Im Marxismus sieht Hitler also das Anti-Nationale, ja, das Anti-Menschliche schlechthin. Wer aber, fragt er sich, denkt sich so etwas wie den Marxismus aus? Wer hat ein Interesse daran, die Nationen zu zerstören und die Menschen gleich und damit klein zu machen? Hitler glaubt, zur Ursache des Übels durchgestoßen zu sein, als er "entdeckt", dass die Führer der marxistischen Sozialdemokratie Juden sind. Nimmt man die jüdischen Theoretiker des Sozialismus sowie die jüdischen Aktivisten der Münchener Räterepublik und der bolschewistischen Regierung noch dazu, lässt sich daraus, wenn man so Ressentiment-geladen ist wie Hitler, eine umfassende Verschwörungstheorie konstruieren.
Dieser Theorie zufolge gibt es eine vollständige Übereinstimmung zwischen den jüdischen Interessen und der marxistischen Ideologie. Die Juden – hierin folgt Hitler den zu seiner Zeit verbreiteten Stereotypen – seien ein Volk mit zähem Überlebenswillen. Daran hätten auch zweitausend Jahre des Lebens in der Diaspora nichts ändern können. Sie würden sich als Religionsgemeinschaft tarnen, seien aber tatsächlich eine völkische Gemeinschaft. Ihre Religion kenne keine Transzendenz und sei nur auf irdischen Besitz ausgerichtet. Da die Juden zu materialistisch und zu egoistisch seien, um sich einen eigenen Staat zu erkämpfen, schlichen sie sich in andere Völker ein, um diese auszubeuten und von innen her zu zersetzen. Für Hitler sind die Juden untereinander einig, spalten aber ihre Gastvölker. Sie wollten herrschen, aber nicht dafür kämpfen. Deshalb bleibe ihnen nur, die, die stark sind, zu schwächen. Dazu bedienten sie sich zweier erprobter Mittel: Geist und Geld.
Hier erreicht Hitlers Verschwörungstheorie nun ihren Höhepunkt: Mit ihrer Geldmacht brächten die Juden die entscheidenden Kräfte einer Gesellschaft in ihre Abhängigkeit. Außerdem beförderten sie z. B. mit dem Kapitalismus die Lust am Wohlleben, weil sie wüssten, dass sie ihre Gegner damit kampfes- und wehruntauglich machen. Ihre noch gefährlichere Waffe sei aber ihre zersetzende Intellektualität. So erfänden sie Ideologien, die den Kampf als etwas moralisch zu Ächtendes darstellen: den Liberalismus, der an die Stelle des Kampfes den wirtschaftlichen Wettbewerb setzt, den Internationalismus, der die Völkerverständigung predigt, den Pazifismus, der den Krieg ganz aus der Welt schaffen will. Ihre geschichtlich letzte und gefährlichste Waffe aber sei der Marxismus. Mit ihm setzten sie zum Sprung auf die Weltherrschaft an – mit dem Versprechen einer weltweiten Menschengemeinschaft, die keine Unterschiede und keine Herrschaft mehr kennt und in der aller Kampf ein Ende hat. Tatsächlich ginge es ihnen aber nur darum, die anderen Völker zu nivellieren, um aus ihnen eine Sklavenherde zu machen. Dann könnten sie, ohne selbst kämpfen zu müssen, die Macht ergreifen und damit jener biblischen Verheißung Genüge tun, die ihnen, dem auserwählten Volk, die Erde versprochen hat.