Renegat27
Experte
Einleitung
Ich hatte große Hoffnungen für den AI gestützten Konferenzlautsprecher AS311 von AVerMedia, leider wurde ich da in Teilen enttäuscht. Doch schön der Reihe nach.Vorneweg erst mal paar Infos zu mir: Ich bin beruflicher Fachinformatiker und daher von Berufswegen her täglich mehrere Stunden in Telefonkonferenzen. Außerdem beschäftige ich mich Hobbymäßig sehr viel mit HiFi, weshalb dieser Test eines Konferenzlautsprechers für mich ideal erschien. Leider stand mir diese Leidenschaft auch immer wieder im Weg, da ich mich regelmäßig daran erinnern musste, das ich einen Konferenzlautsprecher teste und kein HiFi Gerät.
Lieferumfang
Das Gerät kommt in einer Schlichten aber zweckmäßigen Verpackung. In dieser finden sich 3 Dinge (abgesehen von Schutzkartonage):- Der Lautsprecher an sich
- Ein USB-C Kabel, 2m
- Eine Schnellstartanleitung
Da das Gerät durch den Formformat und die Promobilder deutlich für den Mobilen Einsatz gedacht ist, hätte ich mich hier noch über ein kleines Etui oder eine Schutztasche gefreut. Ob die aber wirklich für die Langlebigkeit des Geräts notwendig ist, kann ich in dem kurzen Testzeitraum leider nicht sagen.
Übersicht
Der Lautsprecher an sich ist sehr stylisch gestaltet. Das Gehäuse ist aus Kunststoff und fühlt sich wertig an. Es knarzt nichts, wenn man es in die Hand nimmt. Die Spalten zwischen den einzelnen Bauteilen ist sehr klein, so dass sich dort kein Schmutz ansammeln sollte. Die Unterseite (ja, die komplette Unterseite, nicht bloß Standfüße) ist gummiert und sorgt dadurch für stand- und rutschsicherheit.Über den eigentlichen Soundtreiber ist Stoff gespannt, welches zusätzlich von einem darunter liegenden Kunststoffgitter verstärkt wird. Der Stoff an sich ist sehr Ähnlich zum Bespannungsstoff, der sich auch auf HiFi-Lautsprechern findet.
Neben dem Lautsprecher findet sich ein Kunststofffeld, in dem die Tastenfelder angeordnet sind. Bei diesen handelt es sich um Touchfelder. Im oberen Bereich des Feldes finden sich noch 5 LEDs, die entweder blau oder rot leuchten. Sie dienen zum Anzeigen der Funktionen und des aktuellen Lautstärkelevels. Der AI Button ist noch von hinten beleuchtet, falls das Feature gerade genutzt wird. Alles in allem – sehr stylisch.
Auf der Rückseite findet sich noch ein USB-C Port zum Anschluss. Auch schön zu sehen, das hier nicht auf Micro-USB gesetzt wurde.
Einrichtung
Die Einrichtung des Gerätes funktioniert so reibungslos, wie man es sich wünschen kann. Einfach über das USB Kabel mit dem PC verbinden. Fertig. Keinen Treiber installieren oder sonst was. Sehr komfortabel. Mehr gibts hier wirklich nichts so sagen. Out of the box in seiner reinstform.Funktionsumfang
Das Gerät kommt mit 5 Tasten, welche teilweise eine Mehrfachbelegung aufweisen. Bei den Lauter und Leiser Tasten führt ein längeres Tippen dazu, das das Gerät entweder den Ton abschaltet oder auf maximale Lautstärke springt. Weiterhin ist eine Taste für das Abschalten des Mikrofons dabei, sowie eine zum aktivieren und deaktivieren der AI Funktion. Als letztes haben wir noch den Hotkey, zum öffnen des Browsers… ja richtig, das AS311 hat eine Taste zum öffnen des Browsers. Ich frage mich hier: „Warum?“. Wäre es eine programmierbare Taste (falls es eine ist, haben sie die Infos darüber sehr gut versteckt, weder Handbuch noch Webseite listen das auf) hier nicht geschickter? Insbesondere wenn meiner Meinung nach wichtige Funktionen fehlen. So ist zum Beispiel ein Abnehmen von Anrufen oder Auflegen über den Lautsprecher nicht möglich.Erinnert ihr euch noch an die 5 LEDs, die für die Lautstärkenanzeige herhalten? Genauso viele Lautstärkestufen gibt es bei der Nutzung der verbauten Tasten. 5. Ich kann verstehen, dass man nicht dutzende LEDs für die Lautstärkenindikation verbauen will, aber deswegen muss ich nicht gleich auch die Lautstärkestufen auf dieselbe Anzahl beschränken. Hier hätte man beispielsweise zusätzliche Zwischenstufen einfügen können, bei der die nächste LED nicht (oder zumindest nicht mit voller Intensität) leuchtet. Schön gelöst finde ich, dass alle LEDs rot leuchten, wenn das Mikrofon abgeschaltet ist.
