Hallo zusammen,
Ich hatte meine Wasserkühlung seit 10 Jahre mit Dest Wasser + Glysantin G48 1:10-1:20 betrieben. Ich war zu faul, die Flüssigkeit auszutauschen, nur alle paar Jahre mal bei einem größeren Komponentenwechsel. Dabei ist immer irgendein anderes Problem aufgetreten:
- Metallsiebe als Filter im Kreislauf waren verstopft (wahrscheinlich Farbpartikel)
- Nickelbeschichtung vom GPU-Kühler war korrodiert (wo Wasserkontakt)
- Mikroorganismen sind gewachsen (weiße schlierige Ablagerungen)
Also habe ich viel recherchiert und studiert, was die optimale Kühlflüssigkeit sein könnte...
Ein Ausblick: Aquacomputer Double Protrct Ultra scheint ziemlich gescheit zu sein, ich wollte aber herausfinden wie man die optimale Lösung selbstbraut.
Einige wichtige Ergebnisse will ich hier für die Allgemeinheit zusammentragen:
1. PC-Kühlungen unterscheiden sich von Autos ganz wesentlich in der Betriebstemperatur:
A) ein PC braucht keinen Frostschutz
B) die Temperaturen im PC-Kreislauf sind zu niedrig um Bakterien/Algen abzutöten. (im Auto: 90°C Betriebstemperatur).
2. Glykol wirkt erst ab 20% Konzentration toxisch auf Mikroorganismen. Bei weniger als 20 % Glykol (G48 Konzentrat) hat man evtl. sogar ein Nährmedium geschaffen und ein Problem, wenn der Kreislauf kontaminiert war. Deshalb enthält AC Double Protect Ultra auch ca. 25% Glykol. Trotz (oder sogar begünstigt durch?) 10% Glykol (1:9 G48:Wasser) hatte ich einen total verschmodderten Kreislauf in nur 6 Monaten.
3. Korrosionsschutz ist bei Unterdosierung von G48 auch nicht sicher. Ich nutzte eine Silbersäule im AGB mit 1:20 G48 und das Nickel von meinem AC-Kühler wurde wegkorrodiert. Der Hersteller empfiehlt für Autos 1:1-2 G48, entsprechend ist der Korrosionsschutz auch dosiert.
4. Silber (auch sog. Kill Coils) töten zwar Bakterien, korrodieren aber auch Nickel. Hier muss man aufpassen. Es gibt zig verschiedene Nickellegierungen. Die eine kann es zerreißen, die andere resistent sein. Mit keinem/wenig Korrosionsschutz empfehle ich kein Silber ins System zu bringen, wenn Nickel vorhanden ist. Davor warnte ja auch EKWB vor vielen Jahren - chemisch plausibel.
5. Glykol (genauer: Ethylenglykol, daraus besteht Glysantin) ist schlechter als Wasser für die Kühlung: Höhere Viskosität ("zähflüssiger" > weniger Durchfluss), geringere Wärmekapazitat (schneller erwärmt).
6. Glysantin ist basisch. Das verlangsamt auch die Korrosion. Je verdünnter, desto weniger basisch ist es, und damit hat man auch weniger Korrosionsschutz.
7. Ich befürchte, Farbpartikel durch gefärbte Lösungen setzen sich auf Dauer immer irgendwo ab (Filter, Schläuche etc.) Ich bin gespannt, wie man dem vorbeugen kann, erforsche ich noch. Leider gibt es Glysantin nicht ohne Farbe.
Zur Theorie, welches Kühlmedium das beste ist für den wartungsfreien Langzeitbetrieb:
Reines (destilliertes) Wasser:
- beste Kühleigenschaften
- kein Korrosionsschutz
- kein biologischer Schutz
Glysantin (egal welche Variante, diese Unterscheiden sich nur in der Korrosionsschutzchemie):
- schlechtere Kühleigenschaften
- guter Korrosionsschutz (in hoher Konzentration)
- biologischer Schutz (ab 20%)
Wenn man nun im Kreislauf nur Nickel und Kupfer als Metalle hat (einfach nie Alu einsetzen), braucht es wohl kaum einen starken Korrosionsschutz, da diese Metalle wenig miteinander reagieren. Aber sie tun es, daher würde ich nicht ganz darauf verzichten.
