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- Mitglied seit
- 05.12.2009
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Moin,
es gab und gibt immer wieder Fragen ob sich 5.1 Kopfhörer lohnen, oder ob man sich nicht doch einen hochwertigen Stereo Kopfhörer zulegen sollte. Das Hörempfinden ist (bekanntlich) bei jedem Menschen unterschiedlich, daher sind Aussagen wie "der Beste" oder "funktioniert eh nicht" meistens sowieso kaum relevant. Jeder muss den perfekten Kopfhörer für seine Gewohnheiten finden und sich "einhören", und ich kann niemandem empfehlen nur aufgrund einer (oder mehreren) Bewertung/en eine definitive Entscheidung zu treffen. Daher bitte ich jeden Leser meinen Kurztest als subjektive Meinung zu verstehen, ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit (dieses Privileg beanspruchen ja genug andere Forenmitglieder hier).
Kurz zu mir:
Was qualifiziert mich für den Test? Gute Frage... ich produziere selber Musik und mache auch (Pre-)Masterings für andere Künstler seit Ende der 90er, und war damals auch verstärkt als DJ tätig. Seit ca. 1998 spiele ich online (mein erstes Onlinegame war "Kingpin", schön mit 33,6er Modem ^.^), teils auch in Ligen wie ESL u.a. für Clans und Vereine wie WWS, Unikat, Logix, 2old4that und andere. Meine "professionelle" Spielerkarriere hab ich aber vor 2 Jahren komplett aufgegeben und spiele nur noch mit alten Clankollegen ganz locker online, manchmal auch auf privaten LANs wenn es die Zeit zulässt.
Bewertungskriterien:
Ich lege lediglich auf 2 Punkte mein Augenmerk: Der Klang und die Räumlichkeit/Ortbarkeit.
Natürlich spielen die beiden Eigenschaften stark zusammen, wenn es um das Gesamthörerlebnis geht, aber das sind oft die beiden Punkte eines Kopfhörers, die einzeln betrachtet eine subjektive Bewertung für jeden mit sich bringen, in Diskussionen aber vermengt werden und somit dann die Sachlichkeit zurückgeht.
Ich definiere "Klang" als die Klarheit eines Signals. Gerade wenn man Musik produziert ist es linearer Frequenzgang bei Kopfhörern und Monitorboxen wichtig. Es sollte keine Verfälschung des Signals stattfinden, sei es zB den Bass oder die Höhen verstärken. Oder kurz gesagt: Das Spiel sollte so klingen, wie die Ersteller sich das gedacht haben
Die Räumlichkeit definiere ich als "Bild im Kopf", und zwar wie sich das Audiosignal bei mir auswirkt in Bezug auf Raumgröße. Als Beispiel: Eine gute Räumlichkeit ist, wenn ich in einem Spiel zB in einer Halle stehe, und nur aufgrund des Audiosignals sagen kann "Da ist etwas oben rechts im Regal hinter der Box", oder "Der Gegner ist ca. 10meter hinter mir leicht links". Durch eine gute Räumlichkeit kann ich zB hören, dass ein Gegner von hinten kommt, und ich weiss, wieviel Zeit mir noch bleibt bis er mich erreicht und "berührt".
Ich hoffe, ich konnte es halbwegs plastisch darstellen
Welche Spiele ich nutze:
Unterschiedliche Spiele haben unterschiedliche Audioengines (auch, wenn sich da die Geister scheiden), d.h. die Ausgabe von Stereo oder Surround unterscheiden sich definitiv bei den Spielen mit unterschiedlichen Engines - daher müsste man Tests schon spezifisch auf den entsprechenden Spielen testen. Ich belasse es jetzt aber mal bei zwei Spielen:
Left 4 Dead 2 und Natural Selection 2.
Zum einen ist die Audioengine bei Sourceengine Spielen faktisch immer gleich, man kann also CS:S und Konsorten da mit einbeziehen. Bei L4D werden aber im Gegensatz zu CS die Dimensionen deutlicher ausgenutzt, d.h. es kommen Audioevents wie "schnell von oben-hinten-rechts auf mich" oder "links oben hör ich was" öfter vor als bei CS:S oder anderen Spielen. Daher ist eine schnelle und präzise Ortung wirklich wichtig.
Bei NS2 verhält es sich ähnlich - alle Dimensionen werden stark genutzt. Dafür ist die Audioengine auch neu programmiert, und bringt nicht Altlasten mit wie andere FPS Serien.
Eindruck Medusa 5.1:
Ich benutze die Klinkenversion des Medusa Headsets. Es gibt auch eine Version mit integriertem USB Soundchip, aber die nutze ich NICHT. Als Soundkarte nutze ich dafür die Xonar DX.
