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Windows on ARM

Warum wir keinen Test veröffentlichen

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Warum wir keinen Test veröffentlichen
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Extra eingerichtete Verkaufsflächen in großen Elektronikmärkten, Werbung und spezielle Bündelungen von Notebook und Datentarif bei der Deutschen Telekom: Seit dem offiziellen Verkaufsstart ist Windows on ARM in aller Munde. So hätte es zumindest sein können. Die Realität ist aber eine gänzlich andere, still und heimlich wurde die Plattform gestoppt. Zu den Gründen möchte sich niemand offiziell äußern.

Seit Ende 2016 werben Microsoft und Qualcomm für Windows on ARM und wurden seit dem nicht müde, die Vorteile gegenüber herkömmlichen x86-Systemen zu benennen. Längere Laufzeiten, always connected und passiv gekühlt - das sind nur drei der Argumente, die immer wieder hervorgebracht wurden. Gleichzeitig wurde von Anfang an betont, dass man aus den Fehlern von Windows RT gelernt habe, ein 32-Bit-Emulator für x86-Anwendungen werde von Anfang an mit an Bord sein, so das Versprechen Microsofts. Doch nur wenige Wochen später bekam das Projekt erste Risse, die rückwirkend betrachtet vielleicht doch schon sehr viel größer als angenommen waren.

Denn aus dem Start der Plattform Anfang 2017 wurde nichts, monatelang herrschte Stillschweigen. Im April 2017 wurden Interessierte auf das vierte Quartal des gleichen Jahres vertröstet. Einen Grund für die Verzögerung nannte Qualcomm nicht. Möglicherweise aus gutem Grund: Nur einen Monat später, auf der Computex 2017, wollte niemand mehr etwas von einem auch nur vagen Starttermin wissen. Dafür präsentierten mit ASUS, HP und Lenovo aber gleich drei große OEMs die ersten Notebooks auf Basis von Windows on ARM. Qualcomm und Microsoft verteilten zudem weitere technische Details zur Plattform. Ob beide Unternehmen da schon wussten, dass rechtlicher Ärger droht, ist nicht bekannt. Denn nach Ansicht von Intel wäre ein Emulator für x86-Anwendungen nicht möglich, ohne dafür das eigene geistige Eigentum zu nutzen. Entsprechende Verletzungen werde man nicht tolerieren, so die klare Ansage des Unternehmens.

Es folgten weitere Monate ohne konkrete Aussagen zu einem Starttermin, auch rund um mögliche Patentverletzungen wurde es ruhig. Erst im Dezember 2017 nahm Windows on ARM wieder an Fahrt auf. Auf dem Snapdragon Tech Summit wurden Windows on ARM viel Zeit und mehrere Gesprächsrunden spendiert. Fragen von Journalisten wurden bis auf wenige Ausnahmen ausführlich beantwortet - sowohl von Microsoft-, als auch von Qualcomm-Mitarbeitern. Zusätzlich konnten die ersten Notebooks von ASUS, HP und Lenovo ausführlicher in Augenschein genommen werden. Und es wurde ein neues Zeitfenster für den Start genannt: das erste Quartal 2018.

Doch das einzige, was zwischen Januar und März 2018 erfolgte, war eine weitere Vertröstung. Den MWC Ende Februar nutzte Qualcomm noch einmal für das Rühren der Werbetrommel und konkretisierte die Vertriebspläne. So sei angedacht, dass ausgewählte Handelsketten die Plattform bewerben würden, auch Kooperationen mit Mobilfunkprovidern solle es geben; in diesem Zusammenhang wurde die Deutsche Telekom konkret benannt. Nur wenige Tage zuvor hatte Microsoft für negative Schlagzeilen gesorgt. Denn für wenige Stunden war eine Liste mit Einschränkungen gegenüber Windows 10 für x86-Systeme erreichbar. Ein Fehler, der schnell behoben wurde - wenig später war nur noch eine deutlich entschärfte Version erreichbar. Doch diese Liste könnte letztlich der Grund dafür sein, dass bis heute kein Windows-on-ARM-Gerät in Deutschland erhältlich ist - und der Verkauf in anderen Ländern mehr oder minder komplett gestoppt wurde.