Wie sieht die optimale Lösung also aus?
- möglichst hoher Wasseranteil
- adäquater Korrosionsschutz
- adäquater biologischer Schutz
Möglichst hoher Wasseranteil:
Bei 20 % Glykol in Wasser nimmt die Viskosität nur so nur um 5-10% zu und die Wärmekapazität auch nur um 5-10% ab. D.h. der "Performanceverlust" hält sich echt in Grenzen.
Korrosionsschutz:
- benötigt Korrosionsinhibitoren
- und eine basische Pufferlösung für diese
- lässt sich selbst quasi nicht herstellen
- d.h. Man muss hierfür Fertigmischungen oder eben Glysantin nehmen
Biologischer Schutz:
- wahrscheinlich reicht >20 % Glykol schon aus
- Kupfersulfat (früher als PT Nuke verkauft) ist ein starkes Biozid, benötigt aber eine saure Umgebung und arbeitet daher nicht mit Korrosionsinhibitoren. Ich habe es probiert: Kupfersulfat ist in basischen Lösungen wie Glysantin nicht löslich. Und ohne Korrosionsinhibitoren greift es Nickel an (und löst Aluminium auf).
- Silber im Kreislauf (zB Silver Kill Coil im AGB) korrodiert Nickel, daher nur bei sehr gutem Korrosionsschutz zu nutzen.
- Benzalkoniumchlorid und Didecyldiammoniumchlorid (DDAC) wirken desinfizierend und können wahrscheinlich problemlos als Zusatz betrieben werden. ZB in Hygienespüler für die Wäsche sind sie enthalten.
Zusammenfassend:
Ich empfehle Glysantin 1:4 (d.h. 20 % Glysantin, 80% destilliertes Wasser) einzusetzen:
- Korrosionsschutz und biologischer Schutz sind dann schon ganz gut und vermutlich ausreichend.
- Performanceverlust gegenüber reinem Wasser ist überschaubar.
Oder einfach AC Double Protect Ultra nehmen:
- mit ca. 25 % Glykol ausreichend biologischer Schutz
- Korrosionsinhibitoren in passender Konzentration.
- ohne Farbstoffe verfügbar
- halt etwas teurer...
Reine Experimentierfreude: Was probiere ich derzeit aus?
- ich bin noch skeptisch, ob 20 % Glykol alleine wirklich gegen jede Art von Mikroorganismen "hilft" (zB auch Algen) Frei nach dem Motto viel hilft habe ich also noch 50 mg/l DDAC in die Kühlflüssigkeit gegeben. (vermutlich reicht aber auch die Hälfte davon aus)
- 20 % Glysantin ist schön blau... Über Jahre wird das bestimmte Farbe ablagern. Ich habe deshalb ein ganz bisschen Tenside ("Seife", aber nichtionische Tenside) hinzugemischt.
- DDAC + niedrigkonzentrierte Tenside sind im Hygienespüler Tandil von Aldi (ohne Duftstoffe), 2 ml auf 1l Kühlflüssigkeit für 50 mg/l DDAC. DDAC ohne Tenside gibt es im Hygienespüler vom DM.
- AGB hat beim einfüllen bisschen geschäumt, nach einer Weile aber alles ganz klar. Soweit also alles gut.
- werde in paar Jahren hier ein Update schreiben, wie diese Mixtur ausgeht.
Am einfachsten hat man es theoretisch mit einer reinen Kupfer-Wasserkühlung. Also auch alle Anschlüsse und Radiator aus Kupfer. Dann könnte prinzipiell man ganz bedenkenlos ewig reines Wasser + niedrigdosiertes Kupfersulfat oder DDAC als Biozid ohne Korrosionsschutz fahren.
Ich hoffe, ich konnte ein bisschen Wissen weitergeben. Lasst es mich wissen, wenn ihr denkt, der Artikel kann noch besser strukturiert werden oder wenn ihr Fragen/Anregungen habt.