Das Headset selber ist relativ günstig verbaut, gehört aber im Vergleich der 5.1 Headsets zum Mittelfeld. Die Polster sind durchaus ok, die Kabel sind lang genug. Einzig die Einstellungseinheit am Kabel nervt, weil sie für mich eine dämliche Position hat. Man kann sie schlecht "ablegen" oder irgendwo anklemmen, so "zieht" das Stück unnötig an der Seite. Es ist zwar nicht besonders schwer, aber es kann Kabelbrüche provozieren (ist bei mir letztens auch passiert) und nervt mich deswegen.
Der Sitz auf dem Kopf ist somit ok, aber nach einer Stunde muss ich das Teil einfach ml abnehmen, weils doch etwas warm bzw. unangenehm wird.
Das Mikro ist ok, man kann es sehr gut einstellen, so dass es dann direkt vorm Mund ist, wenn gewünscht. Die Sprachqualität ist aber schon grenzwertig, es ist für Onlinegaming konzipiert worden, und mehr darf man auch nicht erwarten. Die tiefen Frequenzen wie auch die Höhen sind entweder garnicht oder nur schlecht abgebildet, man hat also einen mittleren "Telefonsound" wenn man zB seine Sprache in einem Editor aufnimmt. Wie gesagt, für Spiele oder skypen ist es absolut ok, für mehr reicht es aber auch nicht. Ich würde damit nichtmal Videotutorials vertonen, weil es dann einfach billig klingt.
Zum "Klang":
Das erste Mal, als ich das Medusa HS aufhatte und Musik angemacht hab dachte ich, das Ding ist kaputt. Der Klang ist für Musik absolut verfälscht. Hier hört man zB die günstige Bauweise heraus... wenn man den "Bass" aufgedreht hat, kann das Gehäuse etwas klappern, irgendwie schrabbelt es dann und die Höhen variieren irgendwo zwischen "zu zischig" und dann wieder "zu mumpfig". Sehr merkwürdig alles, aber ich hab mir das gute Teil auch nicht zum Musik hören gekauft, sondern zum Spielen.
In Spielen habe ich (natürlich) Soundkarte und das Spiel selber auf 5.1 Surround Sound eingestellt, ohne weitere Zusatzfunktionen wie "Surround Simulation" oder so einen Quark (darauf geh ich gleich nochmal ein).
In den Spielen ist die Klangverfälschung wie bei der Musik weniger schlimm, einzig der Bass kann etwas stören, und wurde von mir dann auch entsprechend etwas runtergeregelt. Glasklar ist der Sound auf keinen Fall, aber für Spiele ist es absolut ok. Ich habe selber gemerkt, dass ich bei Spielen nicht unbedingt eine "Klarheit" im Klang benötige wie bei Musik, sondern eine angenehme Soundkulisse. Und tatsächlich empfinde ich beim Medusa HS die Soundkulisse als angenehm. Ich hatte nie das Bedürfnis eine Pause wegen des Sounds machen zu müssen. Jetzt muss selber für sich entscheiden wie wichtig einem das ist. Ich emfpinde den Klang als ok. Ich gebe hier als Note eine
2- für Spiele, und eine
5 für Musik
Zur "Räumlichkeit/Ortbarkeit":
Die Medusa hat 8 Lautsprecher (/Treiber), also 4 auf jeder Seite (wenn ich mich gerade nicht irre). Diese sind entsprechend leicht vor, leicht hinter und direkt parallel zum Ohr positioniert. An dieser Stelle brechen meistens die Grabenkämpfe und unsachlich geführten Diskussionen aus über Sinn und Unsinn über diese Maßnahme. Einige Leute meinen, das wäre physikalisch sinnlos. Da kann man noch so sachlich argumentieren, die Leute wollen es nicht verstehen. Also hier von mir eine kurze Erklärung, warum es funktioniert:
Man nehme zB ein Smartphone und mache Musik o.ä. an, nicht sehr laut. Jetzt haltet euch zB das rechte Ohr fest zu, so dass ihr auf dem Ohr nichts mehr hört. Haltet den Lautsprecher des Smartphone nun sehr nah direkt ans Ohr, so 2cm Abstand (deswegen sollte es auch leise sein). Ihr hört, es befindet sich parallel zum Ohr, richtig? Jetzt bewegt das Smartphone in Richtung Gesicht/Nase/Stirn, also leicht nach vorne, aber zum Ohr trotzdem nur 2-3cm Abstand lassen. Ihr solltet jetzt hören können, dass sich die Soundquelle nicht mehr parallel zum Ohr befindet, sondern leicht vor euch. Jetzt bewegt das Smartphone so, dass der Lautsprecher leicht hinter eurem Ohr ist. Und auch jetzt solltet ihr hören, dass sich die Soundquelle leicht "hinter" euch befindet, oder?
