Düsseldorf Das Angebot sieht verlockend aus. Ich leihe mir 1000 Euro für drei Jahre und muss nur 953,64 Euro zurückbezahlen. Der Anbieter, das Vergleichsportal Smava aus Berlin, verspricht mir also 46,36 Euro zu schenken, wenn ich über die Online-Seite einen Kredit aufnehme.
So soll „Deutschlands günstigster Online-Kredit“ mit minus drei Prozent Zinsen funktionieren. Zumindest steht das am Montagnachmittag auf einem Werbebanner auf der Internetseite von Smava.
Es gibt nur ein Problem: Ich bekomme das Geld gar nicht zu diesen Konditionen. Nachdem ich auf dem mehrseitigen Antrag so ziemlich alles über meine derzeitige finanzielle Situation verraten habe (wie viel ich verdiene, was meine Wohnung kostet, ob ich ein Auto oder ein Motorrad habe, wie viele Kreditkarten ich besitze und welche Kredite ich sonst noch so am Laufen habe), bietet mir Smava lediglich Geld zu 2,68 Prozent Zinsen an.
Woran liegt’s? Ich bin unbefristet angestellt, habe ein regelmäßiges Einkommen und jeden Monat auf jeden Fall mal so viel übrig, dass ich mir die Rate aus dem Sonderangebot von 26,49 Euro über 36 Monate locker leisten kann. An der Hotline frage ich nach dem Grund. „Haben Sie noch woanders einen Kredit angefragt?“, will der nette Mann im Callcenter wissen. In diesem Moment wird mir klar, was Verbraucherschützer meinen, wenn sie vor den Rabattschlachten der Kreditportale warnen.
Smava liefert sich gerade mit dem angeblich größten deutschen Vergleichsportal Check24 ein Duell. Check24 hatte bereits am Montagmorgen in einer Pressemitteilung versprochen, Deutschlands günstigsten Online-Kredit anzubieten. Wer sich 1000 Euro leiht, soll nach einer Laufzeit von zwölf Monaten nur 991,84 Euro zurückzahlen. Verbraucher bekämen also 8,16 Euro geschenkt, warb das Portal.
Später ging Smava mit minus drei Prozent online. Inzwischen hat Check24 nachgelegt und bietet minus 3,5 Prozent. Smava übertrumpfte am Abend auch das und bot minus fünf Prozent.
Check24 zahlt für das Sonderangebot viel Geld – und zwar an die Bank mit dem Namen SWK Bank, die am Ende tatsächlich den Kredit vergibt. Der ist nämlich alles andere als umsonst und kostet 2,75 Prozent effektiven Jahreszins. Damit die Rechnung aufgeht und der Kunde tatsächlich negative Zinsen bekommt, zahlt Check24 an die Bank einen Ausgleich. Laut einer Rechnung des Handelsblatts müssen das knapp 23 Euro pro Kunde sein. Bei Smava sind es laut eines Sprechers gar mehr als 107 Euro.
Interesse an Kundendaten
Die Kreditvermittler sind nicht ohne Grund großzügig: Mit den Angeboten wollen sie an Kunden und deren Adressen kommen, an die sie danach Angebote für teurere Kredite senden können. Ich stelle mich also schon mal darauf ein, demnächst jede Menge Werbung in meinem Briefkasten und in meinem E-Mail-Postfach zu finden. Aber was tut man nicht alles für geschenktes Geld? Zu Beginn meines Selbstversuchs bin ich noch überzeugt: einiges.
Ich starte bei Check24. Auch hier soll ich angeben, seit wann ich wo und was arbeite, wie viel ich verdiene, seit wann ich wo und wie wohne, wie viel Miete ich bezahle, ob ich verheiratet bin, ein Auto oder Motorrad fahre und ob ich sonst schon irgendwo Kredite abgeschlossen habe. All diese Angaben erfragen Banken, das ist ganz normal. Schließlich wollen sie sichergehen, dass ich das Geld auch zurückzahlen kann, wenn ich mir etwas leihe.
An einer Stelle zögere ich. Check24 will, dass ich den Benutzernamen und das Kennwort zu meinem Bankkonto angebe. Damit will der Kreditgeber sehen, welche Ein- und Auszahlungen tatsächlich auf meinem Konto laufen. Dafür kann ich mir den Kredit von 1000 Euro praktisch sofort auszahlen. Ich rufe meine Hausbank an und frage, ob das üblich ist. Die Beraterin am Telefon warnt: „Geben Sie das auf keinen Fall an, das ist gar nicht zulässig!“ Für sie höre sich das so an, als sei ich auf eine Betrügerseite verlinkt worden.
