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Verdacht des Landesverrats

Generalbundesanwalt verteidigt Vorgehen und muss gehen (Update)

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Generalbundesanwalt verteidigt Vorgehen und muss gehen (Update)
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Das Vorgehen gegen netzpolitik.org aufgrund des Verdachts des Landesverrats wird mehr und mehr zu einem Politikum. Denn nachdem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) Generalbundesanwalt Harald Range vor wenigen Tagen offen kritisierte und sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem anschloss, äußerte sich der oberste Strafverfolger nun ebenfalls in aller Öffentlichkeit. Auf einer Pressekonferenz erklärte Range am Morgen, dass er allen Weisungen des Bundesjustizministeriums gefolgt wäre. Dazu hätte unter anderem das Stoppen eines Gutachtens gehört.

Dass er dies jedoch für einen Fehler hält, war jedoch klar erkennbar: „Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Dieses Freiheitsrecht gilt aber nicht auch nicht im Internet schrankenlos. Es entbindet Journalisten nicht von der Einhaltung der Gesetze. Ueber die Einhaltung der Gesetze zu wachen, ist Aufgabe der Justiz. Diese Aufgabe kann sie nur erfuellen, wenn sie frei von politischer Einflussnahme ist. Daher ist die Unabhaengigkeit der Justiz von der Verfassung ebenso geschuetzt wie die Presse- und Meinungsfreiheit. Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren moegliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint, ist ein unertraeglicher Eingriff in die Unabhaengigkeit der Justiz.

Generalbundesanwalt Range kritisiert das Eingreifen der Politik (Foto: Richard Gutjahr, CC-BY-NC)

Generalbundesanwalt Range kritisiert das Eingreifen der Politik (Foto: Richard Gutjahr, CC-BY-NC)

Der Gang an die Öffentlichkeit sei für Range aufgrund der Vorwürfe von verschiedenen Seiten unumgänglich gewesen. Ob er angesichts des politischen Drucks von seinem Amt zurücktreten werden ließ Range offen. Dafür erklärte er, dass der Mitte Juni beauftrage Experte in seinem Gutachten zu dem vorläufigen Schluss gekommen sei, dass es sich bei den von netzpolitik.org veröffentlichten Dokumenten um ein Staatsgeheimnis gehandelt hätte.

Damit dürfte die Diskussion auf allen Ebenen hitziger werden. So muss sich Bundesjustizminister Maas den Vorwurf gefallen lassen, aktiv eine Untersuchung bezüglich einer möglichen Straftat unterbunden zu haben, Generalbundesanwalt Range dürfte gleichzeitig seine Abberufung provoziert haben. Denn per Definition ist der Generalbundesanwalt an die Weisungen des Bundesjustizministeriums gebunden, der von ihm erfolgte Verweis auf die Unabhängigkeit der Justiz gilt für sein Amt nicht.

Unabhängig von den möglichen Personalien bleibt die Entwicklung des Verfahrens gegen netzpolitik.org. Denn offiziell ist dieses vorerst lediglich ausgesetzt, nicht jedoch eingestellt.

Update: Wenig überraschend hat die Pressekonferenz personelle Konsequenzen nach sich gezogen. Nur wenige Stunden nach den provozierenden Aussagen des Generalbundesanwalts wurde dieser vom zuständigen Bundesjustizministerium abberufen. Offiziell heißt es dazu, dass das Vertrauen „nachhaltig gestört“ sei, unter anderem, da Range zeitliche Abläufe wissentlich falsch dargestellt hätte. Dabei geht es in erster Linie um den beauftragten Gutachter. Laut Bundesjustizministerium hätte man Range bereits am Freitag dazu aufgefordert, sowohl das Gutachten unverzüglich zu stoppen als auch den Gutachter zu entbinden. Das am Montag präsentierte vorläufige Ergebnis des Gutachtens soll jedoch am Freitag noch nicht vorgelegen haben, weshalb man im Bundesjustizministerium davon ausgeht, dass der Generalbundesanwalt sich nicht an die Weisung gehalten habe. Eine Stellungnahme seitens Range gibt es bislang nicht.

Dafür hat sich innerhalb kürzester Zeit der Druck auf Bundesjustizminister Maas und Bundesinnenminister de Maizière erhöht. Von beiden verlangt die Opposition im Bundestag Aufklärung darüber, wer wann was wusste. Vermutet wird, dass de Maizière frühzeitig über die Anzeige des Bundesamts für Verfassungsschutz, das ihm untersteht, informiert wurde. Maas muss sich hingegen weiterhin dem Vorwurf stellen, ein möglicherweise legitimes Ermittlungsverfahren behindert und gestoppt zu haben.

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