Zur Konnektivität: So sehr ich auch den Anschluss über USB-C lobe, vermisse ich die Möglichkeit, das Gerät über Bluetooth oder eine andere Drahtlostechnologie anzubinden. Das wird insbesondere dann lästig, wenn die neuen Ultrabooks schon gar kein Full Size USB Port mitbringen. Und einen Adapter zusätzlich zum Laptop zum Meeting zu schleppen (sofern man es nicht mal wieder vergessen hat) ist alles andere als Praktisch. Um mal von Meetings übers Handy nicht zu reden.
Bei der Integration mit Skype und Teams gibt es keine Probleme. Die Funktionen (Mikrofon stumm schalten) synchronisieren zuverlässig. Bei Zoom präsentiert sich das Bild genauso. Lediglich bei Discord und Teamspeak lässt sich ein unterschied festmachen: Die Synchronisation des Mikrofonbuttons funktioniert nicht und die Sprachqualität ist merklich schlechter (das automatische Ändern des Default Geräts funktioniert hier aber trotzdem). Der Fairness halber muss man aber auch dazu sagen, dass der Hersteller diese Plattformen nicht für dieses Produkt bewirbt und das sie auch eher nicht im Professionellen Berufsumfeld üblich sind.
Soundqualität
Der Teil war für mich schwer, weil ich mich immer daran erinnern musste „Das ist ein Konferenzlautsprecher“ damit ich nicht die Maßstäbe wie für einen allgemeinen Soundtest anlege. Klar könnte ich hier jetzt die Musikqualität vergleichen, aber das ist weder die Stärke noch der angedachte Einsatzzweck des Lautsprechers. Belassen wir es bei „man kann es machen, ist aber nicht zu empfehlen“.Lautsprecher
Der Lautsprecher ist so ziemlich die wichtigste Funktion eines Konferenzlautsprechers, die man selbst als Besitzer mitbekommt. Daher sollte die Qualität entsprechend gut sein. Um euch einen ungefähren Eindruck vom Klangerlebnis vermitteln zu können, habe ich es mit unterschiedlichen Lautsprechern verglichen. Dazu habe ich einerseits die Lautsprecher für eine gewisse Zeit in Calls genutzt. Ergänzend dazu habe ich noch ein Hörbuch als standardisierte Soundquelle herangezogen. Die Evaluation erfolgte aber auf dem rein subjektiven hörempfinden.Vergleichsgeräte:
- Jabra Evolve 75 (Kopfhörer)
- Google Home Mini (ungefähr gleiche Größe)
- JBL GO 2 (ungefähr gleiche Größe)
- Integrierte Laptoplautsprecher
- Jabra Speak 510+ (Konferenzlautsprecher, 95€)
Beim Vergleich mit dem Jabra Evolve kann der AS311 klanglich aber nicht mithalten, allerdings ist der Vergleich mit (teureren) Kopfhörern an der Stelle nur bedingt fair.
Mikrofon
Das ist die 2. Hälfte der Technik, die für einen Konferenzlautsprecher entscheidend ist, auch wenn man als Besitzer selten die Vorzüge oder Nachteile davon erleben kann. Wie auch beim Lautsprechertest habe ich das Gerät gegen mehrere Vergleichsgeräte antreten lassen.Die Kontrahenten:
- Jabra Speak 510+
- Integriertes Laptop Mikrofon
- Jabra Evolve 75
Ich habe das Gerät jeweils für einen Anruf genutzt und mir anschließend den Mitschnitt zur anschließenden Evaluierung zuschicken lassen. Zusätzlich wurde als Handycap für die Geräte eine Geräuschquelle (Staubsauger & Musik) im Hintergrund platziert. Besagte Evaluierung bestand darin, dass ich mir die Mitschnitte über meine Anlage zu Gemüte geführt habe und anschließend anhand einer Punktematrix (nachfolgend tabellarisch) bewertet.
