nochmal aus meinem Link oben !
Durch Ein-Euro-Jobs werden die Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angegriffen. Öffentliche und private Arbeitgeber könnten sich weiter aus ihrer Verantwortung zur Schaffung von regulären Arbeitsplätzen zurückziehen. Sie tragen so dazu bei, dass sich der Stellenabbau beschleunigt. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, indem eine bewusst erzeugte Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte forciert wird. Durch Hinweis auf die leeren Kassen wird eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz erreicht, notwendige Arbeiten durch Ein-Euro-Jobs erledigen zu können.
Die Billigjobs werden massiv als Ersatz für zuvor gestrichene Stellen im öffentlichen Dienst missbraucht. Insbesondere in Schulen und Kindertagesstätten kommen 1-Euro-Jobber zum Einsatz. Es gibt immer mehr Fälle, in denen einst zusätzliche Angebote wie Arbeitsgemeinschaften in den Horten wegen leerer Kassen zunächst gestrichen und wenig später auf 1-Euro-Basis - teilweise von den selben Personen - fortgeführt werden. Nach Angaben des ver.di-Erwerbslosenforums sind allein im Bezirk Berlin-Neukölln 600 Erwerbslose an 70 Schulen eingesetzt. In jeder Schule arbeiten so 8 bis 9 Ein-Euro-Jobber, die auch schon mal erkrankte Lehrer vertreten. Im Bezirk Mitte sind seit Anfang 2006 175 Ein-Euro-Jobs an Schulen und 207 an Kitas bekannt. Die Stellenbeschreibungen durch die Bezirksämter zeigen klar, dass die Arbeitlosen im Hausmeisterbereich, im Sekretariat, in der Computeradministration und im pädagogischen Bereich tätig werden - für lau. Die zuvor regulär Beschäftigten werden zumeist nicht direkt entlassen, als vielmehr in den sogenannten Stellenpool des Landes, früher weniger schick „Überhang” genannt, verfrachtet. Die Zahl der dort geparkten Leute ist von Mai 2004 bis Februar 2006 von 300 auf 4600 angewachsen. Sowohl die öffentliche Hand als auch die Wohlfahrtskonzerne suchen sich zumeist Leute mittlerer bis hoher Qualifikation aus, deren abgeschlossene Ausbildung zu den „eingerichteten” Stellen paßt. Es gibt dabei auch keine Regularien, die eine Besetzung der Stellen dem ursprünglichen Zweck entsprechend regeln, vor allem eine Chance für Geringqualifizierte zu sein. Reguläre Stellen werden überall mit Erwerbslosen ausgetauscht. Zum Beispiel im Kulturbereich: Im Berliner Theater an der Parkaue sind, einem Bericht des Tagesspiegels zufolge, von ehemals 175 noch 91 feste Mitarbeiter übrig. Ein-Euro-Jobber arbeiten in der Bühnentechnik, in der Garderobe und machen seit Jahren die Renovierungsarbeiten dort.
Ebenfalls werden Ein-Euro-Jobber nicht nur in gemeinnützigen Organisationen und privaten Bildungsträgern eingesetzt, sondern auch z.B. am Frankfurter Flughafen (Fraport AG) als Sicherheitskräfte.
Qualifizierte Beschäftigte werden verdrängt (z.B. in der Pflege oder in Kindertagesstätten) und faktisch ein Niedriglohnsektor in verschiedenen Bereichen eingeführt, da es sich i.d.R. nicht um zusätzliche oder ergänzende Aufgabenfelder handelt. Somit führt der Einsatz von Ein-Euro-Jobs zu einer Beschleunigung des Stellenabbaus. Darunter leidet die Qualität in den Einrichtungen. Die verbleibenden Mitarbeiter haben zunehmend Angst um ihren Arbeitsplatz. Sie leisten Mehrarbeit, und verhindern so Neueinstellungen und schädigen ihre familiären und sozialen Beziehungen. Sie verzichten auf Genesungszeit bei Krankheit, und schädigen so ihre Gesundheit und belasten langfristig das Gesundheitssystem. Gesamtgesellschaftlich wird dadurch eine angstgetriebene Hoffnungslosigkeit erzeugt, die sich schädigend auf die Wirtschaft auswirkt (Energie, Kreativität, Leistungsbereitschaft, Kaufkraft) und das Sozialgefüge stört (Trennung von Bevölkerungsschichten).
Arbeitsgelegenheiten tragen dazu bei, dass die Statistik der Bundesagentur doppelt „geschönt” wird. Denn 1-EURO-Jobber gelten, gemäß § 16 II SGB III, nicht als arbeitslos. Gleichzeitig gelten die „Arbeitsgelegenheiten” als offene Stellen. In Berlin sind laut ver.di-Erwerbslosenforum im Jahr 2006 18.100 von 24.300 ausgewiesenen offenen Stellen Ein-Euro-Jobs.
Kritisch ist auch, dass die den Ein-Euro-Jobs zugrunde liegende rechtliche Regelung des § 16 (III) SGB II kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts beinhaltet und insoweit verfassungsrechtlich bedenklich ist, als „damit viele hunderttausend Menschen in einen Zustand der Rechtlosigkeit oder Rechtsunklarheit versetzen werden” (Zitat aus Prof. Dr. Günther Stahlmann, 1-Euro-Jobs aus rechtlicher Sicht).
Daß 1-Euro-Jobs gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verstoßen, ist eine immer wieder vorgebrachte Kritik, die allerdings nur von einer Minderheit unterstützt wird. Dieses besagt, laut Artikel 12, eindeutig:
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig. Die herrschende Rechtssprechung geht davon aus, daß auch die Sanktonierung (Geldkürzungen bei Verweigerung) keinen Zwang zur Arbeit im Sinne des Grundgesetzes bedeutet (BverwGE 11, 252; 12, 129, 132). Auch die herrschende Literatur folgt dieser Auffassung (s. a. Brühl/Hofmann, Grundischerung für Arbeitsuchende, Frankfurt/Main, 2004, Selbstverlag; Stahlmann [Hg.] Recht und Praxis der Ein-Euro-Jobs, Hofmann 2006) Ein Arbeitszwang ist nur dann gegeben, wenn direkte, physische Gewalt eingesetzt wird. Das ist hier nicht der Fall.
Handwerkspräsident Otto Kentzler hat die starke Zunahme der Ein-Euro-Jobs in Deutschland heftig kritisiert. «Bei den Ein-Euro-Jobs brechen alle Dämme». Ihre Zahl sei 2005 auf weit über 200.000 gestiegen, die Bundesregierung peile sogar 600.000 an, so Kentzler. Die Kommunen setzten die Arbeitslosen oft dort ein, wo sie bis vor kurzem noch Handwerksfirmen beauftragt hätten. Somit verdrängten die Jobber die regulär Beschäftigten, die dann auch in der Arbeitslosigkeit landeten.
Kritisiert wird auch, dass Menschen durch die Regelungen zu Ein-Euro-Jobs in Verbindung mit den verschärften Bedingungen des Arbeitslosengeld II mit staatlicher Hilfe in prekäre Arbeitsverhältnisse gezwungen werden. Dabei werden bisweilen Parallelen zum Reichsarbeitsdienst im Nationalsozialismus gezogen.
Die faktische Rechtlosigkeit zeigt sich auch darin, dass im Fall einer Krankheit Menschen mit Ein-Euro-Job ihre Arbeit praktisch sofort verlieren, da sie nicht als Arbeit betrachtet wird.