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Oculus Go als echte Standalone-Lösung ausprobiert

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Oculus Go als echte Standalone-Lösung ausprobiert
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Nach der Einführung der VR-Headsets der neuen Generation alias Oculus Rift und HTC Vive ist es recht still um den Hype aus dem Jahre 2016 geworden. Unser Test der HTC Vive legt einige der größten Schwachstellen offen. Nun will Facebook mit seinem Zukauf Oculus den nächsten Schritt machen und verkauft das bereits angekündigte Standalone-Headset Oculus Go. Wir haben uns die VR-Brille angeschaut.

Vor allem das Display bzw. die Auflösung aktueller VR-Headsets ist noch nicht auf dem Stand angekommen, der den Nutzer vollends in die virtuelle Realität führt. Die HTC Vive Pro kann zumindest im Bereich der Auflösung eine deutliche Verbesserung anbieten, kostet im Komplettpaket aber auch 1.400 Euro. Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass für die bisherigen Headsets eine Kabelverbindung zum PC oder der Konsole vorhanden sein musste. Alternativen sollten zunächst Cardboards sein, in die ein Smartphone eingelegt werden kann, aber eine solche Lösung kann eine HTC Vive oder Oculus Rift nicht ersetzen. Gleiches gilt bisher für drahtlose Anbindungen, die im Falle von HTC zumindest in Kürze in den Massenmarkt gehen und bei der es im praktischen Einsatz keinerlei Hindernisse mehr durch Verzögerungen im Signal geben sollen.

Doch zunächst ein paar technische Daten und ein Vergleich zu den weiteren VR-Headsets.

Spezifikationen der VR-Headsets im Vergleich

Hersteller und Bezeichnung:

Oculus GoHTC Vive (Pro) Oculus Rift
Preis: 220 Euro959 Euro 741 Euro
Homepage: www.oculus.comwww.htcvive.com www.oculus.com
Gewicht: 468 g555 g 380 g
Auflösung pro Auge: 1.280 x 1440 Pixel1.080 x 1.200 Pixel
1.440 x 1.600 Pixel (Pro)
1.080 x 1.200 Pixel
Panels: LCDOLED OLED
Bildwiederholungsrate: 60 oder 72 Hz90 Hz 90 Hz
Sichtfeld 100 °110 °  93-94 °
Sound: integrierte Lautsprecherbeliebiger Kopfhörer anschließbar
integriert (Pro)
integrierter Kopfhörer
3D-Audio
austauschbar
Tracking: Gyroskope
Beschleunigungssensoren
optisches Tracking via Laser
Gyroskope
Beschleunigungssensoren

Tracking über Kamera
Gyroskope
Beschleunigungssensor

Controller: 1x Handcontroller2x Handcontroller Xbox-Controller
Handcontroller folgen später
Anschlüsse: 1x Micro-USB1x HDMI 1.4
1x USB 3.0
1x DisplayPort 1.2 (Pro)
1x HDMI 1.4b
1x USB 3.0
Plattform: -PC PC
Sonstiges: WLAN
Bluetooth
Bluetooth -

Der direkte Vergleich der wichtigsten Punkte zeigt: Während die Abmessungen weitestgehend vergleichbar sind, ist das Gewicht der Oculus Go etwas höher und liegt zwischen der HTC Vive und Oculus Rift. Im Vergleich zur HTC Vive ist das geringe Gewicht aber ein spürbarer Pluspunkt. Selbst nach zwei Stunden zieht das Headset den Kopf noch nicht nach vorne und drückt auch nicht auf dem Nasenrücken. Das VR-Anwendungen anstrengend werden können, liegt eher am Inhalt selbst oder der Konzentration die dazu aufgebracht werden muss.

Hinsichtlich der Auflösung bewegt sich die Oculus Go zwischen einer HTC Vive und Vive Pro. Durch die Verwendung eines LC-Displays ist die Darstellung aber grundsätzlich bereits anders zu beurteilen. Eine Pixelmatrix ist nicht zu erkennen und durch die feineren Pixel wirkt die Darstellung über dem Niveau einer HTC Vive und Oculus Rift. Die HTC Vive Pro bietet aber aufgrund der nochmals höheren Auflösung eine spürbar bessere Darstellung. Eben genannte Headsets können durch die Verwendung eines AMOLED-Displays aber mit einer besseren Farbdarstellung auftrumpfen und auch vermeintlich schwarze Bereiche sind bei der Oculus Go eher Grau als Schwarz.

Die Oculus Go arbeitet mit dem sogenannten Fixed Foveated Rendering. Dies bedeutet, dass der mittlere Bereich mit der vollen Auflösung von 1.280 x 1.280 Pixeln gerendert und dargestellt wird. In die äußeren Bereichen wird auf 1/4 bis 1/16 der vollen Auflösung heruntergefahren. Damit soll es der Hardware möglich gemacht werden, im Sichtfeld des Nutzers die volle (Darstellungs)Leistung zu erbringen, am Rand wird etwas Leistung eingespart. Ob die Darstellung in 60 oder 72 Hz erfolgt, hängt von der Anwendung ab.

