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Googles Android beansprucht für sich das offenere, flexiblere und letztendlich bessere mobile Betriebssystem im Vergleich zu iOS und Windows Phone zu sein. Doch auch wenn man erst vor kurzem bekannt gegeben hat, dass täglich mehr als 850.000 Aktivierungen vollzogen werden, so werden dennoch täglich die Probleme einer derart offenen und "flexiblen" Plattform deutlich.
Diese Probleme sind zum Großteil nicht bei Google zu suchen, sondern bei den Herstellern von Smartphones und Tablets. Diese verlassen sich zu sehr auf die Entwicklung und Hilfe von Google, vergessen dabei aber ihre eigene Verantwortung innerhalb der Open Handset Alliance.
Google stellt Android in seiner reinen Form allen zur Verfügung - somit natürlich auch den einzelnen Herstellern wie Samsung, LG, Sony etc. Diese müssen die Software an die eigenen Geräte anpassen. Treiber müssen geschrieben und falls gewünscht auch die Oberfläche angepasst werden. Diese Anpassungen der Software, das sogenannte Branding, sorgte bereits vor Verbreitung von Smartphones immer wieder für Ärger. Spezielle Telekom- oder Vodafone-Menüs waren bei vertragsgebundenen Geräten über Jahre hinweg obligatorisch. Auch die Hersteller versuchen den Geräten bzw. der Software ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Bei Samsung heißt diese aufgesetzte Oberfläche Touchwiz, bei HTC beispielsweise Sense.
Originale Android 4.0 Oberfläche (Links) - Samsung Touchwiz (Mitte) - HTC Sense (Rechts)
Diese Anpassung in Design und Technik bedarf einiger Programmier-Arbeit, die offenbar nicht bei jedem Hersteller an oberster Stelle steht. Anders ist es nicht zu erklären, dass es teilweise mehrere Monate dauert, bis eine neue Android-Version auf den Smartphones und Tablets landet. Noch einmal zur Erinnerung: Android 4.0 wurde Mitte Oktober 2011 vorgestellt, inzwischen sind wir bei Version 4.0.4 angekommen und noch immer warten viele Smartphones und Tablets auf ihre Update. Android 4.1 steht in den Startlöchern. Gegen Ende des Jahres soll bereits Android 5.0 vorgestellt werden.
Schaut man sich die aktuellen Zahlen an, wird das Problem recht schnell deutlich. Demnach kommt Android 4.0 inzwischen auf 7,1 Prozent, während der Großteil noch immer mit Android 2.3 "Gingerbread" arbeitet. Es dürfte für Google wenig erfreulich sein, dass die neueste Version einen derart geringen Anteil hat, zumal für Ende des Jahres schon die nächste Generation in Planung ist. 7,1 Prozent sind nach mehr als acht Monaten nicht tragbar, zumal Google auf der I/O 2011 eine aggressivere Update-Strategie angekündigt hatte.
Android-Version | Codename | Prozentualer Anteil |
Android 1.5 - 2.1 | Cupcake, Donut, Eclair | 6,1 Prozent |
Android 2.2 | Froyo | 19,1 Prozent |
Android 2.3.x | Gingerbread | 65,0 Prozent |
Android 3.x | Honeycomb | 2,7 Prozent |
Android 4.x | Ice Cream Sandwich | 7,1 Pozent |
Verdeckt wird das Problem durch die Tatsache, dass Google auf starke Wachstumszahlen verweisen kann. Laut einer Marktanalyse von Gartner wird Android am Tablet Markt in diesem Jahr am stärksten wachsen. 119 Prozent Wachstum werden prognostiziert, während Apple mit iOS und dem iPad "nur" um 82,5 Prozent wachsen soll. Dennoch soll Apple weiterhin rund 62,7 Prozent des Marktes bedienen und an dieser Situation wird sich laut Gartner auch bis 2016 nicht viel ändern.
