Der Einsatz eines vermeintlichen Graphitpads war sicherlich eine Überraschung bei der Radeon VII von AMD. Ob dies der Karte zum Vorteil gereicht ist einer der Punkte, die wir uns anschauen wollen. Während wir die Karte auseinandergebaut haben, ist unser Wärmeleitpad zerstört worden. Ein einfaches Zusammensetzen der Karte resultierte in viel zu hohen Temperaturen, also haben wir uns nach einer Alternative umgeschaut.
Die letzte Maßnahme bei den Tests der Grafikkarte ist das Auseinanderbauen. Dies machen wir immer erst zum Schluss, um die Integrität der Karte im Hinblick auf ihre Kühlung gewährleisten zu können. Ist der Kühler erst einmal von der GPU entfernt, kann die Karte nicht mehr in den Zustand versetzt werden, in dem sie ausgeliefert wurde. Zumeist kommt Wärmeleitpaste zum Einsatz, und da oft nicht bekannt ist welche genau, kann der originale Zustand nicht mehr so einfach erreicht werden.
Der Wechsel der Wärmeleitpaste kann aber auch Vorteile haben. So kann der Einsatz einer besseren Wärmeleitpaste dazu führen, dass die Temperaturen der GPU gesenkt werden. Die Verwendung eines Graphitpads ist auf der Radeon VII kein echtes Novum und wurde so von ASUS schon einmal verwendet. Es handelt sich auch nicht um ein Graphitpad im eigentlichen Sinne, sondern um ein Wärmeleitpad auf Kohlenstoffbasis. Das Pad besteht aus einem sehr klebrigen Material. Dies erklärt auch, warum es sich recht schwer entfernen lässt. Kollege Wallossek merkt an, dass es sich genauer um ein Polymer handelt, welches auch schon auf der Radeon Pro WX8200 eingesetzt wurde. Darin eingemischt finden sich Kohlenstoffblättchen wieder.
Warum AMD sich dazu entschieden hat, ein solches Wärmeleitpad einzusetzen, ist unklar. In unserem Test erreicht die GPU eine Temperatur von 68 °C, die ebenfalls ausgelesene Junction Temperatur lag bei über 110 °C – ab dieser Temperatur beginnt die Karte mit der Senkung von Spannung und Takt.
Die wichtigste Kennzahl von Wärmeleitpaste, Wärmeleitpads und auch Graphitpads ist die Wärmeleitfähigkeit, angegeben in W/mK. Die Wärmeleitfähigkeit beschreibt also die Eigenschaft wie viel Leistung in Form von thermischer Energie (angegeben in Watt) pro Meter und Kelvin Temperaturunterschied durch die Wärmeleitpaste oder das Graphitpad transportiert werden können. Sowohl bei Wärmeleitpasten als auch Graphitpads kommt es aber auch darauf an, wie dick diese aufgetragen werden oder im Falle der Pads wie dick diese sind.
Vergleichen wollen wir den Einsatz des von AMD verbauten Graphitpads mit der Wärmeleitpaste Kryonaut von Thermal Grizzly sowie dem Innovation Cooling Graphite Thermal Pad. Als Drittquelle ziehen wir noch die Ergebnisse von Roman Hartung alias der8auer heran, der die Radeon VII bereits mit Flüssigmetall getestet hat. Während die Graphitpads und klassische Wärmeleitpaste nicht leitend sind und daher keine Gefahr für die Hardware darstellen, kann Flüssigmetall bei falscher Anwendung zu Kurzschlüssen und damit Beschädigungen der Hardware führen.
Bevor wir nun genauer auf die einzelnen Produkte eingehen, noch ein paar Worte zu den ebenfalls nun folgenden Angaben. Wärmeleitpaste gibt es von viele Herstellern und auch bei den Graphitpads hat der interessierte Käufer in gewisser Weise die Wahl. Daher kann es auch Unterschiede in der Wärmeleitfähigkeit geben. Wir haben uns hier einfach exemplarisch für ein paar Modelle entschieden, um den grundsätzlichen Unterschied aufzuzeigen.
Die Fähigkeit der einzelnen Produkte in der Übersicht:
Wärmeleitpaste | Flüssigmetall | Graphitpad | |
Wärmeleitfähigkeit | 12,5 W/mk | 73 W/mk | 35 W/mK |
Einsatztemperatur | -250 °C / +350 °C | 10 °C / +140 °C | -200 °C / +400 °C |
Die beste Wärmeleitfähigkeit besitzt also das Flüssigmetall. Dafür ist es elektrisch leitend und daher in der Handhabung etwas komplizierter. Die klassische Wärmeleitpaste hat die geringste Wärmeleitfähigkeit. Das Graphitpad liegt zwischen der Wärmeleitpaste und dem Flüssigmetall.