Und damit habt ihr selber herausgefunden, dass die Position eines Lautsprechers im Headset durchaus einen Effekt auf die Räumlichkeit bzw. Ortbarkeit hat. Natürlich ist es so, dass ein 5.1 Lautsprechersystem einen viel weiteren, extrem räumlichen Klang hat. Da kommen dann auch Faktoren wie der Raum, in dem ihr sitzt, hinzu. Auch, wie der Raum eingerichtet ist und wie sich die Schallwellen dort ausbreiten können. Aber so würde man nur die Räumlichkeit aus dem Spiel (zB wenn man in einer Halle steht) und der physikalischen (und somit akkustischen) Gegebenheit eures Raumes vermischen, was dann zu einem erhöhten Räumlichkeitsgefühl führt. Natürlich empfindet das jeder Mensch anders.
Aber wie gibt sich das Ganze nun im Spiel? Da ich lange mit dem Medusa gespielt habe (weit über 500 Spielstunden insgesamt) habe ich mich natürlich auch schon daran gewöhnt. Ich persönlich finde, dass die Räumlichkeit des Signals sehr gut ist, und perfekt mit den optischen Gegebenheiten im Spiel übereinstimmt, also sehr real wirkt. Ich kann Mitspieler (also auch Gegner) sehr gut orten, egal aus welcher Richtung sie kommen. Auch die vorhin angesprochenen Beispiele wie "Oben links auf dem Regal hinter der Kiste" sind möglich - solange die Soundengine des Spiels da mitmacht. Die Abstände zu Objekten kann ich sehr gut einschätzen. Allerdings kommt hier der Klang zum tragen. Es fehlt die Brillianz im Klang, und es ist durchaus nicht ganz förderlich, dass die Höhen so unpräzise sind, und der Bass alles etwas überbrummt. So ergibt sich hin und wieder ein etwas "matschiges" Gesamtbild vom Sound her. Ich würde also sagen, man kann eine Klangquelle im Spiel gut orten, aber schlecht identifizieren - damit mein ich, dass bei NS2 zB die Laufgeräusche der Aliens unterschiedlich sind, und die kann man dann nicht sonderlich gut unterscheiden.
Würde man die Verarbeitungsqualität der Treiber erhöhen, würde es zu einer besseren Note führen. So gibt es von mir eine
gute 2+ für Räumlichkeit und Ortbarkeit.
Eindruck AKG 701:
Der AKG 701 (den es in mehreren Varianten gibt, technisch aber immer gleich ist) ist ein klassischer, offener Stereokopfhörer. Quer durch alle möglichen Testberichte (ob nun von Magazinen oder von Endverbrauchern) wird ein sehr guter, linearer Klang attestiert. Und so sehe bzw. höre ich das auch. Der 701 ist mein Standardkopfhörer zum Musik produzieren, weil der Klang klar und offen ist, sehr analytisch und ohne Dinge zu beschönigen. Dem normalen Musikhörer mag der Grundklang zu bassarm sein, was auch der offenen Bauweise geschuldet ist. Ich betreibe den AKG 701 an einem NI Komplete Audio 6 Interface, allerdings *nicht* am Kopfhörerausgang (der ist qualitativ nämlich nicht so gut wie der XLR Ausgang), sondern habe per XLR einen Lake People G93 KHV angeschlossen, an dem ich den Kopfhörer stecken habe.
Der Kopfhörer ist sehr angenehm zu tragen, und trotz der sehr wuchtigen Optik trägt er sich sehr angenehm. Er fühlt sich leicht an, die Polster sind (wortwörtlich) erstklassig und selbst nach langen Musiksessions habe ich kein Drücken auf den Ohren (und meine Ohren fallen sehr groß aus). Also so gesehen genau das richtige Modell um zu zocken, oder? Aber erstmal...
Zum "Klang":
Wie erwähnt schätze (nicht nur) ich den Klang des Kopfhörers. Für Musik ist es für mich erste Wahl geworden, aber man muss offene Kopfhörer mögen. Wenn mir danach ist lieber ein abgeschlossenes Hörerlebnis zu haben, greife ich zu meinem Ultrasone HFI 780, einem geschlossenen Kopfhörer. Während bei Musik der Bass etwas dünn rüberkommt, war ich aber überrascht, dass bei NS2 die tiefen Frequenzen recht gut abgebildet werden, deutlicher und knackiger als beim Medusa HS, aber keineswegs übertrieben, sondern dezent knackig und direkt. Der recht lineare Frequenzgang macht bei Spielen durchaus Spaß, man hört alle Signale brilliant aber nie überbetont oder spitz. Jetzt ist natürlich die Frage, wie wichtig es für DICH ist, die Patronenhülse schön klar auf den Boden aufschlagen zu hören. Macht es das Spielerlebnis so viel besser? Bei Singleplayer oder im Allgemeinen "ruhigeren" Spielen sicherlich nett, in hektischen (FPS) Spielen ist das für mich nicht ganz so wichtig, wenn auch ein nettes Gimmick. Wie oben angesprochen kann man aber auch weiter entfernte Soundquellen gut identifizieren wenn sie sich klanglich unterscheiden, also bei NS2 kann ich schon sagen, welches Alien hinten um der Ecke aufgrund der Schrittgeräusche rumschleicht.