Der Verkauf sollte am 11. April starten

Das war Anfang März allerdings nicht absehbar, im Gegenteil. Auf Nachfrage konnte uns einer der drei Hersteller ein Testgerät mit Vorserienstatus für einen mehrwöchigen Test zur Verfügung stellen. Genügend Zeit, um nicht nur die üblichen Benchmarks und Messungen durchzuführen, sondern auch um das Notebook im Alltag ausgiebig zu nutzen. Das Fazit:

Zwar schafft man es mit dem Einsatz des x86-Emulators eine völlige Abhängigkeit vom Windows Store mit seinen UWP-Apps zu vermeiden, überzeugend ist dieser Kniff aber nicht immer. Teilweise geht dabei zu viel Leistung verloren, was die Nutzererfahrung trübt. Dann wird das Browsen eher zum Geduldsspiel oder das Bearbeiten von Fotos und Videos zur Pause für den Gang zur Kaffeemaschine. Schnellere Alternativen gibt es, wenn auch nicht viele und nicht für jeden Zweck. Aber sie erfordern ein Umdenken, wie beispielsweise mit Blick auf die Browser Chrome und Edge. Schwerwiegender ist da schon unter Umständen die Zubehörproblematik aufgrund der Treiberanforderungen. Bei Nutzer A macht sich dies möglicherweise gar nicht bemerkbar, Nutzer B kann hingegen möglicherweise wichtige Hardware oder Programme gar nicht nutzen. Erschwerend kommt hinzu, dass Microsoft vor allem diesbezüglich erschreckend intransparent agiert. Dass der durchschnittliche Nutzer weiß, dass sein Drucker möglicherweise nur dann in vollem Umfang einsetzbar ist, wenn ein ARM64-Treiber vorhanden ist, darf bezweifelt werden.

Geht man aber nicht von eine derartigen Worst-Case-Szenario aus, agiert Windows on ARM mindestens auf Augenhöhe mit x86- und x64-Systemen. Deutlich wird das vor allem, wenn überwiegend Produktivlösungen von Microsoft zum Einsatz kommt. Weder in Word, Excel oder Outlook wird man daran erinnert, dass der Prozessor nicht von Intel, sondern von Qualcomm stammt. Die Performance ist ebenbürtig, Einschränkungen bezüglich des Funktionsumfangs gibt es nicht. Prinzipiell gilt das für alle Anwendungen, die nativ ausgeführt werden können.

Ist am Ende auch noch wichtig, dass unter Mobilität nicht nur ein kompaktes Gehäuse oder ein geringes Gewicht verstanden wird, übertrumpft die neue Plattform die Konkurrenz. Denn der ganzheitlich Ansatz, den man bislang lediglich von Smartphones und Tablets kennt, sorgt für überragende Laufzeiten und ein Höchstmaß an Konnektivität. Wären da nicht die hohen Mobilfunkpreise in Deutschland, würde es keinen Unterschied machen, ob acht Stunden im Büro mit Steckdose und WLAN oder im Garten ohne beides gearbeitet wird."

Das Testgerät selbst wies einige wenige kleinere Mängel auf, die aber in erste Linie dem Vorserienstatus zuzuschreiben waren.

Doch zu einer Veröffentlichung des Testberichts kam es nicht. Vorgesehen war die gemäß Embargo für den 10. April, am Tag darauf sollten Promotion und Verkauf im Handel starten. Doch nur wenige Stunden zuvor bat das Unternehmen darum, den Test zurückzuhalten. Als Reaktion auf die in den USA schon zuvor erschienenen Testberichte, für die das Embargo nicht galt, habe Microsoft entschieden, nachbessern zu wollen und seine Partner gebeten, vom Verkauf abzusehen. Was genau Microsoft gestört hat, ist nicht bekannt. Auch das Unternehmen, das nicht genannt werden möchte, hat dazu in seiner deutschen Niederlassung keine Informationen vorliegen. Gleiches gilt im übrigen auch für Microsoft Deutschland und Qualcomm. Ein Blick auf die US-Testberichte lässt jedoch darauf schließen, dass Microsoft mit der Leistung unter Verwendung des x86-Emulators unzufrieden sein könnte.