Schreibtisch | Schreibtisch + Störgeräusche | 3m Entfernung | 3m Entfernung + Störgeräusche | |
AS311 (mit KI Unterstützung) | Sehr gut verständlich | Gut verständlich | Gut verständlich | Verständlich* |
AS311 (ohne KI Unterstützung) | Gut verständlich | Sehr schwer verständlich | Verständlich | Verständlich |
Jabra Speak 510+ | Gut verständlich | Sehr schwer verständlich | Verständlich | Unverständlich |
Integriertes Laptop Mikrofon | Verständlich | Unverständlich | Unverständlich | Unverständlich |
Jabra Evolve 75 | Klar | Klar | Klar | Klar |
Hier kann das AS311 mit KI Unterstützung glänzen. Klar, die Aufnahmequalität kommt nicht an ein Großmembranmikrofon ran, aber das kann man meiner Meinung auch von einem Konferenzlautsprecher auch nicht erwarten. Das Gerät liefert zuverlässig ein klares und verständliches Sprachbild, bei dem aber leider etwas die Tiefen und Höhen abhanden kommen. Ohne KI Unterstützung erschien mir der Klangeindruck minimal Dynamischer, jedoch auf kosten eines Rauschens. Mein Tipp an der Stelle: einfach KI an lassen. Die Rauschunterdrückung ist für die Verständlichkeit deutlich wichtiger.
Die KI Geräuschunterdrückung hat mich allgemein ziemlich beeindruckt. So war ich in der Lage, aus etwas über 3 Metern Entfernung während des Staubsaugens ein Gespräch zu führen (wobei hier eher dem Lautsprecher die Puste ausgegangen ist), ohne das die Verständlichkeit an meinem Ende signifikant abgenommen hat. Abgesehen von der Geräuschunterdrückung ist die Reichweite des Mikros beachtlich. Der Hersteller bewirbt mit einer Sprachentfernung von 3 Metern das AS311, ich konnte unter einigermaßen ruhigen Bedingungen ein Gespräch durch die Wohnung (Durch 2 Türen, um eine 90° Kurve, Lauflinie etwa 8m) führen. Wer gerne etwas Dynamischer seine Meetings führt (oder sich mitten im Meeting einen Kaffee holt 😉 ) kommt hier voll auf seine Kosten. Meiner Meinung nach ist das Mikrofon die große Stärke des AS311.
Fazit
Alles in Allem ist es ein durchaus attraktiver Konferenzlautsprecher mit einem Preis von ~140€, der aber auch seine Schwächen hat. Die Stärken des Systems liegen ganz klar beim Mikrofon und da insbesondere bei der Reichweite und der Geräuschunterdrückung. Wer in einem etwas lauteren Umfeld arbeiten muss, findet kaum eine bessere Konferenzlautsprecher-Lösung. Die KI gestützte Geräuschunterdrückung leistet hier einen wirklich guten Job. Ein weiteres Plus für das Gerät ist die Optik, die der Konkurrenz ebenfalls deutlich überlegen ist.Die größte Schwäche des AS311 ist die Existenz des Jabra Speak 510+ MS. Dieser Lautsprecher ist nicht nur mit ~95€ ein gutes Stück günstiger als der AS311, er ist auch noch komfortabler in der Bedienung (Anruf annehmen und auflegen Buttons) und lässt sich sogar auf Wunsch auch Kabellos anbinden. Dafür liefert er keine so gute Geräuschunterdrückung.
Für Wen kann ich das AS311 jetzt empfehlen:
- Alle mit lauten Hintergrundgeräuschen (Straße, Lüfter etc.)
- Alle, die das UFO Design von Jabra nicht mögen
- Alle mit Bedarf nach großer Reichweite des Mikrofons
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Zum Schluss noch eine Beobachtung, die ich während des Tests gemacht habe, die aber keinen Einfluss genommen hat. Erwähnen will ich sie hier trotzdem, eventuell kann das jemand aus der Kommunity verifizieren:
In Kombination mit meinem Lenovo T460S führte der Konferenzlautsprecher dazu, das der Laptop am POST Schritt gescheitert ist. Unabhängig vom USB Port direkt am Laptop oder der Docking Station oder ob das Netzteil angeschlossen war (vergleichbare Probleme konnte ich mit keinem anderen Peripheriegerät nachstellen). Wenn der Lautsprecher aber nach dem POST angeschlossen wurde, funktionierte alles ohne Probleme. An anderen Geräten (getestet mit einem HP und einem ASUS) treten die POST Probleme nicht auf. Kabelaustausch hat ebenfalls keine Änderung herbeigeführt.
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