Meine subjektive Wertung ist hier ganz klar:
1 für Musik
1 für Spiele
Nur bitte beachten: Für einige mag der fehlende Bass ein Kriterium sein, nur eine 2 zu geben.
Zur "Räumlichkeit/Ortung":
Hier machen sich die Soundengines bemerkbar. Bei L4D2 und NS2 habe ich klare Unterschiede. Bei L4D2 empfinde ich die Räumlichkeit als sehr eng und Entfernungen von (nicht sichtbaren) Objekten schwerer einschätzbar als zB mit dem Medusa HS, wo sich der Raum weiter und natürlicher aufspannt. Mit dem 701 habe ich das Gefühl in einem kleinen Raum zu stehen anstatt in einer Halle. Die Klarheit des Klanges hebt zwar den Gesamteindruck der Szene, aber der Raum bleibt "klein". Bei NS2 sieht das etwas anders aus, denn hier empfinde ich den Raum durchaus als größer bzw. natürlicher als bei L4D2, Abstände kann ich besser einschätzen. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich mit dem AKG max 150 Stunden gespielt habe über die letzten Jahre und Monate. Es ist vermutlich eine Gewöhnungssache, aber dennoch fällt mir die Räumlichkeit und Ortung nicht ganz so einfach wie beim Medusa HS. Ein Alien von oben vorne rechts hinterm Balken zu hören ist schwieriger - im Sinne von "genau DORT sitzt das Alien". "Hören" an sich kann man es natürlich, und die Klarheit des Klanges hilft auch, aber ich kann mit den Stereokopfhörern oft nur "ungefähr" sagen wo eine Klangquelle ist, aber nicht so genau. Dem 701 eine Note zu geben ist schwer, da sich der Stereo(down)mix in den Spielen schon unterscheidet. Daher gebe ich eine durchschnittliche
2 für Räumlichkeit und Ortung, mit Hang zur 2-, das hängt eben vom Spiel ab.
Gegenüberstellung:
Was ist nun der richtige oder bessere Kopfhörer? Das ist schwer bis garnicht zu sagen. Ich persönlich tendiere für Spiele zum Medusa HS, weil mir die Räumlichkeit mehr zusagt, und ich auch Spiele zocke, wo das sehr stark zum tragen kommt. Wer zB Anno zockt braucht das wohl eher nicht. Allerdings ist das Einsatzfeld des Medusa Headsets auch *ausschliesslich* für Spiele und evtl Voicechats wie Teamspeak oder Skype. Für Musik ist es gänzlich ungeeignet. Wer also eine All-in-one Lösung sucht, wird mit dem Medusa niemals glücklich werden - solange man halbwegs normale Ansprüche an Klangqualität stellt.
Ich selber bin in der glücklichen Lage, mehrere Soundkarten im System zu haben (Onboard, Xonar, NI Audio 6 und ESi Maya44e), somit habe ich reichlich Anschlüsse und Möglichkeiten, aus denen ich schöpfen kann. Das hat aber nicht jeder, und somit ist die Option auch nicht für jeden vorhanden, für jeden Einsatzzweck einen speziellen Kopfhörer zu haben (ohne jedes Mal wild umstecken zu müssen).
Aber auch die Hörgewohnheiten jedes Einzelnen spielen bei der Entscheidung eine Rolle. Magst du mehr glasklaren, brillianten Klang? Dann greif lieber zum AKG. Wenn dir ein - in Relation zum AKG - muffiger Klang egal ist, dafür aber der Raum weiter ist, wäre die alte Medusa auf jeden Fall eine Option für dich!
Und dennoch gilt:
Selber hören hilft am meisten weiter!
Eine Bitte noch:
Ich weiss eh schon, welchen Leuten es jetzt in den Fingern juckt, und wieder die gleichen alten Leiern herauskramen wollen mit "das ist ja soo ein Blödsinn", und ihr eigenes Hörorgan als Weltreferenz betrachten. Ich möchte eure Meinungen hier nicht lesen, es ist ein subjektiver Test von mir und stellt KEINE Diskussionsgrundlage da. Es soll zur Entscheidungsfindung dienen und nicht zerredet werden.
Fragen zu dem Test oder zu meinem persönlichen Höreindruck beantworte ich natürlich gern!
