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Seit rund eineinhalb Monaten soll Amazons Echo den Alltag in der Redaktion inzwischen erleichtern. Ging es im ersten Teil des Tests, der nach zwei Wochen Nutzung erst Einblicke gewähren sollte, um die Inbetriebnahme und einige Auffälligkeiten, stehen im zweiten Part die Skills im Vordergrund. Denn gerade die Offenheit gegenüber Drittanbietern soll Echo und Alexa einen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern verleihen.
Auf den generellen Aufbau des Systems sind wir bereits im ersten Teil des Tests eingegangen. Die von der Hardware erkannten Spracheingaben werden an die Amazon-Server weitergeleitet und dort verarbeitet. Die möglichst passende Antwort wird dann an Echo zurückgeschickt und dem Nutzer mitgeteilt. Das kann eine Reaktion in Form von Sprache - beispielsweise die Antwort auf eine Frage - oder eine konkrete Aktion - der Start der Wiedergabe des genannten Musiktitels - sein.
Einige Funktionen, die Amazon allesamt als Skills bezeichnet, sind bereits ab Werk vorhanden, die Mehrzahl muss aber manuell hinzugefügt werden. Vergleichbar ist das mit dem Installieren von Applikationen und Android und iOS - sowohl im übertragenen als auch im wortwörtlichen Sinn. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Skill von Amazon oder einem Drittentwickler angeboten wird. Innerhalb der Alexa-App sowie der über den Browser erreichbaren Alexa-Webseite lassen sich die Skills im gleichnamigen Bereich durchforsten. Insgesamt gibt es dort 18 Kategorien, angefangen bei Bildung & Nachschlagewerke über Nachrichten bis hin zu Wetter. Zusätzlich werden verschiedene Skills prominent beworben, eine Suchleiste erleichtert außerdem das Auffinden. Mit einem Blick lassen sich Name des Skills, Entwickler, Nutzerbewertung und ein typisches Kommando ablesen.
Alle wichtigen Informationen auf einen Blick
Ein Klick oder Tap auf den Skill öffnet die Detail-Ansicht, in der weitere mögliche Kommandos, eine ausführliche Beschreibung sowie Kommentare von Nutzern dargestellt werden. Soll der Skill hinzugefügt werden, geschieht dies über einen Schalter am oberen Rand, im Gegenzug kann er hier auch deaktiviert werden.
Schon nach den ersten Tagen fiel auf, dass die Integration der Drittentwickler-Skills in einem wichtigen Punkt deutlich von den von Amazon integrierten abweicht. Will man wissen, wie das Wetter wird, soll Musik abgespielt werden oder benötigt man Hilfe bei der Beantwortung einer Frage, kann Alexa ohne Nutzung eines Schlüsselwortes genutzt werden. „Wie wird das Wetter?“ reicht aus, um die Vorhersage für den eigenen Standort abzurufen. Wird eine Stadt genannt, erkennt das System hingegen, dass nicht der eigene Standort gemeint ist. Ähnlich sieht er bei Sportergebnissen aus. Aus „Wie hat der HSV gespielt?“ schlussfolgert Alexa, dass damit das letzte Bundesliga-Spiel des Hamburger SV gemeint ist - die Begriffe „HSV“ und „gespielt“ werden in einen Kontext gebracht, weshalb ein Schlüsselwort überflüssig ist.
Teilweise laufen aber auch einfach nur festgelegte Mechanismen ab, insbesondere beim Thema Musik. So muss dem System nicht mitgeteilt werden, welcher Skill für das Abspielen des gewünschten Titels genutzt werden soll. Stattdessen wird im Hintergrund eine Prioritätenliste abgearbeitet, die bei Amazons Audio-Streaming-Angeboten beginnt und über Spotify bis hin zu TuneIn führt.