Die Oculus Go ist ein Standalone-Headset, kommt also ohne extern angebundenen Rechner aus. Im Inneren werkelt ein Qualcomm Snapdragon 821. Dieser bietet vier CPU-Kerne auf Basis der eigenen Kryo-Architektur mit einem Takt von bis zu 2,4 GHz. Hinzu kommt eine Adreno 530 GPU, die im mobilen Bereich ebenfalls zu den leistungsstärksten gehört. Gefertigt wird der SoC in 14 nm. Bei vollgeladenem Akku soll das Spielerlebnis etwa 1,5 bis 2 Stunden anhalten können. Das Betrachten von Filmen soll über 2 bis 2,5 Stunden möglich sein. Geladen wird das VR-Headset per Micro-USB-Kabel in drei Stunden. Stärkere USB-Netzteile erledigen dies teilweise auch deutlich schneller.

Die Oculus Go verfügt über 32 oder 64 GB an internem Speicher. Von den 32 GB sind noch 25 GB für Anwendungen nutzbar, die meist nicht größer als ein paar hundert Megabyte sind.

Die Oculus Go misst 190 x 105 x 115 mm und wiegt 468 g. Das Gehäuse der Brille besteht aus Kunststoff. Facebook hat sich für ein helles Grau entschieden. Bis auf einige wenige Bedienelemente sind am eigentlichen Headset nur viele gleichfarbige Flächen zu sehen. Auf Detektionspunkte für außerhalb liegende Sensoren kann verzichtet werden, da das Headset sich für das Tracking ausschließlich auf interne Sensoren verlässt.

Die Befestigung am Kopf erfolgt über drei Stoffbänder, die teilweise elastisch sind und an zwei Stellen per Klettverschluss festgezogen werden. Da auf ein Positional Tracking verzichtet wird, bewegt sich der Träger weniger hektisch und daher ist der korrekte Sitz der Brille durch diese Befestigungsmaßnahmen bereits sichergestellt.

Es gibt lediglich zwei Bedienelemente, eines davon ist der Ein/Ausschalter auf der Stirnseite der Brille. Die LED gibt über ihre Farbe auch den Betriebszustand der Oculus Go wieder und erläutert den Ladezustand des Akkus. Über die hier rechte Wippe kann die Lautstärke verändert werden.

Auf der in Blickrichtung linken Seite des Headsets befindet sich der Micro-USB-Anschluss, über den der Akku geladen werden kann. Darunter befindet sich ein Klinke-Anschluss für den optionalen Kopfhörer. Dieser sollte vor allem dann verwendet werden, wenn der interne Lautsprecher nicht die gewünschte Qualität anbieten kann oder aber die Brille in Umgebungen genutzt wird, in der sich nicht nur der Träger aufhält.

Zwischen den beiden Linsen des Headsets befindet sich ein Annäherungssensor, der das Display erst einschaltet, wenn diese auch benutzt wird. Damit das Bild von einem flachen Display so auf der Netzhaut des Auges abgebildet wird, damit der Nutzer ein möglichst großes Sichtfeld hat, setzen alle Hersteller auf Fresnel-Linsen. Durch das angewendete Bauprinzip werden Gewicht und Volumen eigentlich großer Linsen kleiner, was sich besonders bei Linsen mit kurzer Brennweite auswirkt, die in normaler Form sehr dick und schwer wären.

Die Fresnel-Linsen sind in ringförmige Bereiche aufgebaut. Dies wird bei einem genauen Blick deutlich und bringt auch einige Probleme bei der Darstellung mit sich, auf die wir noch eingehen werden. In jedem dieser ringförmigen Bereiche wird die Dicke verringert, sodass die Linse eine Reihe ringförmiger Stufen erhält. Da Licht nur beim Passieren der Linsen-Oberflächen gebrochen wird, ist der Brechungswinkel nicht von der Dicke, sondern nur von dem Winkel zwischen den beiden Oberflächen abhängig.

Kommen wir nun zu den Problemen mit den Fresnel-Linsen, die sowohl die HTC Vive, Oculus Rift aber auch die Oculus Go betreffen. Sobald ein Bild mit hohem Kontrast in der Helligkeit dargestellt werden soll (z.B. schwarzer Hintergrund und eine helle Schrift), werden Ringmuster sichtbar, die von den hellen Bereichen des Bildes abstrahlen. Die HTC Vive hatte damit noch deutlicher zu kämpfen, bei der Oculus Go fallen sie weniger auf.

Facebook arbeitet für die Oculus Go mit dem chinesischen Unternehmen Xiaomi zusammen. Dieses bietet die VR-Brille unter eigener Marke bereits in China an. Als Import-Hardware sind zudem zahlreiche Smartphones, TV-Geräte und sogenannte Smart Devices im Angebot.

