Hi,
Meiner Meinung nach ist die Entwicklung einer Backupstrategie keine einmalige Sache sondern ein laufender Prozess, der immer wieder auf die aktuellen Gegebenheiten anzupassen ist. Ich bin mir sogar sicher, dass es unmöglich ist, eine nicht mehr anzupassende Strategie für die nächsten 10 Jahren auszuarbeiten weil niemand weiß, wie sich die Technik bis dahin entwickelt.
Grundsätzlich ist Glacier nicht mein einziges Backup, sondern nur Teil der Gesamtstrategie. Ich sichere auch inhouse, auf ausgelagerte Wechseldatenträger usw. Um Blurays zu sichern, die ich im Falle eines Crashs neu rippen müsste, ist Glacier eher nicht das richtige
Keine laufenden Kosten bei o.g. Varianten ist aber einfach mal falsch.
- Festplatten: Auf keine Festplatte wirst Du Dich zehn Jahre verlassen (nicht mal wenn es bei SATA bleibt, was unwahrscheinlich ist). Wenn sie nur liegt ohne betrieben zu werden, erst recht nicht. Nehmen wir mal an, dass Du nur zwei Platten (je ca 100€) im Wechsel betreibst, die Du fünf Jahre nutzt. Sind etwa 40€ pro Jahr.
- Archivdisks: Schon mal geschaut was eine M-Disc Bluray kostet? Ich habe noch nie eine verwendet, aber meine erste Suche ergab mindestens 5€ für 25GB. Eher mehr. Sebst wenn ich davon ausgehe, dass Du die 50GB für einmalig 10€ auf M-Disc bekommst und monatlich inkrementell auf M-Disc DVD sicherst, bist Du mit mind 12x 2€ dabei. Wenn Du das Vollbackup jährlich wiederholst, bist Du Du also bei Jahreskosten von Minimum 30-40€. Laufwerke nicht eingerechnet, die sich die nächsten zehn Jahre sicher auch ändern werden.
- Tapes: Ohne hierbei die Kosten aufschlüsseln: Weder Laufwerke noch Bänder werden einem hinterhergetragen
Wenn Du laufende Kosten so definierst, dass Du heute ein Backup machst und das dann zwanzig Jahre unverändert in den Schrank sperrst, dann hast Du natürlich recht, dass die laufenden Kosten niedriger sind.
Gerade Daten, die ich langfristig speichern will, sind mir meist recht wichtig. Das prominenteste Beispiel im privaten Umfeld sind Familienfotos und -filme. Wenn bei mir der Blitz einschlägt, dadurch Server, NAS und die zufällig gerade angesteckte Backupplatte Schrott sind und dann die Platte im Schließfach zickt, ist das ziemlich ärgerlich.
Ich gehe bei meinem Backupkonzept davon aus, dass ich nie etwas von Glacier wiederherstellen muss. Insofern könnte man die laufenden Kosten als unnötig ansehen. Wenn es zum Fall der Fälle kommen wird, bin ich dennoch happy darüber. Alleine die Sicherheit, die mir das gibt, ist mir auch 10€ im Monat wert.
Wie gesagt: Onlinebackup ist nicht alles. Jede Art von Backup ist besser als kein Backup. Selbst die Ausfallsicherheit eines RAID 1 ist mehr wert, als die alleinige Ablage auf einer einzigen Platte. Wie weit man das ganze treibt, ist jedem selbst überlassen. Gibt sicher auch gute andere Alternativen und ich will niemanden zu irgendwas überreden, werde auch keine Provision von AWS bekommen.
Es jedoch so darzustellen, als wären alle anderen Alternativen deutlich günstiger und/oder zukunftssicherer, halte ich für schlichtweg falsch. Da lasse ich eher noch das ungute Gefühl gelten, dass man haben kann, wenn man private Daten in die Cloud lädt. Und ein Gefühl kann man auch nicht so leicht abstellen, selbst wenn man doppelt und dreifach verschlüsselt.
Bzgl. der Langfristigkeit der Strategie würde ich sogar soweit gehen, dass sie deutlich zukunftssicherer (im Sinne von weniger notwendigen Anpassungen) ist, als eigene Laufwerke usw. vorzuhalten. Wenn sich bei den Datenträgern deutlich was tut, ist es doch viel angenehmer nichts ändern zu müssen, keine neuen Laufwerke kaufen zu müssen, keinen Rechner vorhalten zu müssen, der die alten Medien noch verarbeiten kann. Das Glacier Layer hält Dich gänzlich von der zugrundeliegenden Technik fern.
Es kann natürlich sein, dass Amazon Glacier irgendwann abkündigt. Unwahrscheinlich (S3 gibt es seit über zehn Jahren, Glacier seit fast fünf Jahren), aber möglich. Dass es Knall-auf-Fall eingestellt wird (im Sinne von alle Server werden unangekündigt abgeschaltet) schließe ich aus, dafür ist AWS für Amazon mittlerweile ein viel zu großer Geschäftsbereich. Selbst dann hätte ich noch meine lokalen Daten und Backups. Und es wird eben neu bewertet und die Backupstrategie angepasst.
Viele Grüße
Martin
Edit: eben bemerkt, dass ich darauf nur indirekt eingegangen bin:
Was nützt einem die tolle Datensicherheit vom Anbieter wenn man am Ende doch selbst speichern muss.
Alleine auf ein Backupmedium würde ich mich bei wichtigen Dingen nie verlassen. Insofern muss ich ohnehin auch selbst speichern. Wenn unangekündigt komplett eingestellt würde und ich nur noch ein weiteres Backup hätte, dann würde tatsächlich der Schuh etwas drücken. Aber es ist wie gesagt unwahrscheinlich und dann kann ich auch kurzfristig zusätzliche Sicherungen erstellen.
Brennt Dein Haus ab, dann hast Du zwar erstmal andere Sorgen, aber nach einiger Zeit wirst Du dennoch auch die verlorenen Daten vermissen. Hast Du nun schon so weit gedacht, ein zusätzliches Backup bei einem Vertrauten oder in der Bank zu deponieren, dann hast Du die Daten zwar noch, stehst aber vor dem gleichen Problem.