Betriebssystem | 2011 | 2012 | 2013 | 2016 |
iOS | 39.998.000 | 72.998.000 | 99.553.000 | 169.652.000 |
Android | 17.292.000 | 37.878.000 | 61.684.000 | 137.657.000 |
Windows | 0 | 4.863.000 | 14.547.000 | 43.648.000 |
QNX | 807.000 | 2.643.000 | 6.036.000 | 17.836.000 |
Andere | 1.919.000 | 510.000 | 637.000 | 464.000 |
Gesamtmarkt | 60.017.000 | 118.883.000 | 182.457.000 | 369.258.000 |
Dabei muss auch verstanden werden, dass Apple mit maximale zwei Geräten vertreten ist, während alleine in diesem Jahr über 100 Tablets von verschiedenen Herstellern mit Android erscheinen sollen. Die großen Player wie Samsung, Sony, Lenovo, Toshiba etc. werden sich sicher einen Großteil des Marktes sichern. Die Problematik der Fragmentierung haben wir aber bereits angesprochen.
Es gibt auch spezifische Probleme mit Android bei den Smartphones und Tablets. So genießen die Hersteller eine komplette Freiheit bei der Wahl der Displays und Auflösung. Von 2 bis 5,5 Zoll ist alles vorhanden und die Auflösungen reichen von 320 x 240 Pixel bis 1280 x 720 Pixel. Entwickler müssen ihre Apps auf eine Vielzahl von Auflösungen und Seitenverhältnisse anpassen. Nicht in jeder ist die ideale Darstellung also zu gewährleisten. Mit Android 4.0 hat Google auch seine Vorgaben für die Hardware-Tasten aufgeweicht. Während man bei seinem Referenz-Smartphone Galaxy Nexus auf vier Software-Tasten setzt, geht z.B. Samsung offenbar den Weg zu einem einzigen Hardware-Home-Button. Eine klare Linie ist nicht erkennbar, weder für Entwickler, noch für Benutzer.
Noch spezifischer wird das Problem bei genauer Betrachtung der verbauten Prozessoren im gleichen Smartphone. So bringen sowohl HTC wie auch Samsung Smartphones auf den Markt, die in Asien, Europa und den USA mit unterschiedlichen Chips aufgeliefert werden. Wir sprechen hier nicht davon, dass ein Unterschied zwischen UMTS und LTE gemacht werden muss, sondern von komplett unterschiedlichen Voraussetzungen bei der Performance der Hardware. Ein Dual-Core-Smartphone unterscheidet sich in der Benutzung maßgeblich von einem ansonsten gleichen Gerät, dass mit einem Quad-Core ausgeliefert wird.
Auch bei den Tablets lassen sich gewisse Unzulänglichkeiten erkennen. Obligatorisch sind auch hier die großen Verzögerungen bei den Software-Releases. Wurde und wird Apples iPad noch immer als zu teuer beschimpft, haben die Konkurrenten recht schnell feststellen müssen, dass auch sie nur mit Wasser kochen. Die Situation hat sich in den letzten 1-2 Monaten aber schon deutlich verbessert. So hat Samsung beispielsweise seine Preise deutlich nach unten korrigieren können. Das Galaxy-Tab-2-Serie startet ab 260 Euro. Wohlgemerkt sprechen wir hier von einem 7-Zoll-Tablet mit einer Auflösung von 1024 x 600 Pixel, 16 GB Speicher und WiFi-only. Zum Vergleich: Das neue iPad mit 10 Zoll und 2048 x 1536 startet bei gleichem Speicherausbau bei 479 Euro. Das iPad 2 mit 10 Zoll und 1024 x 768 startet bei 399 Euro. Der Konkurrent in Form des Galaxy Tab 10.1 mit 16 GB und WiFi kommt immerhin auf 360 Euro. Das ASUS Transformer Pad Prime mit Dock und 32 GB Speicher kommt auf etwa 570 Euro. Das neue ASUS Transformer Pad Infinity kostet mit Doch stolze 749 Euro. Bei einer Abwägung der Features zeigt sich also recht schnell, dass sich die Konkurrenz nicht viel gibt. Der Kunde muss entscheiden, worauf er Wert legt. Eine "offenes" System, ein herausragendes Display oder die Möglichkeit ein Dock anzuschließen. Die eierlegende Wollmilchsau bietet keiner der Hersteller.
