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Die Mitte des Jahres gestarteten Bemühungen zur Abschaffung des sogenannten Geo-Blockings innerhalb der EU nehmen langsam Form an. Denn in Brüssel stellte Günther Oettinger, der zuständige Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, heute die ersten konkreten Pläne für eine Reform des unionsweiten Urheberrechts vor.
Diese sehen vor, dass die „grenzüberschreitende Portabilität digitaler Inhalte wie Filme, Sportsendungen, Musik, e-Bücher und Spiele“ von den jeweiligen Anbietern gewährleistet werden müsse, wenn ein EU-Bürger einen von ihm genutzten Dienst vorübergehend in einem anderen EU-Mitgliedsstaat nutzen wolle. Konkret bedeutet dies, dass beispielsweise ein in Deutschland abgeschlossenes Netflix-Abonnement auch in Frankreich, England oder Dänemark ohne Einschränkungen zur Verfügung stehen muss. Gleiches gilt aber auch für Online-Dienste wie Sky Go, die die verlangte Freiheit derzeit mit technischen Mitteln verhindern. Laut Oettinger sollen die vorgestellten Pläne ab 2017 jedoch dafür sorgen, dass die rechtmäßige Nutzung erworbener Inhalte EU-weit möglich sei.
Doch was zunächst wie eine sehr verbraucherfreundliche Neuregelung aussieht, entpuppt sich im Detail teilweise als ein von der Wirtschaft geschriebenes Papier. Denn vom noch vor einem halben Jahr propagierten digitalen Binnenmarkt innerhalb der EU ist nur wenig übriggeblieben. So sieht der Entwurf unter anderem vor, dass die dauerhafte Nutzung eines im EU-Ausland erworbenen Dienstes in einem anderen EU-Staat nicht möglich sein soll. Dies bedeutet, dass ein deutscher Verbraucher kein Anrecht darauf hat, in Frankreich ein Netflix-Abo oder in England ein Pay-TV-Abo abzuschließen. Das, so der Politiker, sei nicht im Sinne der Beteiligten, was den Grundgedanken eines EU-weiten Binnenmarktes konterkariert. Dass hinter dieser Einschränkung die Industrie steckt, wird von Oettinger aber auch nicht verheimlicht. Denn in einer Stellungnahme gab er offen zu, dass die Kreativwirtschaft „erhebliche Bedenken“ hatte.
Druck hat es allem Anschein nach aber auch von einer anderen Seite gegeben. Denn öffentlich-rechtliche Sender sind von der geplanten Freiheit ebenfalls explizit ausgenommen. Grundsätzlich, so die Begründung, sollen nur Angebote von der Neuregelung betroffen sein, die abonniert werden müssen - nicht aber frei verfügbar seien. Dass deutsche Verbraucher für die Angebote von ARD und ZDF Zwangsgebühren für die Nutzung zahlen müssen, was de facto einem Abonnement entspricht, wird vom Entwurf völlig ignoriert.
Bis die Reform in Kraft tritt, dürfte dürften noch einige Monate vergehen. Denn zunächst müssen EU-Parlament und -Mitgliedsstaaten zustimmen. Möglich, dass in der Zwischenzeit noch kleinere Korrekturen vorgenommen werden.