Ein Mysterium ist es Musks Investmenthistorie nun nicht, alles ziemlich gut dokumentiert, die Deals sind ja weitgehend öffentlich: Musk Familie war nicht stinkreich aber relativ wohlhabend. Sein Vater hat ein paar tausend Dollar für sein erstes Startup Zip2 gegeben, aber es hatte vorwiegend externe Investoren. Dieses wurde an Compaq verkauft und mit dem Erlös konnte er dann X.com gründen, was mit dem späteren Paypal fusioniert wurde. Das Geld aus Verkauf der Anteile daran floss dann in die Gründung von SpaceX und die Kontrollübernahme beim damaligen Startup Tesla.
Dieses Gerede von "ist doch eigentlich ein Blender" ist halt das übliche kurzsichtige Bashing, das gerne gebracht wird, wenn man nicht verstanden hat, wo die herausragende Leistung wirklich liegt. Tatsächlich hat SpaceX oder Tesla von den verwendeten Materialen oder Techniken nur wenig neuartiges am Start. Das ist ja nebenbei gesagt sogar das abgrundtief perverse an dem Ganzen: Wir hätten schon seit Jahrzehnten alle Elektroautos fahren können, wir hätten schon in den 80ern, spätestens in den 90ern auf dem Mars sein können. Wenn man denn bloß die richtigen Leute gehabt hätte, die das damals durchgedrückt hätten, anstatt Kosten und Risiken zu scheuen.
Es geht bei "Genies" bei weitem nicht immer nur darum Dinge zu "erfinden", das hat auch ein Steve Jobs o.ä. nie. Das waren und sind Integratoren, die überwiegend bereits vorhandene Möglichkeiten zu einem Produkt zusammengeführt haben, für das alle anderen entweder zu blöd oder zu ängstlich waren. Das ist der Knackpunkt. Wenn man etwas Revolutionäres schaffen will, kommt es darauf an den richtigen Weg (voraus) zu sehen, die Dinge in die richtigen Bahnen zu lenken, die richtigen Leute zu überzeugen und zusammenzubringen, die Idee auch gegen enorme Widerstände durchzuboxen, auch mal krasse Risiken einzugehen und sein Unternehmen aufs Spiel zu setzen. Das können eben die allermeisten Leute nicht. Es braucht so herausstechende Menschen die Dinge einfach anpacken und möglich machen und nicht die typischen deutschen Laberköpfe und Bedenkträger.
Natürlich hat Musk nicht am CAD gesessen und Raketentanks und Karosserien konstruiert, das behauptet niemand. Aber er hat die Ideen entwickelt, wie es richtig umgesetzt werden muss. E-Autos waren vor Musk mit seinem Tesla Konzept ein Witz. Was haben die Dinosaurier der alten Autoindustrie noch gelacht, heute will plötzlich jeder wie Tesla sein. Bei SpaceX das gleiche. Für sein Hauptprojekt selbstlandender Raketen ist er gnadenlos ausgelacht worden, nicht nur von den Offiziellen der großen Raumfahrtunternehmen, sogar auch von manchen Wissenschaftlern. Heute ist SpaceX weltweit führender Launch Provider und es lacht niemand mehr, die arroganten Arianespace und Roskosmos sind komplett vorgeführt worden, die neue Ariane 6 ist als Wegwerfrakete schon veraltet wenn sie auf den Markt kommt und die Russen holen quasi nur noch geopolitische Aufträge rein. Und die lächerliche neue NASA Rakete kostet, wenn sie denn überhaupt mal fliegt, völlig wahnwitzige 4 Milliarden Dollar pro Start und liegt danach ebenso als rostender Schrott im Meer. Was vor 10 Jahren noch irgendwie normal gewesen wäre, heute wirkt das nur dank SpaceX wie absurde Steinzeit. Tatsache ist, SpaceX' Entwicklungsprogramm ist wegen Musks Ideen heute unser bestes Pferd für die bemannte Erkundung des Weltalls. Wenn das nicht beeindruckend ist, dann weiß ich auch nicht.
Ob bei dem Typen ein paar Muttern nicht ganz feste sitzen, er Republikaner wählt und zu viel Scheiße auf Twitter postet wenn er mal seine Tage hat, ist mir da grad mal komplett lax. Ich mag seine Art zu denken und seine Zukunftsgerichtetheit. Ich bin so genervt von dem geläufigen Mindset hier in Europa. Wir machen seit Jahren nichts anderes als Durchwurschtelei, uns von Krise zu Krise zu hangeln, Angst vor der Zukunft zu haben und den Verfall an Technologieführerschaft, Bedeutung und wirtschaftlicher wie gesellschaftlicher Stabilität zu verwalten. Das geht mir dermaßen auf den Sack. Es gibt hier im Wesentlichen eine große Gruppe von Leuten, die versucht die Einschläge zu ignorieren und im "Weiter so" und "Pflaster draufkleben" Modus unterwegs ist bis es nicht mehr geht. Und dann gibt es die Leute, die eine Art austeritären Ökosozialismus einführen wollen und glauben, es wird schon irgendwie gut werden und vorübergehen, wenn wir uns nur ausreichend zurückentwickeln und genug Errungenschaften und Luxus aufgeben. Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde. Wir müssen an einer lebenswerten Zukunft arbeiten, mit unserem Erfindungsreichtum und technischem Fortschritt. Und wir müssen jetzt schon anfangen an dem Fortbestehen der menschlichen Zivilisation über die nächsten 100 Jahre hinaus zu arbeiten und ich kann mir nicht vorstellen, wie das allein mit der Erde möglich sein soll. Insofern bin ich doch sehr froh, dass Leute wie Musk noch Erfolg haben und ich mich nicht auf die Lebensleistungen von Twittermeinungspolizisten und Internetmoralaposteln verlassen muss.
Sorry für den rant das musste gerade mal raus.