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Während in Deutschland ein neuer Anlauf in Sachen Vorratsdatenspeicherung unternommen werden soll, deutet sich auf europäischer Ebene eine genau gegenteilige Entwicklung an. Denn in einem heute Morgen veröffentlichten Gutachten kommt der EU-Generalanwalt, Cruz Villalón, zu dem Schluss, dass die Richtlinie 2006/24/EG gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstößt.
Erstellt wurde das Gutachten, nachdem der irische High Court 2010 sowie der österreichische Verfassungsgerichtshof 2012 den Europäischen Gerichtshof als höchste Instanz auf EU-Ebene eingeschaltet hatten. Beide nationalen Gerichte äußerten Zweifel daran, dass die EU-Richtlinie, die die Basis für die entsprechenden nationalen Gesetze bildet, in Einklang mit den garantierten Bürgerrechten der Europäischen Union steht.
In seinem Gutachten führt Villalón vor allem an, dass es keine klaren Regelungen gebe, die den Zugriff auf die gespeicherten Verbindungsdaten betreffen. Diesen Punkt hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 2010 bemängelt und entsprechend das „Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG“ als verfassungswidrig eingestuft.
Im Gutachten des EU-Generalanwalts wird aber sich die fehlende Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit einer bis zu zweijährigen Speicherung kritisiert. Seiner Meinung nach würden auch Zeiträume von weniger als 12 Monaten ausreichen. Ein ähnliches Ziel verfolgen Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag, hier werden drei Monaten angestrebt. Ein Urteil will der Europäische Gerichtshof Anfang 2014 fällen, durch das Gutachten Villalóns scheint der Ausgang jedoch klar zu sein. Denn in der Regel folgen die obersten EU-Richter den Meinungen der EU-Generalanwälte.
Ob das Thema Vorratsdatenspeicherung damit ganz vom Tisch ist, darf aber bezweifelt werden. Denn erwartungsgemäß dürften die zuständigen Institutionen lediglich die beanstandeten Punkte ausbessern und dann eine überarbeitete Richtlinie vorlegen. Für Deutschland dürfte dies aber zunächst abwarten bedeuten. Denn die Verabschiedung eines neuen Gesetzes zum Sammeln von Verbindungsdaten dürfte kaum vor dem Urteil des Gerichts erfolgen. Erklärt dies die EU-Vorgaben für nichtig, dürfte eine Neufassung einige Zeit benötigen.
Update:
Laut einer Online-Meldung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nimmt die Schwarz-Rote-Koalition ihren Beschluss zur Vorratsdatenspeicherung wieder zurück. SPD und Union werden ihr Vorhaben demnach zurückstellen, es aber nicht vollständig aufgeben. Beide Parteien verweisen darauf, dass man nun zunächst einmal das EuGH-Urteil abwarten wolle. Ein Sprecher des amtierenden Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht aber noch immer "gute Chancen" die mit der SPD getroffenen Vereinbarungen dennoch umzusetzen.