Mit der preislichen Vergleichbarkeit ist es aber recht schnell vorbei, wenn man sich das Galaxy Note 10.1 anschaut. Abgesehen von der kurzfristigen Verschiebung und Anpassung der Hardware verlangt Samsung auch noch 729 Euro für sein Flaggschiff-Tablet (von einer Verfügbarkeit wollen wir gar nicht erst sprechen). Auch hier darf gerne wieder der Vergleich zur Konkurrenz aus dem Hause Apple herangezogen werden.
Zumindest mittelfristig haben Samsung und auch ASUS, Acer und die anderen Hersteller einen direkteren Angriff auf das neue iPad geplant. Tablets mit Full-HD-Auflösung wurden bereits auf der CES Anfang des Jahres gezeigt - ein konkreter Release ist aber noch nicht in Sicht. ASUS hat nun angekündigt, dass das Transformer Pad Infinity (TF700T) im Juli verfügbar sein soll - ob dies auch ausreichende Stückzahlen beinhaltet, steht in den Sternen. Den Fehler wie zuletzt beim Transformer Prime sollte ASUS besser unterlassen. Hier stellte sich nach der Auslieferung heraus, dass kein einwandfreier GPS-Enpfang gewährleisten werden kann. ASUS hat daraufhin mit einem USB-Dongle nachgebessert. Acer hatte Gerüchten zufolge mit einem hitzigen Tegra-3-Chip in seinen Tablets zu kämpfen, sobald dieser die native FullHD-Auflösung bei Spielen darstellen sollte. Zwar versuchte Acer ein schnelles Dementi, bis heute aber steht eine definitive Antwort des Herstellers aus.
Heute startet die Google I/O 2012. Auf ihr wird Google vermutlich Android in der Version 4.1 vorstellen. Welche neuen Features Google einbauen wird, ist nicht bekannt. Womöglich wird man auch einen Ausblick auf Android 5.0 geben, aber auch hierzu gibt es bislang keinerlei Details. Interessant könnte es bei der Hardware werden. Seit Monaten kursiert das Gerücht, dass Google an einem Nexus-Tablet arbeitet, das von ASUS gefertigt werden soll. Um gegen die starken Verkaufszahlen des Amazon Kindle Fire angehen zu können, soll es sich dabei um ein 7-Zoll-Tablet handeln, das mit einem Tegra-3-Prozessor ausgestattet ist und ab 199 US-Dollar über die Ladentheke gehen soll. Mit der eignen Software auf einer selbst kontrollierten Hardware könnte Google einige eben erwähnte Kritikpunkt mit einem Schlag beheben. Doch warten wir die Ankündigungen der Google I/O 2012 erst einmal ab, denn Versprechungen macht jeder Hersteller, sie einzuhalten führt meist zum Erfolg.
Zum Schluss muss noch einmal klargestellt werden: Android hat mehr als nur gute Ansätze - es hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem "global Player" auf dem Smartphone-Markt entwickelt, dass von allen großen Herstellern genutzt wird. Google wird auch nicht müde immer wieder neue Features einzubauen, die dem Nutzer ein besseres Gefühl bei der Verwendung von Android geben und den Funktionsumfang erweitern. Doch es gibt auch negative Seiten in der Entwicklung von Android und eben diese haben wir (zumindest teilweise) versucht abzudecken.
Nicht anstreben wollen wir einen direkten Vergleich zu iOS oder Windows 8 / Windows Phone 8 und deren Features. Dazu sind die Systeme zu unterschiedlich, was auch zum Vorteil in einigen Punkten wird. Jedes System muss für sich seinen Mann stehen, zu Windows 8 bzw. der Referenzplattform in Form des Microsoft Surface haben ich mich bereits ausgelassen.
Diese Kolumne repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.