Tatsächlich ist Windows on ARM im Falle des Snapdragon 835 in einem solchen Fall nicht schneller als ein Core m. Das macht sich in teils langen Ladezeiten bemerkbar, es fällt mitunter aber auch beim Wechseln zwischen zwei emulierten Anwendungen auf. Zudem nahmen die Ersteinrichtung von Windows 10 und das Installieren von Windows-Updates deutlich mehr Zeit als auf einem x86-System in Anspruch. Davon abgesehen entsprach die Performance jedoch der, die von Microsoft und Qualcomm in Aussicht gestellt wurden.

Das Ende ist offen

Was nun aus Windows on ARM und den ersten drei darauf basierenden Notebooks wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt völlig ungewiss. So berichtete Windows Central bereits Anfang Mai, dass Microsoft auf Abstand zu Qualcomm gegangen sei. Mit Snapdragon-SoC bestückte Windows-Rechner seien nicht die einzigen Geräte, die in die Kategorie Always Connected PCs (ACPCs) passen, so der Tenor. In Anbetracht der Tatsache, dass Windows on ARM von Anfang an nur mit Qualcomm in Verbindung gebracht wurde, ist dies eine Wendung um 180°. Unklar ist, welche Alternativen Microsoft in der Hinterhand hat. Viele können es aber nicht sein, da nach aktuellem Kenntnisstand nur wenige SoCs überhaupt nur theoretisch kompatibel sind. Voraussetzung ist aber nicht nur ein ARM Cortex-A75 oder ein Qualcomm Kryo 280, sondern auch eine dedizierte Unterstützung des Chips durch Windows 10. Und es muss ein SoC sein, der für OEMs zur Verfügung steht.

Zwar könnte Intel dank inzwischen zeitgemäßer LTE-Modems ACPC-taugliche Lösungen anbieten, die würden - so die Erkenntnis aus unserem Test - aber im Falle einer UWP-App eine deutlich geringere Leistung als ein Snapdragon 835 bieten. Denn dass das Unternehmen einen neuen Prozessor aus dem Ärmel schüttelt, der so sparsam wie ein Core m, gleichzeitig aber auch über einen längeren Zeitraum so performant wie ein Core i3 oder gar Core i5 ist, ist mehr als unwahrscheinlich. Diese Kombination wäre jedoch erforderlich, um lange Laufzeiten zu ermöglichen. Gegen den Wechsel zu Intel sprechen aber auch die Bemühungen, die Microsoft zumindest bis zuletzt noch gezeigt hat. So wurde auf der Entwicklerkonferenz Build der Start eines SDKs für x64-Anwendungen bekanntgegeben. Das soll es Entwicklern leichter machen, ihre 64-Bit-Programme fit für den nativen Einsatz auf Windows on ARM zu machen. Und mit dem seit Anfang Mai verfügbaren Windows 10 April 2018 Update soll die Leistung des Emulators erhöht worden sein.

Auswirkungen hat all das bislang aber nicht. Denn nach wie vor sind das ASUS NovaGo, HP Envy x2 und Lenovo Miix 630 in Deutschland nicht erhältlich, in Österreich wird ersteres immerhin von Media Markt gelistet. Gut möglich, dass es erst auf der Computex Anfang Juni Neues zu berichten gibt. Denn im Dezember wurden bereits erste Geräte mit Snapdragon 845 in Aussicht gestellt, die wiederum mit Blick auf Windows 10 Redstone 5 interessant werden könnten. Denn das nächste große Windows-Update soll eine Telefon-API beinhalten. Eine solche wurde von Microsoft und Qualcomm auf dem Snapdragon Tech Summit mit Blick auf das LTE-Modem als durchaus interessante Neuerung bezeichnet.

Anmerkung: Die Veröffentlichung des Testberichts wurde weder vom Gerätehersteller, noch von Microsoft oder Qualcomm untersagt. Allerdings bat das Unternehmen darum, davon abzusehen, da der Verkaufsstart zumindest in Deutschland kein Thema mehr war und ist. Dieser Bitte sind wir nachgekommen. Gleiches gilt für die Bitte,  Hersteller- und Gerätenamen nicht zu nennen.