Einen ganz tollen Artikel zum Weiterlesen findet ihr hier: https://www.overclockers.com/pc-water-coolant-chemistry-part-ii/
Ich hatte meine Wasserkühlung seit 10 Jahre mit Dest Wasser + Glysantin G48 1:10-1:20 betrieben. Ich war zu faul, die Flüssigkeit auszutauschen, nur alle paar Jahre mal bei einem größeren Komponentenwechsel. Dabei ist immer irgendein anderes Problem aufgetreten:
- Metallsiebe als Filter im Kreislauf waren verstopft (wahrscheinlich Farbpartikel)
- Nickelbeschichtung vom GPU-Kühler war korrodiert (wo Wasserkontakt)
- Mikroorganismen sind gewachsen (weiße schlierige Ablagerungen)
Also habe ich viel recherchiert und studiert, was die optimale Kühlflüssigkeit sein könnte...
Ein Ausblick: Aquacomputer Double Protrct Ultra scheint ziemlich gescheit zu sein, ich wollte aber herausfinden wie man die optimale Lösung selbstbraut.
Einige wichtige Ergebnisse will ich hier für die Allgemeinheit zusammentragen:
1. PC-Kühlungen unterscheiden sich von Autos ganz wesentlich in der Betriebstemperatur:
A) ein PC braucht keinen Frostschutz
B) die Temperaturen im PC-Kreislauf sind zu niedrig um Bakterien/Algen abzutöten. (im Auto: 90°C Betriebstemperatur).
2. Glykol wirkt erst ab 20% Konzentration toxisch auf Mikroorganismen. Bei weniger als 20 % Glykol (G48 Konzentrat) hat man evtl. sogar ein Nährmedium geschaffen und ein Problem, wenn der Kreislauf kontaminiert war. Deshalb enthält AC Double Protect Ultra auch ca. 25% Glykol. Trotz (oder sogar begünstigt durch?) 10% Glykol (1:9 G48:Wasser) hatte ich einen total verschmodderten Kreislauf in nur 6 Monaten.
3. Korrosionsschutz ist bei Unterdosierung von G48 auch nicht sicher. Ich nutzte eine Silbersäule im AGB mit 1:20 G48 und das Nickel von meinem AC-Kühler wurde wegkorrodiert. Der Hersteller empfiehlt für Autos 1:1-2 G48, entsprechend ist der Korrosionsschutz auch dosiert.
4. Silber (auch sog. Kill Coils) töten zwar Bakterien, korrodieren aber auch Nickel. Hier muss man aufpassen. Es gibt zig verschiedene Nickellegierungen. Die eine kann es zerreißen, die andere resistent sein. Mit keinem/wenig Korrosionsschutz empfehle ich kein Silber ins System zu bringen, wenn Nickel vorhanden ist. Davor warnte ja auch EKWB vor vielen Jahren - chemisch plausibel.
5. Glykol (genauer: Ethylenglykol, daraus besteht Glysantin) ist schlechter als Wasser für die Kühlung: Höhere Viskosität ("zähflüssiger" > weniger Durchfluss), geringere Wärmekapazitat (schneller erwärmt).
6. Glysantin ist basisch. Das verlangsamt auch die Korrosion. Je verdünnter, desto weniger basisch ist es, und damit hat man auch weniger Korrosionsschutz.
7. Ich befürchte, Farbpartikel durch gefärbte Lösungen setzen sich auf Dauer immer irgendwo ab (Filter, Schläuche etc.) Ich bin gespannt, wie man dem vorbeugen kann, erforsche ich noch. Leider gibt es Glysantin nicht ohne Farbe.
Zur Theorie, welches Kühlmedium das beste ist für den wartungsfreien Langzeitbetrieb:
Reines (destilliertes) Wasser:
- beste Kühleigenschaften
- kein Korrosionsschutz
- kein biologischer Schutz
Glysantin (egal welche Variante, diese Unterscheiden sich nur in der Korrosionsschutzchemie):
- schlechtere Kühleigenschaften
- guter Korrosionsschutz (in hoher Konzentration)
- biologischer Schutz (ab 20%)
Wenn man nun im Kreislauf nur Nickel und Kupfer als Metalle hat (einfach nie Alu einsetzen), braucht es wohl kaum einen starken Korrosionsschutz, da diese Metalle wenig miteinander reagieren. Aber sie tun es, daher würde ich nicht ganz darauf verzichten.
