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Vereinigtes Königreich will Steuerschlupfloch für digitale Güter schließen

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Vereinigtes Königreich will Steuerschlupfloch für digitale Güter schließen
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In den vergangenen Wochen ist es rund um das Thema Steuergerechtigkeit in Hinblick auf internationale IT-Konzerne wie Google, Apple und Amazon ruhiger geworden. Nun aber sorgt eine Gesetzesvorlage des britischen Finanzministers George Osborne für eine Wiederbelebung der Diskussion.

Denn als erstes Land respektive als erster Staatenbund will das Vereinigte Königreich das Steuerschlupfloch für den Vertrieb digitaler Güter innerhalb der EU aktiv beenden. Der Vorschlag, der in seinen Grundzügen bereits seit mehr als einem Jahr erarbeitet wird, sieht vor, dass auf digitale Güter wie E-Books und Musik und Videos aus Online-Stores wie iTunes oder Google Play am dem 1. Januar 2015 der volle Mehrwertsteuersatz in Höhe von 20 Prozent erhoben wird.

 

Das Käuferland wird entscheidend

Für Verbraucher innerhalb des Vereinigten Königreichs würden sich die betroffenen Güter teils deutlich verteuern, denn die bisherige Regelung, die allgemein als Steuerschlupfloch bezeichnet wird, wird von den großen Anbietern genutzt. Nach geltendem EU-Recht wird bei Käufen von Privatpersonen der Mehrwertsteuersatz fällig, der im Verkäuferstaat für das Produkt vorgesehen wird. Im Falle von E-Books oder Online-Musik wären dies in Deutschland 19, im Vereinigten Königreich 20 Prozent. Da sowohl Amazon als auch Apple und Google ihre Shops für den EU-Markt aber in Luxemburg betreiben, wird hier lediglich der ermässigte Steuersatz von 3 Prozent auf den Nettopreis aufgeschlagen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Mehrwertsteuer nicht dem Land des Käufers, sondern dem des Verkäufers zugeschlagen wird.

Dies bedeutet in der Praxis: Kauft ein Engländer ein E-Book bei Amazon, werden 3 Prozent Mehrwertsteuer fällig, die Luxemburg einbehält. Wird das gleiche Produkt jedoch bei einem englischen Anbieter erworben, sind 20 Prozent Mehrsteuer enthalten, die an den englischen Fiskus fließen.

 

Änderung bereits 2007 beschlossen

Wirklich neu ist die von der britischen Regierung angekündigte Neuregelung nicht, denn bereits im Sommer 2007 hatten die Finanzminister der Europäischen Union beschlossen, dieses Schlupfloch zu schließen. In Kraft tritt diese EU-weite Neuregelung am 1. Januar 2015, dadurch kann im Vereinigten Königreich keine Änderung zu einem früheren Zeitpunkt vorgenommen werden. Ab dann wird der steuerliche Aspekt des Vertriebs digitaler Güter dem des traditionellen Handels angeglichen. Wird ab diesem Zeitpunkt ein E-Book bei Amazon, Apple oder Google erworben, wird nicht länger der luxemburgische, sondern der Mehrwertsteuersatz des Käuferstaats berechnet, für England 20, für Deutschland 19 Prozent.

Um einen langsamen Übergang zu gewährleisten, werden die Mehrwertsteuereinnahmen aus derartigen Verkäufen für die Ursprungsländer schrittweise gesenkt, erst 2019 würde Luxemburg von den Aktivitäten der großen Konzerne nicht mehr profitieren. Während diese Veränderung aus Sicht der Steuergerechtigkeit als große Verbesserung gelobt wird, warnen Verbraucherschützer vor steigenden Preisen.

Deutlich wird dies mithilfe eines einfachen Beispiels: Ein bei iTunes in Deutschland für 0,99 Euro erworbenes Lied kostet netto - also ohne Mehrwertsteuer - 0,96 Euro. Hält Apple nach dem 1. Januar 2015 an diesem Verkaufspreis fest, würde der deutsche Kunde dann 1,14 Euro für das gleiche Produkt zahlen, ein Brite hingegen 1,15 Euro. Damit der Preis für den Konsumenten nicht steigt und das aus psychologischer Sicht vorteilhafte Niveau hält, müsste Apple den Netto-Preis auf 0,83 Euro senken - ein Einnahmeverlust von etwa 14 Prozent.

 

Deutsche Regelung unbekannt

Während das Vereinigte Königreich nun als erstes EU-Mitglied offiziell erklärt hat, wie man mit der veränderten EU-Vorgabe umgehen will, stehen entsprechende Absichtserklärungen von deutscher Seite noch aus. Grundsätzlich hätte die deutsche Regierung die Möglichkeit, digitale Güter mit dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 7 Prozent und damit ähnlich wie gedruckte Bücher oder Lebensmittel zu belasten. Ein solcher Schritt gilt aber als unwahrscheinlich, da die Zahl der ermäßigt belasteten Produkte schon heute als zu groß und zu willkürlich gilt.

Quellen und weitere Links

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