Die Kosten für die unterschiedlichen Methoden sind ebenfalls sehr unterschiedlich. Die Conductonaut Flüssigmetall-Wärmeleitpaste kostet beispielsweise 37,90 Euro bei Caseking. Die Kryonaut Wärmeleitpaste bei ähnlicher Menge 14,90 Euro. Das Innovation Cooling Graphite Thermal Pad kostet bei Abmessungen von 40 x 40 mm etwas mehr als 10 Euro.
Woraus ein Graphitpad besteht
Ein Graphitpad besteht aus dem vielerorts zitierten Wundermaterial Graphen. Dabei handelt es sich um Kohlenstoff in einer Gitterstruktur. Es handelt sich um eine zweidimensionale Struktur, welche die Wärme in dieser Ebene mit bis zu 1.600 W/(mK) abführen kann. Ein Graphitpad besteht allerdings aus mehreren Lagen. In vertikaler Richtung ist die Wärmeleitfähigkeit deutlich geringer. Ein Graphitpad kann aber dabei helfen, die Wärme besser in der horizontalen Ebene zu verteilen. Je weniger Schichten das Graphitpad aufweist, desto besser kann es die Wärme leiten. Das von AMD eingesetzte Graphitpad und auch das von Innovation Cooling ist relativ dick. Angaben zur Anzahl der Schichten gibt es aber nicht.
Graphitpads sollen von der Anwendung her sehr einfach sein. Sie müssen einfach nur in der richtigen Größe vorliegen, können aber auch zurechtgeschnitten werden. Zudem ist das Auftragen einfach, da sie nur zwischen Kühler und Chip gelegt werden. Zudem soll die Langzeithaltbarkeit besser sein, da das Graphitpad nicht austrocknen kann. Auch eine Mehrfachverwendung der Graphitpads ist möglich.
Messergebnisse
Den Einsatz von Flüssigmetall haben wir nicht selbst getestet. Hier wollen wir auf das Video von der8auer verweisen.
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Als Fazit kann hier festgehalten werden, dass sich die Temperaturen auf der Radeon VII durch den Einsatz von Flüssigmetall nicht signifikant reduzieren lassen. Die GPU-Temperatur ist bei Roman mit jeweils 73 °C im übertakteten Zustand identisch. Die Junction Temperatur konnte von 106 auf 101 °C reduziert werden. Der Grund für den nicht vorhandenen Effekt des Flüssigmetalls könnte aber sein, dass dieses extrem dünn aufgetragen wird und der Abstand zwischen Kühler und GPU der Radeon VII einfach zu groß ist. Das Flüssigmetall kann also keinen ausreichenden Kontakt herstellen.
Nun aber zu unseren Messwerten für den Vergleich der Wärmeleitpaste und dem Graphitpad:
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Die Ergebnisse zeigen keinerlei Verbesserungen durch den Einsatz der Wärmeleitpaste. Deutlich schlechter wird die Kühlung durch die Verwendung des Graphitpads. Der Einsatz eines solchen Pads ist also nicht zu empfehlen. Wir werden die Radeon VII nun mit Wärmeleitpaste weiterverwenden – zumindest so lange, bis wir ein Wärmeleitpad auf Kohlenstoffbasis finden, wie es von AMD verwendet wird.
Wir haben auch noch einige Verlaufsdiagramme erstellt, welche die Entwicklung der Temperaturen zeigen:
Auch über den Verlauf zu erkennen ist, dass die Radeon VII ab Werk gute Temperaturwerte abliefert, mit der Wärmeleitpaste etwas besser wird, das von uns genutzte Graphitpad aber keinen positiven Einfluss auf die Temperaturen hat.
Wer seine Radeon VII also hinsichtlich der Temperaturen mit dem verbauten Luftkühler optimieren möchte, sollte sich von diesem Gedanken verabschieden und am besten alles so belassen, wie es ist. Der Einsatz einer Wärmeleitpaste, eines Graphitpads oder auch von Flüssigmetall lohnt nicht. Die Frage dürfte nun sein, was zu tun ist, sollte es bald einen ersten Wasserkühler für die Radeon VII geben. Dann wird man vorerst wohl auf klassische Wärmeleitpaste oder auch Flüssigmetall setzen. Letzteres sollte aufgrund der Handhabung noch einmal überdacht werden.
Spannend wird auch zu sehen sein, ob der Nachrüst-Markt bald mit einem Kohlenstoff-Polymer wird aufwarten können. Die Ergebnisse scheinen dem Einsatz dieser Methode ein gewisses Potential zu bescheinigen. Ob der dauerhafte Einsatz auf Grafikkarten und auch Prozessoren sinnvoll ist, bleibt abzuwarten. Hier müssen genauere Tests des Materials folgen.
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