Innovationen kann man nicht kaufen. Da kann man noch so große Geldhäufen irgendwo hin schieben oder Personenkult betreiben.
Was man aber tun kann, um Innovation zu fördern, ist Randbedingungen zu schaffen, die es Menschen ermöglichen innovativ zu werden.
Dazu kann man entweder einen kalten Krieg oder ähnliche Zwangsbedingungen anzetteln (das fördert zwar zweifellos die Innovationskraft ist aber auch ein sehr gefährliches Spiel - frei nach dem Motto: Not macht erfinderisch), oder man animiert die Leute wieder von vorn herein mehr zum selber denken, gibt ihnen die Freiheit dies zu tun und schafft ein Umfeld in dem jemand mit einer guten Idee diese auch unbehelligt von kommerziellen Zwängen verfolgen kann.
Man vergisst bei solchen Diskussionen leicht, dass es nicht nur Unternehmen auf dieser Welt gibt und gerade die mehr oder weniger bahnbrechenden Weiterentwicklungen oder echte Innovationen sind Dinge die häufig von klassischen Forschungseinrichtungen kommen. Dass direkt aus jungen Unternehmen ohne vorgeschaltete Unis oder andere Forschungseinrichtungen große Innovationen kommen ist auch in der Vergangenheit eher die Ausnahme gewesen - auch wenn es das natürlich in seltenen Fällen gab. Anders sieht das bei relativ geradlinigen Weiterentwicklungen bestehender Technik aus - das ist meiner Ansicht nach schon nach wie vor eine Domäne der Unternehmen (egal ob jung oder alteingesessen).
Die großen Chiphersteller haben z. B. zweifellos extrem viel dazu beigetragen, dass integrierte Schaltkreise heute ein vergleichsweise billiges Massenprodukt sind und sich damit allerlei digitales Feuerwerk abbrennen lässt, aber die eigentlichen Erfindungen die dazu geführt haben, dass das überhaupt möglich wurde und auch viele der wichtigen Weiterentwicklungen sind in Forschungslaboren entstanden die nicht primär kommerziell arbeiten.
Auch kommerzielle Forschung gibt es natürlich - und das besonders bei den großen Konzernen, aber die wirklichen Freidenker sitzen halt oft nicht dort, weil sie häufig nicht sonderlich gut kompatibel mit dem Gebaren sind, was in Unternehmen herrscht. Man denke z. B. an den Nobelpreisträger der vor einiger Zeit für die Entdeckung des GMR-Effekts ausgezeichnet wurde, auf dem alle halbwegs modernen mechanischen Festplatten basieren und der die gigantischen Speicherdichten erst möglich machte. Der saß an seiner Uni und tüftelte einfach vor sich hin. Die Umsetzung in nutzbare Technik und deren Weiterentwicklung haben dann Unternehmen erledigt, aber auf die Grundlegenden Idee kamen sie eben nicht. Zwar gibt es im kommerziellen Bereich nach wie vor Think-Tanks wie sie IBM mal eingeführt hatte, aber so frei wie das mal geplant war können auch die heute nicht mehr forschen. Der Druck Output zu produzieren, der zügig kommerziell verwertet werden kann ist auch da stets vorhanden.
Die wirklich bahnbrechenden Dinge kamen und kommen jedenfalls immer noch häufig aus Richtung der nicht kommerziellen Forschungsinstitutionen und keineswegs mehrheitlich aus der Richtung in der sich irgendwelche großen Geldhaufen befinden. Wäre es anders müssten wir ja auch in einer Innovationsflut ertrinken, denn bestehende Firmen mit viel Kapital, aber auch Risikokapital für neue Firmen ist mehr da als je zuvor. Die Innovationsflut bleibt dennoch aus. Mehr oder weniger simple Weiterentwicklungen und Kombinationen bekannter Technik sind dagegen inflationär. Die großen Ideen sind aber einfach selten und kommen dann eben eher von Leuten die nicht des Geldes wegen forschen, sondern aus Interesse und ohne kommerziellen Druck. Meiner Einschätzung nach führt ein stetig präsenter kommerzieller Hintergedanke, der in den Forschungsabteilungen von Unternehmen mitgeschleppt wird dazu, dass sich das Gesichtsfeld der Forscher einengt. War selber mal in der angewandten Forschung und es ist schon ein Unterschied, ob man ein Drittmittel-Projekt für irgendeine Firma durchzieht, oder ob man etwas rein des Erkenntnisgewinns wegen untersucht.
