder Hersteller berechnet diese anhand der eigenen Architektur anders. Zudem sind die theoretischen Werte kaum praxisrelevant. Auch verhalten sich die unterschiedlichen Architekturen in Single-Precision, Double-Precision oder aber unter Verwendung von Cell-Shading-Computing komplett unterschiedlich. Dennoch dürfte klar sein, das High-End-Segment, weder bei der 3D-Performance, noch im Computing war für Intel mit der ersten Generation von Larrabee ein realistisches Ziel. Da hilft es auch nicht, wenn die Intel-Offiziellen schon recht bald verlauten ließen, Grafikkarten die mehr als 200 US-Dollar kosten, seihen mehr oder weniger sinnlose Performance-Schleudern und Energieverschwender.


Doch wann wäre Larrabee erschienen wenn sich Intel nicht zum Rückzug entschieden hätte? Diese Frage muss auch weiterhin offenbleiben. Allerdings können folgende Überlegungen vorgenommen werden: Im Normalfall kann Intel sechs Monate vor der Einführung einer neuen CPU-Generation bereits das nahezu fertige Produkt hinter verschlossenen Türen vorführen. Von Intels Larrabee ist aber bis auf einige Auftritte auf der IDF-Bühne bisher recht wenig zu sehen gewesen. Und auch dort hat es sich weniger um ein marktreifes Produkt gehandelt, als vielmehr um ein Laborexperiment. Bis Larrabee also vermutlich hätte erscheinen können, wäre die nächste Weihnachtssaison 2010 sicher schon angebrochen.

Fast zeitgleich zur Meldung, Intel würde das Larrabee-Projekt in der bisherigen Form einstellen, lies man verlauten, dass in den Entwickler-Labors ein Prozessor mit 48-Kernen arbeite. Ob Zufall oder nicht, beide Meldungen haben nur auf den ersten Blick etwas miteinander zu tun. Intels Entwicklungsabteilung arbeitet gleichzeitig an mehreren Projekten, Larrabee und der 48-Core dürften zwei völlig unterschiedliche sein. Eine echte Verwandtschaft ist nicht zu erkennen, zumal sich bereits die Anzahl der Kerne unterscheidet. Larrabee basierte auf 32 x86-Kernen, während die Labor-CPU mit 48 Kernen auf eine leicht weiter entwickelte Architektur setzt.


Bisher basierten alle Larrabee-Chips auf dem 45-nm-Prozess. Zum Zeitpunkt der ersten Vorstellung noch eine völlig neuartige Strukturbreite. Wäre Larrabee 2010 erschienen, hätte eine GPU in 45 nm sicherlich nicht mehr für eine zukunftsweisende Fertigungstechnik gestanden. 32-nm-CPUs werden dann erhältlich sein, bei den Flash-Speichern ist man gar schon bei 20 nm. Natürlich ist es denkbar, dass Intel auf 32 nm hätte wechseln können, angesichts der fehlenden vorzeigbaren Hardware in 45 nm aber sicherlich eher unwahrscheinlich.

Viel diskutiert wurden und werden auch die finanziellen Folgen für Intel. Diese dürften weitaus geringer sein als befürchtet. Intel hat in seinem gewaltigen Etat für die Entwicklung neuer Technologien sicher ausreichend Luft, um die bisherige Entwicklung von Larrabee abzufangen. Hinzu kommt, dass die bisher gemachten Schritte ja nicht vollends ins Leere laufen werden. Wesentlich schwerwiegender wäre es sicherlich gewesen, wenn Intel eine Consumer-Grafikkarte auf Larrabee-Basis in den Markt gebracht hätte, die dann als nicht konkurrenzfähig von AMD und NVIDIA zerpflückt worden wäre.

Intel hat bisher nur die erste Generation von Larrabee als Cosumer-Grafikkarte eingestellt. Bei entsprechender Neuausrichtung stehen zahlreiche Optionen für die Zukunft offen. So ist das Many-Core-Konzept für Intel zukunftsweisend. Larrabee basiert genau auf diesem Grundprinzip und hat sicherlich grundlegende Konzepte von Many-Core-Hardware eingeleitet. Egal ob Intel nun den Many-Core-Ansatz weiter verfolgt oder aber doch noch auf eine diskrete Lösung setzt, Larrabee wird uns sicher noch einige Zeit begleiten. Derzeit aber stellt das teilweise eingestellte Projekt keinen größeren Verlust dar, nicht für uns IT-Journalisten, nicht für Intel und sicher auch nicht für den Endkunden.
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