Smart Home ist das beste Beispiel für Stärken und Schwächen
Genau diese Freiheit hat man bei den Skills von Drittanbietern nicht immer. Vergleichsweise frei kann man beispielsweise bei der Nutzung von Philips Hue sprechen. „Schalte das Licht im Wohnzimmer ein“ erweckt diesen Eindruck zunächst ebenso wie „Stelle die Helligkeit im Wohnzimmer auf 30 %“. Doch tatsächlich wird hier ausschließlich mit Schlüsselwörtern gearbeitet. Den Begriff „Wohnzimmer“ kennt Alexa nur aus der Hue-App, in der die Räume und Szenen konfiguriert sein müssen. Aber auch für die Regulierung können nur feste Begriffe verwendet werden, fehlt der Begriff „Helligkeit“, schlägt das Dimmen fehl. „Das Licht im Wohnzimmer bitte auf 50 %“ führt somit nicht zum gleichen Ergebnis wie „Stelle die Helligkeit im Wohnzimmer auf 50 %“. Dass hier Intelligenz fehlt, ist auch bei der fehlenden Flexibilität zu spüren. Sollen die Lampen blau leuchten, muss dies als Szene innerhalb der Hue-App festgelegt sein, das Kommando „Wechsel das Licht im Wohnzimmer zu Blau“ oder ähnliches hat hingegen keine Auswirkungen.
Ähnlich unflexibel fällt der „Magenta SmartHome“-Skill der Deutschen Telekom aus. Hier lassen sich nur zuvor in der eigenen Applikation erstellte Szenarien schalten, ein simples „Erhöhe die Temperatur im Wohnzimmer auf 22 Grad“ wird ignoriert. Genau das erlaubt hingegen der Netatmo-Skill, die Steuerung per Echo und Alexa ist somit deutlich natürlicher. Aber auch die Franzosen bieten keine optimale Lösung. Denn während der „Magenta SmartHome“-Skill über die konfigurierbaren Szenarien beinahe die Steuerung aller kompatiblen Komponenten erlaubt, berücksichtigt Netatmo lediglich die, die mit dem Heizen zu tun haben. Die Daten der Wetterstation sind hingegen nicht abrufbar.
Aber auch das innogy-SmartHome-System kann zusammen mit Echo und Alexa genutzt werden. Dessen Integration dürfte derzeit die beste in der Kategorie Smart Home sein. Zwar müssen ebenfalls bestimmte Schlüsselwörter für die Kommandos genutzt werden, der Skill erlaubt aber das Schalten einzelner Komponenten ebenso wie das von zuvor definierten Gruppen.
Gerade beim Thema Smart Home ist es ärgerlich, dass Amazon die Verknüpfung mehrerer Skills nicht vorsieht. Wer Rolladen und Lampen mit verschiedenen Systemen verwaltet, kann das gleichzeitige Schließen ersterer und das gleichzeitigt Einschalten der Lampe im Raum nicht mit einem Kommando veranlassen. Hierfür fehlen erstellbare Befehle im IFTTT-Stil, die Logitechs Harmony beispielsweise erlaubt.
Manches scheitert an der Reife der Plattform
Ganz ähnlich sieht es in auch in allen anderen Bereichen aus, das Thema Smart Home ist hier lediglich exemplarisch. Doch dass es nicht immer am fehlenden Willen der Entwickler, sondern der Komplexität der Spracherkennung liegt, lässt sich in der Kategorie Verkehr erkennen. Dort stehen für den Berliner ÖPNV gleich mehrere Skills bereit, die über Abfahrtszeiten an den Haltestellen von Bussen, Straßen- und S-Bahnen informieren sollen. Doch nicht nur die Bewertungen von Nutzern, sondern auch der Praxistest zeigen, dass das System seine liebe Mühe und Not mit dem Erkennen der gemeinten Haltestellen hat.
In etwa der Hälfte der Versuche erkannte Alexa die Namen gar nicht oder nicht korrekt, dabei wurde auf die richtige Aussprache geachtet. Auffällig war dabei die Fehlerhäufung bei langen oder zusammengesetzten Namen.
Ein Grund, warum sich die Deutsche Bahn bei ihrem Skill derzeit noch auf die Haltestellen beschränkt, die sie mit ihren Zügen bedient. Das Unternehmen begründet dies mit der genannten Komplexität, hat einen Ausbau für die kommenden Monate jedoch bereits angekündigt. Dabei arbeitet auf Seiten des Unternehmens im Hintergrund bereits das System, das auch für den DB Navigator eingesetzt wird und das beinahe alle Bahnhöfe und ÖPNV-Haltestellen deutschlandweit berücksichtigt. Testen kann man dies unter anderem in Frankfurt. Wer nach Verbindungen zwischen Frankfurt Hauptbahnhof und Konstablerwache fragt, erhält auch Angaben zur U-Bahn; Grund hierfür ist die vorhandene Verbindung zwischen beiden Stationen mit S- und U-Bahn. Aber erst, wenn Alexa dazugelernt hat und die Erkennungsraten gestiegen sind, will man weitere Haltestellen in die Auskunft einbeziehen.