Danke für deine Aufmerksamkeit! =D
es gab und gibt immer wieder Fragen ob sich 5.1 Kopfhörer lohnen, oder ob man sich nicht doch einen hochwertigen Stereo Kopfhörer zulegen sollte. Das Hörempfinden ist (bekanntlich) bei jedem Menschen unterschiedlich, daher sind Aussagen wie "der Beste" oder "funktioniert eh nicht" meistens sowieso kaum relevant. Jeder muss den perfekten Kopfhörer für seine Gewohnheiten finden und sich "einhören", und ich kann niemandem empfehlen nur aufgrund einer (oder mehreren) Bewertung/en eine definitive Entscheidung zu treffen. Daher bitte ich jeden Leser meinen Kurztest als subjektive Meinung zu verstehen, ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit (dieses Privileg beanspruchen ja genug andere Forenmitglieder hier).
Kurz zu mir:
Was qualifiziert mich für den Test? Gute Frage... ich produziere selber Musik und mache auch (Pre-)Masterings für andere Künstler seit Ende der 90er, und war damals auch verstärkt als DJ tätig. Seit ca. 1998 spiele ich online (mein erstes Onlinegame war "Kingpin", schön mit 33,6er Modem ^.^), teils auch in Ligen wie ESL u.a. für Clans und Vereine wie WWS, Unikat, Logix, 2old4that und andere. Meine "professionelle" Spielerkarriere hab ich aber vor 2 Jahren komplett aufgegeben und spiele nur noch mit alten Clankollegen ganz locker online, manchmal auch auf privaten LANs wenn es die Zeit zulässt.
Bewertungskriterien:
Ich lege lediglich auf 2 Punkte mein Augenmerk: Der Klang und die Räumlichkeit/Ortbarkeit.
Natürlich spielen die beiden Eigenschaften stark zusammen, wenn es um das Gesamthörerlebnis geht, aber das sind oft die beiden Punkte eines Kopfhörers, die einzeln betrachtet eine subjektive Bewertung für jeden mit sich bringen, in Diskussionen aber vermengt werden und somit dann die Sachlichkeit zurückgeht.
Ich definiere "Klang" als die Klarheit eines Signals. Gerade wenn man Musik produziert ist es linearer Frequenzgang bei Kopfhörern und Monitorboxen wichtig. Es sollte keine Verfälschung des Signals stattfinden, sei es zB den Bass oder die Höhen verstärken. Oder kurz gesagt: Das Spiel sollte so klingen, wie die Ersteller sich das gedacht haben
Die Räumlichkeit definiere ich als "Bild im Kopf", und zwar wie sich das Audiosignal bei mir auswirkt in Bezug auf Raumgröße. Als Beispiel: Eine gute Räumlichkeit ist, wenn ich in einem Spiel zB in einer Halle stehe, und nur aufgrund des Audiosignals sagen kann "Da ist etwas oben rechts im Regal hinter der Box", oder "Der Gegner ist ca. 10meter hinter mir leicht links". Durch eine gute Räumlichkeit kann ich zB hören, dass ein Gegner von hinten kommt, und ich weiss, wieviel Zeit mir noch bleibt bis er mich erreicht und "berührt".
Ich hoffe, ich konnte es halbwegs plastisch darstellen
Welche Spiele ich nutze:
Unterschiedliche Spiele haben unterschiedliche Audioengines (auch, wenn sich da die Geister scheiden), d.h. die Ausgabe von Stereo oder Surround unterscheiden sich definitiv bei den Spielen mit unterschiedlichen Engines - daher müsste man Tests schon spezifisch auf den entsprechenden Spielen testen. Ich belasse es jetzt aber mal bei zwei Spielen:
Left 4 Dead 2 und Natural Selection 2.
Zum einen ist die Audioengine bei Sourceengine Spielen faktisch immer gleich, man kann also CS:S und Konsorten da mit einbeziehen. Bei L4D werden aber im Gegensatz zu CS die Dimensionen deutlicher ausgenutzt, d.h. es kommen Audioevents wie "schnell von oben-hinten-rechts auf mich" oder "links oben hör ich was" öfter vor als bei CS:S oder anderen Spielen. Daher ist eine schnelle und präzise Ortung wirklich wichtig.
Bei NS2 verhält es sich ähnlich - alle Dimensionen werden stark genutzt. Dafür ist die Audioengine auch neu programmiert, und bringt nicht Altlasten mit wie andere FPS Serien.
Eindruck Medusa 5.1:
Ich benutze die Klinkenversion des Medusa Headsets. Es gibt auch eine Version mit integriertem USB Soundchip, aber die nutze ich NICHT. Als Soundkarte nutze ich dafür die Xonar DX.
