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Über MediaTeks mittelfristigen Fahrplan für die nähere Zukunft der eigenen SoCs haben wir bereits vor einigen Tagen berichtet. Doch auf dem Executive Forum in London gewährte das Unternehmen nicht nur einen Blick auf die geplanten Produkte, sondern verriet auch, wie das Smartphone des Jahres 2020 aussehen könnte – auch in Hinblick auf die nächste Generation der Mobilfunknetze.
Interessant wird dies vor allem dann, wenn man vier Jahre zurückblickt. Aktuell waren seinerzeit Geräte wie das Samsung Galaxy S II, bei HTC hießen die Neulinge Wildfire S und Evo 3D. Im Vergleich zu heute wirken derartige Geräte wie Relikte, ähnliches dürfte man über die derzeitigen Modelle sagen – wenn MediaTeks Prognose zutrifft. Dass bis zum Jahr 2020 die Leistung weiter rasant steigen soll, ist keine Überraschung. Und auch mit einer Zunahme an Funktionen dürften die meisten rechnen. Doch dem Chip-Entwickler zufolge wird letzteres mit weniger Technik möglich.
Das Smartphone der Zukunft kann mehr mit weniger Technik
Denn im Zusammenspiel mit dem Internet of Things und neuen drahtlosen Verbindungsmöglichkeiten soll die Arbeit stärker als bislang verteilt werden. Ein Beispiel ist laut Siegmund Redl, Vice President and General Manager Corporate Marketing, die Ortung. Bislang steckt der GPS-Empfänger im Smartphone, was beim Sport im Freien zumeist dazu führt, dass nicht nur die Smartwatch oder der Fitness Tracker mitgeführt werden kann, wenn präzise Daten erwünscht sind. Da absehbar ist, dass dementsprechend mehr und mehr Wearables mit den Empfängern ausgestattet werden, könnte im Smartphone darauf verzichtet werden – schließlich soll die Smartwatch sich ja zum permanenten Begleiter entwickeln.
In der Praxis würde es dann wie folgt aussehen: Benötigt auf dem Handy eine Applikation wie Google Maps den genauen Standort, wird dieser vom Wearable geliefert. Aber auch in Hinblick auf das Smart Home bietet sich eine derartige Arbeitsteilung an. Dies wird laut MediaTek im Jahr 2020 weitaus mehr Informationen als heute an das Smartphone senden können. Hier wäre beispielsweise ein Wetterbericht denkbar, dessen Daten nicht von einem Internet-Dienst, sondern der eigenen kleinen Wetterstation im Garten oder auf dem Balkon stammen; in Ansätzen ist derartiges schon heute möglich.
Fehler sollen nicht wiederholt werden
Dass der kommende Mobilfunkstandard 5G bei der Vernetzung zunächst keine Rolle spielen wird, gilt für Redl als sicher. Den von der ITU veröffentlichten Fahrplan, der den ersten großen Pilotversuch im Sommer 2018 sowie das erste kommerzielle Netz zwei Jahre später vorsieht, hält er für zu optimistisch. Stattdessen werde es vermutlich erst 2022 und dann auch nur in Asien soweit sein. Allerdings ist sich der Branchenkenner, der vor MediaTek lange Zeit für Qualcomm gearbeitet hat, sicher, dass mit dem Start von 5G große Veränderungen Einzug halten werden. Damit vertritt er die gleiche Meinung wie beispielsweise die ITU oder das 3GPP. Dort geht man davon aus, dass die nächste Generation langfristig nicht nur LTE ablösen, sondern auch WLAN und Bluetooth Konkurrenz machen wird.
Anders als bei 3G und 4G will MediaTek beim nächsten Sprung aber von Anfang an dabei sein. Redl zufolge sei man bei UMTS und LTE „spät dran“ gewesen und damit viel Nachholbedarf gegenüber der Konkurrenz gehabt. Diesen Fehler wolle man aber nicht wiederholen, weshalb man viel Zeit und Geld in die Entwicklung von 5G stecke.
Deep Learning ohne Cloud
Chancen zur Differenzierung sieht man aber auch bei Deep Learning. Dass Maschinen wie Menschen „denken“ und „lernen“, soll in Zukunft immer wichtiger werden, die bekanntesten Beispiele der Gegenwart dürften die Sprachassistenten Cortana und Siri, aber auch Googles Helfer Google Now sein. Computer analysieren großen Datenmengen, um Zusammenhänge zu erkennen und auf Basis derer situativ helfen zu können. Vor allem IT-Größen wie IBM oder SAP versprechen sich davon gute Geschäfte, schließlich lässt sich mit dem Verkauf der benötigten Rechenleistung und Software viel Geld verdienen. MediaTek will jedoch einen anderen Weg gehen. Denn anstatt mit dem Smartphone oder Tablet Daten nur zu erfassen und diese dann an andere Unternehmen zur Auswertung weiterzuleiten, soll die Analyse auf dem Mobilgerät selbst erfolgen.
Gründe dafür gibt es vor allem zwei. Zum einen vertritt man die Meinung, dass sensible Daten nicht in die Cloud gehören, was bei den derzeitigen Deep-Learning-Ansätzen jedoch üblich ist. Zum anderen, und hier schließt sich der Kreis ein Stück weit, geht man davon aus, dass die SoCs über genügend Rechenleistung verfügen werden, um die Arbeit zu übernehmen. Denn die dazugehörigen Aufgaben sollen auch hier verteilt werden, sowohl CPU, als auch GPU, DSP und die erwähnte Imagiq-Technik sollen dabei helfen, Objekte und Sprache zu erkennen.
Apple honoriert die Arbeit
Dass aus dem allein agierenden Handy von gestern ein universell einsatzbares und mit allem vernetztes Gerät von morgen wird, ist nicht zu übersehen. Offen ist hingegen, welche Rolle MediaTek am Ende dabei spielen wird. Die in London präsentierten Planungen und Überlegungen klingen überwiegend vielversprechend. Doch wie schnell im Geschäft mit Mobilfunktechnik aus Erfolg Misserfolg werden kann, zeigen diverse Beispiele. Selbst der größte Mitbewerber tut sich schwer damit, ein einziges nicht überzeugendes Produkt wettzumachen.
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Für MediaTek spricht jedoch ganz klar der erkennbare Hang zu sehr eigenen Lösungen sowie die Fähigkeit, Fehler zu erkennen und einzuräumen. Dies scheint selbst schwierige Unternehmen wie Apple überzeugt zu haben. Schließlich dürfen die Taiwaner SDKs sowie Entwickler-Hardware für HomeKit anbieten.