Damit liegt sie allerdings falsch. Eine noch relativ neue Richtlinie mit dem Namen PSD 2 erlaubt es Finanzdienstleistern tatsächlich, sich Einblick in meine Kontodaten zu verschaffen. Die neuen Spielregeln ermöglichen zum Beispiel auch, dass ich beim Online-Shopping direkt auf der Seite des Verkäufers meine Rechnung per Überweisung bezahle.
Ich gebe also meine Daten ein – und siehe da: Nach nicht einmal fünf Minuten kann ich den Vertrag bei Check24 abschließen und mir 8,16 Euro dafür schenken lassen, dass ich mir kostenlos 1000 Euro leihe. Laut des Vergleichsportals soll das sogar mehrmals möglich sein: „Die Zahl der Kredite ist unbegrenzt“, heißt es in der Pressemitteilung.
Verbraucherschützer sind allerdings weniger euphorisch. Denn jeder Kredit, den ein Kunde aufnimmt, wird in einer Datenbank bei der Schufa erfasst. In dieser Datenbank können sich zum Beispiel Banken darüber informieren, wie viele Kredite ich schon aufgenommen habe. Und daraus schließen sie dann, wie riskant es wohl ist, mir noch einen weiteren Kredit zu geben. Je größer sie das Risiko einschätzen, desto mehr Zinsen muss ich zahlen.
Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg drückt es im Gespräch mit dem Handelsblatt so aus: „Der Kunde muss das Risiko im Blick behalten, dass die Höhe und Anzahl der bisherigen Kredite Auswirkungen auf die Bonitätsberechnung der Schufa beziehungsweise die Gewährung künftiger Kredite haben kann.“
Vergleich mit Smava
Was er nicht direkt sagt: Allein meine Anfrage nach einem Kredit kann schon in der Datenbank der Schufa erfasst werden – mit negativen Folgen für mich. Bevor ich das geschenkte Geld von Check24 annehme, starte ich den Vergleich bei Smava. Ergebnis: Deutschlands günstigsten Kredit bekomme ich bei dem Portal aus Berlin heute nicht. Der Smava-Berater am Telefon erklärt: Eine Anfrage könne sich in der Schufa-Datenbank negativ für mich auswirken. „Versuchen Sie es doch einfach später nochmal.“
Das tue ich sicher nicht. Ich habe mir keinen einzigen Euro geliehen – aber soll trotzdem vom einen auf den anderen Moment nicht mehr so kreditwürdig sein wie vorher, nur weil ich bei Check24 ein Formular ausgefüllt habe, das ich nie unterschrieben habe?
Ich rufe die Pressestelle von Check24 an. Der Sprecher ist gut gelaunt. Er erzählt mir erstmal, dass das Portal sein Angebot gerade auf minus 3,5 Prozent verbessert habe. Kunden sollen nun nach einem Jahr also 19 Euro geschenkt bekommen. Mir ist das längst egal. Ich will kein Geld mehr geschenkt bekommen. Viel eher will ich wissen, warum ich plötzlich nicht mehr so vertrauenserweckend sein soll.
Meine Anfrage würde ein bis zwei Tage in einer Datenbank vermerkt, sagt der Check24-Sprecher. Das dürfe aber nicht zu einem „schlechteren Score“ führen, also einem schlechteren Wert in der Schufa-Datenbank. Stimmt das? Ein Sprecher der Schufa erklärt es genauer. Wenn ich einen ausgefüllten Vertrag vor mir habe, den ich nur noch unterschreiben muss, handele es sich formell um eine Kreditanfrage. „Diese wird bei uns verzeichnet und für zehn Tage beauskunftet“, sagt der Sprecher.
Der Grund lässt sich sogar nachvollziehen. Damit solle verhindert werden, dass sich jemand etwa bei mehreren Banken ganz viele günstige Kredite nachfragt und am Ende viel zu viel Geld für (gemessen am Risiko) viel zu geringe Zinsen leihen kann.
Das Angebot von Check 24 gilt zunächst bis zum 15. März. Smava will sein Sonderangebot von inzwischen minus fünf Prozent bis zum 31. März laufen lassen. Für mich kommt das schnelle Geld trotzdem nicht mehr in Frage. Mir ist es wichtiger, in der Schufa-Datenbank eine vernünftige Bewertung zu haben. Für den Fall, dass ich mal wirklich einen wichtigen Kredit brauche.