Das Headset selber ist relativ günstig verbaut, gehört aber im Vergleich der 5.1 Headsets zum Mittelfeld. Die Polster sind durchaus ok, die Kabel sind lang genug. Einzig die Einstellungseinheit am Kabel nervt, weil sie für mich eine dämliche Position hat. Man kann sie schlecht "ablegen" oder irgendwo anklemmen, so "zieht" das Stück unnötig an der Seite. Es ist zwar nicht besonders schwer, aber es kann Kabelbrüche provozieren (ist bei mir letztens auch passiert) und nervt mich deswegen.
Der Sitz auf dem Kopf ist somit ok, aber nach einer Stunde muss ich das Teil einfach ml abnehmen, weils doch etwas warm bzw. unangenehm wird.
Das Mikro ist ok, man kann es sehr gut einstellen, so dass es dann direkt vorm Mund ist, wenn gewünscht. Die Sprachqualität ist aber schon grenzwertig, es ist für Onlinegaming konzipiert worden, und mehr darf man auch nicht erwarten. Die tiefen Frequenzen wie auch die Höhen sind entweder garnicht oder nur schlecht abgebildet, man hat also einen mittleren "Telefonsound" wenn man zB seine Sprache in einem Editor aufnimmt. Wie gesagt, für Spiele oder skypen ist es absolut ok, für mehr reicht es aber auch nicht. Ich würde damit nichtmal Videotutorials vertonen, weil es dann einfach billig klingt.
Zum "Klang":
Das erste Mal, als ich das Medusa HS aufhatte und Musik angemacht hab dachte ich, das Ding ist kaputt. Der Klang ist für Musik absolut verfälscht. Hier hört man zB die günstige Bauweise heraus... wenn man den "Bass" aufgedreht hat, kann das Gehäuse etwas klappern, irgendwie schrabbelt es dann und die Höhen variieren irgendwo zwischen "zu zischig" und dann wieder "zu mumpfig". Sehr merkwürdig alles, aber ich hab mir das gute Teil auch nicht zum Musik hören gekauft, sondern zum Spielen.
In Spielen habe ich (natürlich) Soundkarte und das Spiel selber auf 5.1 Surround Sound eingestellt, ohne weitere Zusatzfunktionen wie "Surround Simulation" oder so einen Quark (darauf geh ich gleich nochmal ein).
In den Spielen ist die Klangverfälschung wie bei der Musik weniger schlimm, einzig der Bass kann etwas stören, und wurde von mir dann auch entsprechend etwas runtergeregelt. Glasklar ist der Sound auf keinen Fall, aber für Spiele ist es absolut ok. Ich habe selber gemerkt, dass ich bei Spielen nicht unbedingt eine "Klarheit" im Klang benötige wie bei Musik, sondern eine angenehme Soundkulisse. Und tatsächlich empfinde ich beim Medusa HS die Soundkulisse als angenehm. Ich hatte nie das Bedürfnis eine Pause wegen des Sounds machen zu müssen. Jetzt muss selber für sich entscheiden wie wichtig einem das ist. Ich emfpinde den Klang als ok. Ich gebe hier als Note eine
2- für Spiele, und eine
5 für Musik
Zur "Räumlichkeit/Ortbarkeit":
Die Medusa hat 8 Lautsprecher (/Treiber), also 4 auf jeder Seite (wenn ich mich gerade nicht irre). Diese sind entsprechend leicht vor, leicht hinter und direkt parallel zum Ohr positioniert. An dieser Stelle brechen meistens die Grabenkämpfe und unsachlich geführten Diskussionen aus über Sinn und Unsinn über diese Maßnahme. Einige Leute meinen, das wäre physikalisch sinnlos. Da kann man noch so sachlich argumentieren, die Leute wollen es nicht verstehen. Also hier von mir eine kurze Erklärung, warum es funktioniert:
Man nehme zB ein Smartphone und mache Musik o.ä. an, nicht sehr laut. Jetzt haltet euch zB das rechte Ohr fest zu, so dass ihr auf dem Ohr nichts mehr hört. Haltet den Lautsprecher des Smartphone nun sehr nah direkt ans Ohr, so 2cm Abstand (deswegen sollte es auch leise sein). Ihr hört, es befindet sich parallel zum Ohr, richtig? Jetzt bewegt das Smartphone in Richtung Gesicht/Nase/Stirn, also leicht nach vorne, aber zum Ohr trotzdem nur 2-3cm Abstand lassen. Ihr solltet jetzt hören können, dass sich die Soundquelle nicht mehr parallel zum Ohr befindet, sondern leicht vor euch. Jetzt bewegt das Smartphone so, dass der Lautsprecher leicht hinter eurem Ohr ist. Und auch jetzt solltet ihr hören, dass sich die Soundquelle leicht "hinter" euch befindet, oder?
