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Eine - vor allem in Deutschland - wenig Beachtung findende Auseinandersetzung zwischen zwei IT-Schwergewichten könnte große Auswirkungen auf die Entwicklung sämtlicher Software haben. Denn nachdem ein US-Bezirksgericht vor knapp zwei Jahren Google Recht gab und dementsprechend keine Verletzung von Rechten Oracles an Java erkannte, hat das Bundesberufungsgericht in Washington D. C. dies in der vergangenen Woche nun genau andersherum entschieden.
Nach Auffassung von Richterin Kathleen O’Malley könne „ein Befehlssatz, der einem Computer das Ausführen gewünschter Operationen anordnet, Ausdrücke enthalten, die urheberrechtlich schützbar sein könnten“. Konkret bedeutet dies: Während Google für die Verwendung von Java in Android nichts bezahlen muss und Java selbst als nicht schützbar eingestuft wird, sieht es bei den integrierten Progrmmierschnittstellen (API) anders aus. Denn auf genau diese bezieht sich Oracle seit Beginn der Auseinandersetzung im Jahr 2010 und entsprechend hat es nun das Gericht bestätigt.
Trotz des jüngsten Urteils ist die Auseinandersetzung noch nicht beendet. Denn zum einen steht Google der Gang zum Obersten Gerichtshof offen, zum anderen muss das Bezirksgericht, dessen Urteil nun aufgehoben wurde, über die Höhe des Schadensersatzes entscheiden. Vor allem letzteres könnte dazu führen, dass Oracle lediglich einen Pyrrhussieg erringt. Denn nach Ansicht verschiedener Rechtsexperten sei es durchaus möglich, dass die entsprechende Jury die Verwendung der APIs als Fair Use einstuft. Damit wäre Oracle der geistige Eigentümer, dürfte für die Verwendung durch Dritte aber keine Gebühr verlangen.
Spätestens in dem Moment, in dem die Jury dem Kläger jedoch eine konkrete Summe zugesteht, dürften die Auswirkungen auf die Software-Welt immens sein. Denn mit diesem Urteil - vorausgesetzt, die weiteren Instanzen kommen nicht zu einer anderen Auffassung - würde ein deutliches Zeichen gesetzt werden. APIs gelten als ein wesentlicher Bestandteil moderner Programme, ohne die zahlreiche Funktionen, wie man sie heute kennt, gar nicht oder nicht mit deutlich höherem Aufwand realisierbar wären. Die Rechteinhaber könnten Drittentwicklern somit große Steine in den Weg legen, die frühzeitige Einbindung von Anwälten in die Arbeit von Programmierern wäre deutlich wichtiger als bislang. Dies, so Jura-Professor Eric Goldman, würde höhere Kosten und eine längere Entwicklungszeit bedeuten.
Google selbst zeigte sich von der Gerichtsentscheidung enttäuscht. Man habe sich dafür eingesetzt, dass Software lediglich patentierbar, aber nicht urheberrechtlich schützbar sei. Mit dem Urteil sei ein „schädlicher Präzedenzfall für Computerwissenschaften und Software-Entwicklung“ geschaffen worden. Ob man gegen das Urteil jedoch vorgehen werden, ist bislang unbekannt. Wenig verwunderlich vertritt Oracle eine konträre Auffassung. So sei das erstinstanzliche Urteil „verblüffend“ gewesen, schließlich wäre die Rechtslage eindeutig. Deshalb sei die jetzige Entscheidung ein Sieg für all diejenigen, die mit Hilfe des Urheberrechts Innovationen vorantreiben wollen.
Ob das Unternehmen so euphorisch bleibt, wenn die besagte Fair-Use-Regel verhängt wird, ist auszuschließen. Ursprünglich hatte Oracle etwa eine Milliarde US-Dollar von Google verlangt.