@themk:
Tesla hat viele gute Idden, aber bzgl. der Implementierungsreife der Ideen kann man unterschiedlicher Meinung sein. Ich will Tesla nicht schlecht machen, die Ideen anzustoßen ist sicher richtig und wichtig....aber so einfach scheint es dann doch nicht zu sein, den klassischen Automobilmarkt zu "disrupten", den Mars zu kolonialisieren und (Solar-)Energieversorger zu werden - "von Null auf Hundert in Nullkommanix". Da kann man sich (und sein Geld und das anderer Leute) auch ruckzuck aufreiben:
Uber, Tesla, Waymo struggle to disrupt auto industry - Business Insider Deutschland
Durch dieses (Ertrags-)Tal hindurch noch lange durchzuhalten wird sicher schwierig, evtl. werden Teslas Vorarbeiten in dem ein oder anderen Punkt auch nicht von Tesla zur vollen Blüte gebracht werden (können).....
Naja, der Artikel bezieht sich ausschließlich darauf, dass der Head of Autopilot die Firma verlassen hat. Und dass dem Schreiber einfach alles nicht schnell genug geht. Das ändert für mich jetzt wenig am allgemeinen Ausblick bezüglich selbstfahrender Systeme.
Evtl. auch gar keine mehr, weil es die Firma dann nicht mehr gibt, denn mit ihren Autos konnte sie bisher keinen Gewinn erzielen.
Man muss unterscheiden zwischen dem Geld, das bei der Produktion eines Fahrzeugs verdient wird (Marge) und dem allgemeinen Profit der gesamten Firma.
Bei ersterem liegt Tesla gleichauf mit vielen anderen Unternehmen der Industrie. Verdient also durchaus gut Geld mit dem Verkauf eines Fahrzeuges. Der Profit aber ist negativ.
Wie kann Tesla also mit dem Verkauf eines Produktes Geld verdienen, aber insgesamt dennoch rote Zahlen schreiben?
Das liegt einerseits an der Unternehmensstruktur von Tesla (so ist etwa die Fabrik eigentlich auf 500.000 Autos ausgelegt, läuft aber gerade erst seit einem Jahr auf dem Niveau von 100.000). Andererseits ist Tesla eine Wachstumsfirma:
Wenn eine Firma stark expandiert, so schwächt das den Profit aufgrund der hohen Investitionen in zukünftige Produkte und Produktionsstätten. Darum machen Wachstumsfirmen (also meist junge Firmen mit rapidem Wachstum) oft über lange Zeit keinen Profit, haben aber dennoch eine positive Marge. Siehe dazu etwa die Geschichte von Amazon. Würdest du behaupten, Amazon sei heute nicht als erfolgreich anzusehen?
Ich will jetzt ganz bestimmt nicht böse sein.
Aber gerade in Deutschland scheint man aufgrund der Bedeutung uralter Unternehmen hierzulande leider vergessen zu haben, dass es Investitionen und kalkuliertes Risiko benötigt um eine neue Firma aufzubauen. Und dass dies gerade bei der Verfügbarkeit externen Kapitals auch über längere Zeit ohne Profite in den Büchern möglich ist, sondern durch die Aufnahme von Krediten und neuen Investoren. Solange die langfristige Kalkulation die Investoren überzeugt, wird auch Geld fließen. (kann natürlich von Finanzkrisen beeinflusst werden; siehe die Tesla Krise in ´08)
Dennoch, Teslas Konkurrenten haben die Möglichkeiten, in den EV-Markt zu drängen, und dabei Tesla u.U. erhebliche Schäden zuzufügen. Ich denke, dieses Potential ist nach wie vor vorhanden.
Auf der anderen Seite aber spricht auch neben der langfristigen Kalkulation der Großinvestoren hinter Tesla noch einiges dafür, dass es Tesla schaffen wird.
- so ist die aktuelle Fabrik auf 500.000+ KFZ / Jahr ausgelegt. Hat also noch einigen Raum nach oben.
- die Gerüchte um weitere Produktionsstätten, die Tesla derzeit angeblich plant, sprechen nicht gerade für eine Firma, die ums überleben kämpft.
- das Model 3 ist in technischer Hinsicht das bisher konservativste Modell von Tesla. Das verringert die Wahrscheinlichkeit von teuren Serienfehlern und Produktionsverschiebungen. (wie etwa bei den Flügeltüren des Model X)
- Tesla diversifiziert sein Geschäft. Wenn auch die ökonomische Bedeutung davon für Tesla noch abzuwarten ist.
- mag zwar nicht so leicht messbar sein. Aber generell verfügt Tesla über ein recht visionäres Management. Auch ist die Dynamik in der Firma noch eher prädestiniert für Veränderung. Ich würde sagen, einen Unternehmer, der gerade die globale Weltraumbranche über den Haufen wirft, sollte man nicht verachten.
Letztlich hängt viel des Erfolgs Teslas auch vom Erfolg des elektrischen Autos generell ab. Dazu gehört insbesondere einerseits die Gesundheits und Umweltproblematik, die in vielen Gesellschaften immer präsenter wird (siehe Diesel und allgemeiner Verbrenner-Fahrverbots-Gesetze). Andererseits hat das elektrische Auto mit hohen Produktionskosten und dadurch Anschaffungskosten zu kämpfen. Nach meinem aktuellen Verständnis können diesbezüglich vor allem 4 Faktoren in Zukunft eine positive Rolle spielen, was Tesla aber teils auch die gesamte Industrie betrifft:
- Produktion der Fahrzeug in Großserie (Model 3 usw.)
- Verfügbarkeit günstigerer Batterien (Gigafactory)
- Produktion in Ländern mit niedrigeren Löhnen (weitere Fabriken etwa in China)
- zunehmende Automation (etwa Ankauf der deutschen Automationsfirma)
- Transportdienste, insbesondere durch autonomes Fahren ermöglichte
Gerade letzterer Punkt bedarf einer Erklärung. Kurz gesagt. Bei der Nutzung von Fahrzeugen in Transportdiensten (also Transportation / Mobility as a Service model) verringert sich der Anteil an den Anschaffungskosten eines Fahrzeugs in Relation zu anderen Kosten, aufgrund der höheren Auslastung. Daher machen selbst höherpreisige Fahrzeuge in einem Transportdienst Sinn, sofern ihre Betriebskosten niedrig sind und oder die Kunden entsprechendes wünschen.
Meiner Einschätzung nach hat Tesla die Möglichkeit, sofern die Entwicklung von zuverlässigen, selbstfahrenden KFZ gelingt, die Branche stark umzuwerfen. Man sieht heute schon, dass viele das generelle Elektroauto-Design von Tesla kopieren. Auch beginnt die Branche das Modell, eigene Batteriefabriken zu errichten, zu kopieren. Ich glaube, dass Tesla noch ein paar weitere Innovationen in den Markt bringen kann, bei denen sich ein solches Muster wiederholen dürfte.