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Nicht zuletzt die Sicherheitslücken Spectre und Meltdown haben bei großen Server-Betreibern für Kopfschmerzen gesorgt. Zwar konnte viele Systeme inzwischen nachträglich vor Angriffen geschützt werden, die notwendigen Microcode-Updates gehen in einigen Fällen jedoch spürbar zulasten der Prozessorleistung. Nun sorgt ein weiteres Update für Diskussionen. Denn das geht mit neuen Lizenzbedingungen einher.
Während private Nutzer im Alltag mit keinen oder allenfalls minimalen Leistungseinbußen im Zuge der Microcode-Udpates zu kämpfen haben, sorgen sie im Server-Bereich durchaus für Probleme. Denn die hier üblicherweise genutzten Anwendungen sind deutlich stärker von den notwendigen Änderungen betroffen, beispielsweise Lösungen für virtuelle Maschinen. Schon ein Leistungsrückgang um 5 oder 10 % hat direkte Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit, wenn für die zuvor nutzbare Leistung weitere Hardware angeschafft werden muss oder schlicht weniger Kunden pro System bedient werden können.
Entsprechend groß dürften die Befürchtungen gewesen sein, als Mitte August die als L1 Terminal Fault oder schlicht Foreshadow bezeichnete nächste Lücke öffentlich gemacht wurde. Intel selbst dürfte sich dem bewusst gewesen sein. Das Unternehmen selbst kannte das Problem zu diesem Zeitpunkt seit Monaten davon und hatte bereits mit der Verteilung von Microcode-Updates zum Schließen der Lücke begonnen. Beschwichtigend sollten Benchmarks wirken, die die Auswirkungen des Updates auf die Leistung zeigen. In vielen Fälle soll es demnach keine Verluste geben, in einigen geringe und nur in wenigen Situationen größere.
Was zunächst unbeachtet blieb oder schlicht ignoriert wurde, waren Änderungen an den Lizenzbedingungen, die Intel zusammen mit dem Microcode-Update vornahm. Als erster machte der Debian-Entwickler Henrique Holschuh am 15. August darauf aufmerksam. Man habe neue Versionen inklusive Update bereits seit dem 8. August fertig, können diese aufgrund der neuen Bedingungen nicht verteilen, so seine Aussage im Debian-Forum. Denn seinem Verständnis zufolge würde die Verteilung von Packages über alternative Server und anderes die Bedingungen verletzen.
Laut The Register teilt man diese Ansicht nicht nur bei Debian. So habe man auch bei Gentoo das Problem erkannt, ist dort aber der Ansicht, dass man sich über eine dedizierte Zustimmung zu den Intel-Lizenzbedingungen durch den Nutzer vor dem Start des Downloads absichern könne. Andere wie SUSE oder Red Hat sehen in den Änderungen hingegen kein Problem. Das mag unter Umständen an einer Stellungnahme seitens Intel liegen. Gemäß Imad Sousou, Corporate Vice President und General Manager des Intel Open Source Technology Centers, würden die Lizenzbedingungen das Verteilen einer Distribution auf verschiedenen Wegen erlauben.
Auf ein mögliches anderes Problem geht das Unternehmen hingegen nicht ein: Das Veröffentlichen von einzelnen Benchmarkergebnissen oder Ergebnissen aus Vergleichstest. Wörtlich heißt es in den Lizenzbedingungen in Abschnitt 3:
„You will not, and will not allow any third party to (v) publish or provide any Software benchmark or comparison test results."
Dem Open-Source-Spezialsiten Bruce Perens zufolge wäre es somit nicht möglich, seinen Nutzern die Leistungsunterschiede zwischen der Distribution mit und ohne Microcode-Update aufzuzeigen. Folglich müssten ausgerechnet diejenigen, die jedes Prozent weniger Leistung wirtschaftlich treffen kann, auf Intels Angaben vertrauen oder aufwändige eigene Tests durchführen, deren Ergebnisse jedoch auch wieder nur intern genutzt werden können. Gegenüber The Register geht Perens noch weiter. Denn die Lizenzbedingungen könnten durchaus so verstanden werden, dass eine betroffene CPU für keinerlei Benchmark genutzt werden darf, wenn das Ergebnis veröffentlicht werden soll.
Auf Nachfrage hat Intel Deutschland bislang lediglich auf die Stellungnahme von Imad Sousou in Bezug auf die erlaubte Verteilung verwiesen.
Update:
Inzwischen hat sich Intel offiziell zu diesem Thema geäußert:
"We are updating the license now to address this and will have a new version available soon. As an active member of the open source community, we continue to welcome all feedback."
2. Update
Überraschend schnell hat Intel die Ankündigung des gestrigen Abends umgesetzt. Denn bereits jetzt steht eine überarbeitete Version der Lizenzbedingungen zur Verfügung, die nicht nur das Veröffentlichen von Benchmarks nicht mehr untersagt, sondern auch ganz klar das Verteilen von Distributionen über verschiedenste Kanäle erlaubt.
Intel wird die Lizenzbedingungen also noch einmal überarbeiten und stehe zum Open-Source-Ansatz, was auch eine freie Berichterstattung über ein Feedback in Form von Benchmarks einschließt.