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Spotify durchsucht künftig Adressbücher und Fotoalben (Update)

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Spotify durchsucht künftig Adressbücher und Fotoalben (Update)
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Ob Spotify bereits in größerem Stil Kunden an jüngere Mitbewerber wie Tidal oder Apple Music verloren hat, ist nicht bekannt. Klar ist jedoch, dass es sich der schwedische Streaming-Anbieter mit der nun bekannt gewordenen Überarbeitung der Datenschutz- und Nutzungsbedingungen mit einigen der rund 75 Millionen Nutzern verscherzen könnte. Denn die neue Fassung, die bereits seit vorgestern gilt, aber nur sukzessive an die Hörer verteilt wird, räumt man sich deutlich tiefergreifende Rechte als bislang ein.

Als kritisch dürfen dabei vor allem die Punkt 3.3 und 3.4 der Bedingungen bezeichnet werden. Denn dort heißt es unter anderem, dass auf Mobilgeräten vorhandene Kontaktdaten, Fotos und Mediendaten ebenso erfasst werden dürfen wie auch Hinweise auf den jeweiligen Standort. Darüber hinaus verlangt Spotify Zugriff auf Informationen weiterer unter Umständen vorhandener Sensoren. Begründet werden diese Änderungen mit der Verbesserung des Angebots, zumindest auf den ersten Blick dürfte dies jedoch nur eingeschränkt stimmen.

Spotify schnüffelt im Adressbuch - wer dem widerspricht, kann den Dienst nur noch vier Wochen lang nutzen

Spotify schnüffelt im Adressbuch - wer dem widerspricht, kann den Dienst nur noch vier Wochen lang nutzen

So erscheint der Zugriff auf Bewegungssensoren durchaus plausibel. Denn Spotify bietet die Möglichkeit, Musik passend zum Tempo des Nutzers abzuspielen – beim Joggen Stücke mit schnellerem Rhythmus, beim normalen Gehen hingegen langsamere Titel. Inwiefern das Durchkämmen des Kontaktverzeichnisses oder der auf dem Smartphone gespeicherten Bilder für eine höhere Qualität des Dienstes sorgen soll, ist nicht offensichtlich. Besonders prekär: Zumindest einige Daten werden auch an Spotify weitergeleitet, darunter Teile der vorhandenen Kontakte. Dies geht aus einem Hinweis hervor: „Die lokale Gesetzgebung kann vorsehen, dass Sie die Zustimmung Ihrer Kontakte zur Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten an Spotify einholen.

Wie viele Informationen die Schweden an Werbepartner weiterreichen, bleibt unklar. Zwar verspricht der Dienst, dass die entsprechenden Daten anonymisiert würden, offen ist jedoch, warum dies auch Nutzer des Premium-Abos betrifft. Denn diese werden bislang nicht mit Werbung konfrontiert – anders als diejenigen, die auf das kostenlose Angebot zugreifen. Inwiefern die Versicherung, dass der Schutz von Kundendaten auch weiterhin die höchste Priorität genießen würde, für Beruhigung sorgt, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Wer die neuen Bedingungen nicht akzeptiert, kann Spotify nur noch vier Wochen lang nutzen. Der weitere Zugriff auf das Streaming-Angebot wird dann also nicht nur mit Geld oder Werbeunterbrechungen, sondern auch mit noch mehr persönlichen Daten erkauft.

Wer sich dennoch für eine Fortführung entscheidet, verfügt ab dem Zeitpunkt der Zustimmung über einen neuen Vertragspartner. Denn Bestandteil der neuen Bedingungen ist auch der Transfer des Vertrags von der deutschen Spotify-Tochter an die schwedische Mutter. Eine Begründung hierfür gibt es nicht.

Update: In einer Stellungnahme entschuldigt sich Spotify-Chef Daniel Ek für einige – aus seiner Sicht – missverständliche Formulierungen. Man hätte nicht die Absicht, ohne Zustimmung des Nutzers Kontaktverzeichnisse oder Fotoalben zu durchsuchen, auch der Zugriff auf Standorte hätte nicht heimlich geschehen sollen.

Laut Ek habe man in den neuen Datenschutzbestimmungen erkennbar darauf hingewiesen, dass man die Zustimmungen gerne hätte, diese aber nicht zwingend verlangt. Dem gegenüber steht jedoch die klare Aussage in Punkt 2 der deutschen Fassung, dass man mit dem Bejahen der neuen Bestimmungen mit „Erfassung, Nutzung, Weitergabe und Verarbeitung der Daten zu Ihrem Standort, einschließlich aller entsprechenden Interaktionen mit den Spotify-Diensten und anderen Spotify-Benutzern“ zustimmt. Immerhin: In den kommenden Wochen sollen einige Passagen erneut überarbeitet und leichter verständlich werden.

Mit Verspätung erklärt man nun aber auch, welche Absichten man mit einigen der Änderungen verfolgt. In Bezug auf Fotos sei geplant, diese für individuelle Cover von Playlists zu verwenden, die Positionsdaten sollen hingegen für Hinweise auf lokal beliebte Musik genutzt werden. Der Zugriff auf die Kontaktverzeichnisse solle zu guter Letzt dabei helfen, Freunde und Bekannte, die Spotify ebenfalls nutzen, leichter zu finden.

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