Das geschieht aber nicht von heute auf morgen, da die Spracherkennung mitsamt aller dazugehörigen Abläufe kontinuierlich dazulernt - je mehr Alexa genutzt wird, desto besser wird das System. Über die Fortschritte kann man sich dabei selbst informieren. So wurde unter anderem die Aussprache seit dem Start besser, auch die Erkennungsrate fällt besser aus. Entsprechend fällt auch das Nutzen von Nachrichten-Skills inzwischen leichter als noch zum Start. Wer sich nebenbei auf den aktuellen Stand der Dinge bringen lassen will, muss dabei inzwischen weniger konzentriert zuhören.
Kaum Wachstum
Auffällig ist, dass sich seit dem Echo-Start in Deutschland in puncto Skill-Vielfalt kaum etwas getan hat. Aber nicht nur, dass die Zahl nur minimal zugenommen hat: In Summe handelt es sich um Fähigkeiten, die nur einen sehr geringen Mehrwert bieten. Zudem decken mehrere Skills den gleichen Bereich ab, ohne sich jedoch qualitativ besonders voneinander zu unterscheiden - man fühlt sich an Taschenlampen-Apps fürs Smartphone erinnert. Namhafte Anbieter oder Skills sind seit dem Start nicht hinzugekommen, den Grund hierfür kann man nur erahnen. Leider ist nicht ersichtlich, wer an einem Skill arbeitet. Amazons Music Unlimited könnte als Ausnahme genannt werden, ist aber als Skill selbst nicht dediziert verfügbar.
Deshalb kann bislang auch nicht gesagt werden, wie sich das Verhältnis von kostenlosen zu kostenpflichtigen Skills entwickeln könnte. Zwar sind alle Funktionen zunächst grundsätzlich ohne Zahlung verfügbar, Spotify lässt sich jedoch nur dann nutzen, wenn ein Premium-Account vorhanden ist.
Vorläufiges Fazit
Der Blick auf die verfügbaren Skills und deren schwankende Qualität trüben den an sich guten Eindruck des ersten Tests, zeigen aber auch sehr deutlich, warum Amazon selbst von einem nicht fertigen Produkt spricht. Während es an den ab Werk vorhandenen Funktionen fast nichts auszusetzen gibt, reicht der Eindruck bei den Drittanbieterlösungen von gut bis katastrophal; mit sehr gut würden wir derzeit keinen einzigen Skill benoten. Das liegt einerseits an der erwähnten laufenden Verbesserung der Spracherkennung, andererseits an konzeptionellen Schwächen seitens der Entwickler. Auch das führt dazu, dass nicht ein Skill als Kaufargument für Echo durchgeht.
Dabei könnten dies vor allem diejenigen denken, die ihr Smart Home bequem per Sprache steuern wollen. Die wichtigsten Plattformen werden unterstützt, der Funktionsumfang ist aber bei keiner zufriedenstellend. Natürlich kann sich dies in den kommenden Wochen und Monaten ändern, für Amazon könnte sich daraus aber eine gefährliche Eigendynamik entwickeln. Wenn die Verbraucher mit der Anschaffung von Echo und Echo Dot warten, bis es viele und gute Skills gibt, auf der anderen Seite die Entwickler erst bei einer großen Nutzerschaft loslegen wollen, bewegt man sich schnurstracks auf das Henne-Ei-Problem zu.
Dass es anders geht, zeigen die USA. Dort legte das Angebot schneller zu, zudem waren früh zahlreiche wichtige Partner mit an Bord. Fiel das zwischenzeitliche Fazit nach dem ersten Teil des Tests noch positiv aus, würde eine Note derzeit schlechter ausfallen.
Wer dennoch den Drang verspürt, sich Echo für 180 Euro oder Echo Dot für 60 Euro kaufen zu wollen, muss weiterhin auf die Gunst Amazons hoffen. Denn noch immer kann das Interesse nur bekundet werden, Einladungen für den Erwerb verteilt das Unternehmen nach eigenen Angaben aber regelmäßig. Ob es rechtzeitig bis Weihnachten klappt, kann Amazon aktuell aber nicht versprechen.