Und damit habt ihr selber herausgefunden, dass die Position eines Lautsprechers im Headset durchaus einen Effekt auf die Räumlichkeit bzw. Ortbarkeit hat. Natürlich ist es so, dass ein 5.1 Lautsprechersystem einen viel weiteren, extrem räumlichen Klang hat. Da kommen dann auch Faktoren wie der Raum, in dem ihr sitzt, hinzu. Auch, wie der Raum eingerichtet ist und wie sich die Schallwellen dort ausbreiten können. Aber so würde man nur die Räumlichkeit aus dem Spiel (zB wenn man in einer Halle steht) und der physikalischen (und somit akkustischen) Gegebenheit eures Raumes vermischen, was dann zu einem erhöhten Räumlichkeitsgefühl führt. Natürlich empfindet das jeder Mensch anders.
Aber wie gibt sich das Ganze nun im Spiel? Da ich lange mit dem Medusa gespielt habe (weit über 500 Spielstunden insgesamt) habe ich mich natürlich auch schon daran gewöhnt. Ich persönlich finde, dass die Räumlichkeit des Signals sehr gut ist, und perfekt mit den optischen Gegebenheiten im Spiel übereinstimmt, also sehr real wirkt. Ich kann Mitspieler (also auch Gegner) sehr gut orten, egal aus welcher Richtung sie kommen. Auch die vorhin angesprochenen Beispiele wie "Oben links auf dem Regal hinter der Kiste" sind möglich - solange die Soundengine des Spiels da mitmacht. Die Abstände zu Objekten kann ich sehr gut einschätzen. Allerdings kommt hier der Klang zum tragen. Es fehlt die Brillianz im Klang, und es ist durchaus nicht ganz förderlich, dass die Höhen so unpräzise sind, und der Bass alles etwas überbrummt. So ergibt sich hin und wieder ein etwas "matschiges" Gesamtbild vom Sound her. Ich würde also sagen, man kann eine Klangquelle im Spiel gut orten, aber schlecht identifizieren - damit mein ich, dass bei NS2 zB die Laufgeräusche der Aliens unterschiedlich sind, und die kann man dann nicht sonderlich gut unterscheiden.
Würde man die Verarbeitungsqualität der Treiber erhöhen, würde es zu einer besseren Note führen. So gibt es von mir eine
gute 2+ für Räumlichkeit und Ortbarkeit.
Eindruck AKG 701:
Der AKG 701 (den es in mehreren Varianten gibt, technisch aber immer gleich ist) ist ein klassischer, offener Stereokopfhörer. Quer durch alle möglichen Testberichte (ob nun von Magazinen oder von Endverbrauchern) wird ein sehr guter, linearer Klang attestiert. Und so sehe bzw. höre ich das auch. Der 701 ist mein Standardkopfhörer zum Musik produzieren, weil der Klang klar und offen ist, sehr analytisch und ohne Dinge zu beschönigen. Dem normalen Musikhörer mag der Grundklang zu bassarm sein, was auch der offenen Bauweise geschuldet ist. Ich betreibe den AKG 701 an einem NI Komplete Audio 6 Interface, allerdings *nicht* am Kopfhörerausgang (der ist qualitativ nämlich nicht so gut wie der XLR Ausgang), sondern habe per XLR einen Lake People G93 KHV angeschlossen, an dem ich den Kopfhörer stecken habe.
Der Kopfhörer ist sehr angenehm zu tragen, und trotz der sehr wuchtigen Optik trägt er sich sehr angenehm. Er fühlt sich leicht an, die Polster sind (wortwörtlich) erstklassig und selbst nach langen Musiksessions habe ich kein Drücken auf den Ohren (und meine Ohren fallen sehr groß aus). Also so gesehen genau das richtige Modell um zu zocken, oder? Aber erstmal...
Zum "Klang":
Wie erwähnt schätze (nicht nur) ich den Klang des Kopfhörers. Für Musik ist es für mich erste Wahl geworden, aber man muss offene Kopfhörer mögen. Wenn mir danach ist lieber ein abgeschlossenes Hörerlebnis zu haben, greife ich zu meinem Ultrasone HFI 780, einem geschlossenen Kopfhörer. Während bei Musik der Bass etwas dünn rüberkommt, war ich aber überrascht, dass bei NS2 die tiefen Frequenzen recht gut abgebildet werden, deutlicher und knackiger als beim Medusa HS, aber keineswegs übertrieben, sondern dezent knackig und direkt. Der recht lineare Frequenzgang macht bei Spielen durchaus Spaß, man hört alle Signale brilliant aber nie überbetont oder spitz. Jetzt ist natürlich die Frage, wie wichtig es für DICH ist, die Patronenhülse schön klar auf den Boden aufschlagen zu hören. Macht es das Spielerlebnis so viel besser? Bei Singleplayer oder im Allgemeinen "ruhigeren" Spielen sicherlich nett, in hektischen (FPS) Spielen ist das für mich nicht ganz so wichtig, wenn auch ein nettes Gimmick. Wie oben angesprochen kann man aber auch weiter entfernte Soundquellen gut identifizieren wenn sie sich klanglich unterscheiden, also bei NS2 kann ich schon sagen, welches Alien hinten um der Ecke aufgrund der Schrittgeräusche rumschleicht.