Oculus liefert auch gleich einen Controller mit. Dieser misst 111 x 37 x 57 mm und wiegt nur 65 g. Die notwendige AA-Batterie liegt im Lieferumfang bei. Ein Lanyard lässt sich zur Sicherung anbringen.

Bedient wird der Controller über mehrere Elemente. Die große runde Fläche ist ein Trackpad, welches auch drucksensitiv ist. Darunter befinden sich "Zurück" und "Home". Der Zeigefinger liegt auf einem Trigger und löst meist die gewünschte Aktion aus. Angebunden wird der Controller per Bluetooth und intern sind Beschleunigungssensoren verbaut, damit der Controller seine jeweiligen Position an die Oculus Go übertragen kann.

Die Einrichtung der Oculus Go erfolgt per Smartphone-App unter iOS oder Android. Über die App wird das Oculus-Konto eingerichtet oder sich darin eingeloggt. Zunächst aber wird das zur Verfügung stehende WLAN an das Headset übergeben, damit sich dieses darin einklinken kann.

Der Oculus-Store kann sowohl über die Oculus Go als auch über die App besucht werden. Darin ist dann auch der Kauf und die Installation der gewünschten Programme möglich.

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Da wir die Inhalte aus der Oculus Go hier nicht so einfach darstellen können, haben wir einige Trailer zusammengetragen. Diese geben zumindest einen groben Eindruck dessen, was sich im Headset betrachten lässt.

Praxiseinsatz und Fazit

Das Fazit wollen wir auch gleich mit einer Einschätzung des Trackings beginnen, denn darauf haben wir bis auf die Erwähnung der Beschleunigungssensoren bisher nur wenige Worte verwendet. Die Oculus Go bietet kein Positional Tracking – erkannt werden nur Drehbewegungen in zwei Achsen. Der Träger der Brille kann diese also an ihrer Position halten, da sie Änderungen in einem weiteren Bewegungsgrad ohnehin nicht erkennt. Freie Bewegungen wie mit der HTC Vive sind nicht möglich und auch ein Vorbeugen wie bei der Oculus Rift hat keinerlei Effekt. Dazu passt dann auch, dass der Controller nur drei Freiheitsgrade (3DoF) bietet.

Dies bedeutet, dass der Träger der Oculus Go am besten sitzend die Anwendungen ausführt und den Kopf bis auf ein Drehen und Nicken ruhig hält. Ähnliches gilt für den Controller. Dieser kann im Handgelenk gekippt werden, ein Ausstrecken oder Heranziehen wird nicht in einer entsprechenden Bewegung wiedergegeben. Es fühlt sich ein wenig so an, als sitze man näher am Monitor oder einem Kino mit einem Controller in der Hand. Die echte Immersion will sich aber nicht einstellen. Dennoch kann die Oculus Go das Gefühl von Weite und Höhe wiedergeben. Da der Nutzer zumindest optisch vom Rest der Umgebung abgekoppelt wird, lässt sich das Gehirn schnell in die Irre führen.

Die Oculus Go soll der günstige Einstieg in die VR-Welt sein. Ein teurer, weil recht leistungsstarker Gaming-PC, der die Bilder für die Brille liefert, ist nicht notwendig. Der Qualcomm Snapdragon 821 soll ausreichende Leistung für die meisten Anwendungen bieten. Man fühlt sich aber schnell an eine Hürde herangeführt, die im Zusammenspiel mit Display und SoC offenbar nicht zu überwinden ist. Damit meinen wir: Störende Ruckler haben wir in den meisten Anwendungen nicht feststellen können, die Darstellung bewegt sich aber auch auf einem Niveau, das weit entfernt von dem aktueller High-End-Spiele ist. Die Auflösung des Displays könnte natürlich höher sein, dann aber könnte ein SoC die Darstellung nicht mehr schnell genug berechnen. Apple soll an einem VR-Headset arbeiten, welches pro Auge eine 8K-Auflösung bieten soll. Derzeit ist aber keine Hardware am Markt vorhanden, die solche Auflösungen flüssig darstellen kann.

Lange Spielesessions wird es mit der Oculus Go mangels fehlender Inhalte aber weiterhin nicht geben. Noch immer fühlt sich vieles eher nach einer Technologiedemo an. Einen Netflix-Film schauen sich viele sicherlich auch eher auf dem heimischen TV anstatt einem virtuellen Kino an. Ob man sich mit einer solchen Brille in die Bahn setzt und so seine Inhalte betrachten möchte, sei auch einmal dahingestellt. Es bleibt also, auch aufgrund der Akkulaufzeit, bei einem kurzen Spielspaß, der meist nach einer Stunde endet.

Die Oculus Go ist ab sofort in einer Version mit 32 GB für 220 Euro und mit doppeltem Speicher für 270 Euro verfügbar. Der Preis lockt sicherlich den ein oder anderen in die virtuelle Realität. Das Verhältnis aus Preis und Leistung ist für ein VR-Headset mit der Oculus Go derzeit eines der besten.

Quellen und weitere Links KOMMENTARE (20) VGWort