Auch an dieser Meldung über die wir hier sprechen sieht man deutlich woher da der Wind da weht. Das ist natürlich alles auf Kapitalbeschaffung und Marketing getrimmt. Ganz wichtig ist dabei immer das vermeintliche kommerzielle Potential hervorzuheben. Wenn die dahinter stehende Idee wirklich weltbewegend wäre, würde man wohl viel mehr die eigentliche Innovation hervorheben und selbst wenn man da vllt. aus patentrechtlichen Gründen nicht ins technische Detail gehen kann, könnte man zumindest konkretere Daten zum Nutzen angeben. Natürlich muss sich ein StartUp finanzieren und von daher ist so etwas natürlich legitim, aber ich vermisse dabei einfach die Substanz.
Worauf ich hinaus will: Innovationskraft ist einfach nichts was man mit Geld kaufen kann, und selbst wenn man kluge Köpfe "einkauft" und sie zusammen arbeiten lässt, ist lange nicht gesagt, dass dabei immer wieder neue Innovationen heraus kommen - egal wie alt oder jung die Leute oder die Firma sind. Dieser Personen-Kult der um so machen Spitzenentwickler oder deren Manager gemacht wird, ist imho ähnlich wie der Presserummel um diese sog. Lichtgestalten des sog. "Fortschritts" (Elon Musk uns Konsorten) zu sehen. Nur weil irgendwo mehr oder weniger planlos viel Geld in der Gegend herum geschoben wird, macht das die Leute nicht innovativer und der Hype um sie macht es nicht besser. Wenn es um echten Fortschritt auf Gebieten geht, wo er wirklich auch nötig wäre, kommt aus deren Richtung jedenfalls so gut wie nichts (und wenn dann allenfalls etwas was werbewirksam genutzt werden kann). In Wirklichkeit dreht sich da meines Erachtens absolut alles ausschließlich um die kommerzielle Nutzung, auch wenn diese sich teilweise nur auf virtuellen Marktchancen beruht. An echtem technischen Fortschritt interessiert sind diese Leute meines Erachtens aber nicht im Geringsten.
Dass echter und vor allem relevanter Fortschritt auch kommerziell verwertbar ist, wird dagegen meist übersehen, weil es da eben in vielen Bereichen um Armortistionszeiträume geht, bei denen viele Gründer ihre Banken nicht ins Boot bringen können und bei bereits existierenden Unternehmen ist schneller Gewinn eben auch erheblich beliebter als nachhaltige Entwicklung.
Dieser verbreitete Glaube, dass allein durch das Zusammenführen junger und damit unerfahrener aber "unverbrauchter" Köpfe mit einem Haufen Geld ja schon irgendetwas Vernünftiges zustande kommen muss, ist mir jedenfalls ein Rätsel. Nichts spricht dafür, dass es da einen Zusammenhang gäbe - zumindest nicht mehr als irgendwo anders. Die Politik der Kombination aus Geldhaufen im Form von Risiko-Kapital und Jugendwahn hat nach meinem Wissen jedenfalls bisher nicht mehr sinnvolle Innovationen hervorgebracht als irgendeine andere Konstellation. Solche Läden sind in der Regel mehr dabei sich wirtschaftlich über Wasser zu halten, bis sie entweder von einem großen Fisch geschluckt werden oder eingehen. Da bleibt kaum Zeit sich wirklich mit der Idee zu befassen und diese voran zu bringen. Meistens geht das ja auch in die Hose, aber das wird immer gern übersehen. Wie viele solche Startups sind schon sang und klanglos untergegangen? Oft ist der Grund für das Scheitern aber nicht allein das Finanzielle, sondern oft ist auch einfach die Idee nicht so gut wie man sie vielleicht dargestellt hat.
In der Realität sucht man echten technischen Fortschritt jedenfalls in den meisten Bereichen vergeblich. Bei Dingen die strategisch wichtig wären (Energiewende etc.) herrscht stattdessen sogar Stagnation und in manchen Bereichen sogar schon erkennbarer Rückschritt. Das passt für mich absolut nicht mit diesem ständigen Fortschrittsjubel zusammen, der überall befördert wird. [/OT]