Wie sieht die optimale Lösung also aus?
- möglichst hoher Wasseranteil
- adäquater Korrosionsschutz
- adäquater biologischer Schutz
Möglichst hoher Wasseranteil:
Bei 20 % Glykol in Wasser nimmt die Viskosität nur so nur um 5-10% zu und die Wärmekapazität auch nur um 5-10% ab. D.h. der "Performanceverlust" hält sich echt in Grenzen.
Korrosionsschutz:
- benötigt Korrosionsinhibitoren
- und eine basische Pufferlösung für diese
- lässt sich selbst quasi nicht herstellen
- d.h. Man muss hierfür Fertigmischungen oder eben Glysantin nehmen
Biologischer Schutz:
- wahrscheinlich reicht >20 % Glykol schon aus
- Kupfersulfat (früher als PT Nuke verkauft) ist ein starkes Biozid, benötigt aber eine saure Umgebung und arbeitet daher nicht mit Korrosionsinhibitoren. Ich habe es probiert: Kupfersulfat ist in basischen Lösungen wie Glysantin nicht löslich. Und ohne Korrosionsinhibitoren greift es Nickel an (und löst Aluminium auf).
- Silber im Kreislauf (zB Silver Kill Coil im AGB) korrodiert Nickel, daher nur bei sehr gutem Korrosionsschutz zu nutzen.
- Benzalkoniumchlorid und Didecyldiammoniumchlorid (DDAC) wirken desinfizierend und können wahrscheinlich problemlos als Zusatz betrieben werden. ZB in Hygienespüler für die Wäsche sind sie enthalten.
Zusammenfassend:
Ich empfehle Glysantin 1:4 (d.h. 20 % Glysantin, 80% destilliertes Wasser) einzusetzen:
- Korrosionsschutz und biologischer Schutz sind dann schon ganz gut und vermutlich ausreichend.
- Performanceverlust gegenüber reinem Wasser ist überschaubar.
Oder einfach AC Double Protect Ultra nehmen:
- mit ca. 25 % Glykol ausreichend biologischer Schutz
- Korrosionsinhibitoren in passender Konzentration.
- ohne Farbstoffe verfügbar
- halt etwas teurer...
Reine Experimentierfreude: Was probiere ich derzeit aus?
- ich bin noch skeptisch, ob 20 % Glykol alleine wirklich gegen jede Art von Mikroorganismen "hilft" (zB auch Algen) Frei nach dem Motto viel hilft habe ich also noch 50 mg/l DDAC in die Kühlflüssigkeit gegeben. (vermutlich reicht aber auch die Hälfte davon aus)
- 20 % Glysantin ist schön blau... Über Jahre wird das bestimmte Farbe ablagern. Ich habe deshalb ein ganz bisschen Tenside ("Seife", aber nichtionische Tenside) hinzugemischt.
- DDAC + niedrigkonzentrierte Tenside sind im Hygienespüler Tandil von Aldi (ohne Duftstoffe), 2 ml auf 1l Kühlflüssigkeit für 50 mg/l DDAC. DDAC ohne Tenside gibt es im Hygienespüler vom DM.
- AGB hat beim einfüllen bisschen geschäumt, nach einer Weile aber alles ganz klar. Soweit also alles gut.
- werde in paar Jahren hier ein Update schreiben, wie diese Mixtur ausgeht.
Am einfachsten hat man es theoretisch mit einer reinen Kupfer-Wasserkühlung. Also auch alle Anschlüsse und Radiator aus Kupfer. Dann könnte prinzipiell man ganz bedenkenlos ewig reines Wasser + niedrigdosiertes Kupfersulfat oder DDAC als Biozid ohne Korrosionsschutz fahren.
Ich hoffe, ich konnte ein bisschen Wissen weitergeben. Lasst es mich wissen, wenn ihr denkt, der Artikel kann noch besser strukturiert werden oder wenn ihr Fragen/Anregungen habt.
Einen ganz tollen Artikel zum Weiterlesen findet ihr hier: https://www.overclockers.com/pc-water-coolant-chemistry-part-ii/