Meine subjektive Wertung ist hier ganz klar:
1 für Musik
1 für Spiele
Nur bitte beachten: Für einige mag der fehlende Bass ein Kriterium sein, nur eine 2 zu geben.
Zur "Räumlichkeit/Ortung":
Hier machen sich die Soundengines bemerkbar. Bei L4D2 und NS2 habe ich klare Unterschiede. Bei L4D2 empfinde ich die Räumlichkeit als sehr eng und Entfernungen von (nicht sichtbaren) Objekten schwerer einschätzbar als zB mit dem Medusa HS, wo sich der Raum weiter und natürlicher aufspannt. Mit dem 701 habe ich das Gefühl in einem kleinen Raum zu stehen anstatt in einer Halle. Die Klarheit des Klanges hebt zwar den Gesamteindruck der Szene, aber der Raum bleibt "klein". Bei NS2 sieht das etwas anders aus, denn hier empfinde ich den Raum durchaus als größer bzw. natürlicher als bei L4D2, Abstände kann ich besser einschätzen. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich mit dem AKG max 150 Stunden gespielt habe über die letzten Jahre und Monate. Es ist vermutlich eine Gewöhnungssache, aber dennoch fällt mir die Räumlichkeit und Ortung nicht ganz so einfach wie beim Medusa HS. Ein Alien von oben vorne rechts hinterm Balken zu hören ist schwieriger - im Sinne von "genau DORT sitzt das Alien". "Hören" an sich kann man es natürlich, und die Klarheit des Klanges hilft auch, aber ich kann mit den Stereokopfhörern oft nur "ungefähr" sagen wo eine Klangquelle ist, aber nicht so genau. Dem 701 eine Note zu geben ist schwer, da sich der Stereo(down)mix in den Spielen schon unterscheidet. Daher gebe ich eine durchschnittliche
2 für Räumlichkeit und Ortung, mit Hang zur 2-, das hängt eben vom Spiel ab.
Gegenüberstellung:
Was ist nun der richtige oder bessere Kopfhörer? Das ist schwer bis garnicht zu sagen. Ich persönlich tendiere für Spiele zum Medusa HS, weil mir die Räumlichkeit mehr zusagt, und ich auch Spiele zocke, wo das sehr stark zum tragen kommt. Wer zB Anno zockt braucht das wohl eher nicht. Allerdings ist das Einsatzfeld des Medusa Headsets auch *ausschliesslich* für Spiele und evtl Voicechats wie Teamspeak oder Skype. Für Musik ist es gänzlich ungeeignet. Wer also eine All-in-one Lösung sucht, wird mit dem Medusa niemals glücklich werden - solange man halbwegs normale Ansprüche an Klangqualität stellt.
Ich selber bin in der glücklichen Lage, mehrere Soundkarten im System zu haben (Onboard, Xonar, NI Audio 6 und ESi Maya44e), somit habe ich reichlich Anschlüsse und Möglichkeiten, aus denen ich schöpfen kann. Das hat aber nicht jeder, und somit ist die Option auch nicht für jeden vorhanden, für jeden Einsatzzweck einen speziellen Kopfhörer zu haben (ohne jedes Mal wild umstecken zu müssen).
Aber auch die Hörgewohnheiten jedes Einzelnen spielen bei der Entscheidung eine Rolle. Magst du mehr glasklaren, brillianten Klang? Dann greif lieber zum AKG. Wenn dir ein - in Relation zum AKG - muffiger Klang egal ist, dafür aber der Raum weiter ist, wäre die alte Medusa auf jeden Fall eine Option für dich!
Und dennoch gilt:
Selber hören hilft am meisten weiter!
Eine Bitte noch:
Ich weiss eh schon, welchen Leuten es jetzt in den Fingern juckt, und wieder die gleichen alten Leiern herauskramen wollen mit "das ist ja soo ein Blödsinn", und ihr eigenes Hörorgan als Weltreferenz betrachten. Ich möchte eure Meinungen hier nicht lesen, es ist ein subjektiver Test von mir und stellt KEINE Diskussionsgrundlage da. Es soll zur Entscheidungsfindung dienen und nicht zerredet werden.
Fragen zu dem Test oder zu meinem persönlichen Höreindruck beantworte ich natürlich gern!
Danke für deine Aufmerksamkeit! =D