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Der Wechsel an der Spitze brachte auch einen Wechsel der Strategie. Wollte Steve Ballmer Microsoft noch in einen Allround-Anbieter im Stile Apples umbauen, setzt sein Nachfolger Satya Nadella in erster Linie auf Mobilgeräte und die Cloud. Wirft man einen flüchtigen Blick auf die in der letzten Nacht veröffentlichte Bilanz für die Monate Juli, August und September, scheint sich die Kursänderung gelohnt zu haben.
Mehr Umsatz, ein besseres Ergebnis für die Surface-Sparte, mehr verkaufte Xbox-Konsolen, ein gesteigerter Smartphone-Absatz und mehr Office-365-Kunden - an der Oberfläche wirkt es so, als ob Microsoft aus dem Tiefschlaf erwacht und zurück auf dem Weg an die Spitze sei. Doch der Teufel steckt sprichwörtlich im Detail, wie ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt. Denn in Redmond versteht man es, Probleme gut hinter Floskeln und anderen allgemeingehaltenen Aussagen zu verstecken.
Wie erfolgreich sind das Surfce Pro 3 und die Xbox One wirklich?
Die zwei besten Beispiele dafür? Man brüstet sich mit einem im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 102 Prozent gestiegenen Absatz von Xbox-Konsolen, Einzelheiten nennt man aber lieber nicht. Vermutlich aus gutem Grund. Denn zuletzt lag die Xbox One weit abgeschlagen hinter der PlayStation 4, in einigen Ländern lag das Verhältnis bei 1:4 - da vermengt man die Zahlen der aktuellen Generationen lieber mit denen des Vorgängers. Wem das noch nicht reicht: Stellung zu den umfassenden Preissenkungen bezieht man lieber nicht, im Handel wird die gerade einmal ein Jahr alte Xbox One weit unterhalb der UVP angeboten.
Ähnlich sieht es bei den Surface-Tablets aus. Statt - zumindest halbwegs - ins Detail zu gehen, wirft man auch hier lediglich Summen auf den Tisch. Der mit den Tablets aller Generationen (!) erzielte Umsatz konnte gar um mehr als 120 Prozent auf rund 900 Millionen US-Dollar gesteigert werden. Wie viel davon auf die Kappe der aktuellen Version geht, bleibt geheim. Und auch hier behält man für sich, dass teils hohe Rabatte Kunden gelockt haben könnten. Betont wird hingegen, dass das Brutto-Ergebnis erstmals in der Surface-Geschichte positiv ausgefallen sei.
Der höhere Absatz täuscht nicht über die Probleme hinweg
Doch das größte Sorgenkind dürfte die Smartphone-Abteilung bleiben. Unbestreitbar ist, dass sich das Geschäft mit Windows Phone insgesamt positiv entwickelt. Doch es ist erst wenige Tage her, dass Stephen Elop Probleme einräumte. Denn die Stückzahlen erreicht die Plattform und damit Microsoft lediglich durch günstige Geräte. Die qualitativ hochwertigen Top-Modelle, die die weitaus höheren Margen versprechen, erreichen noch immer nur äußerst geringe Marktanteile. Und diese, so Elop, seien insgesamt in einigen wichtigen Ländern - darunter Deutschland - hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Einen Weg, um diesem Dilemma zu entkommen, scheint man jedoch noch nicht gefunden zu haben. Im Gegenteil: Seit seinem Antritt tut Nadella beinahe alles, um den Wert von Windows Phone zumindest nicht zu steigern. Denn nicht nur, dass entgegen Ballmers ursprünglichen Plänen von Nokia übernommene Werke und Mitarbeiter geschlossen und im großen Stil entlassen werden, auch die Marke gibt man ungezwungen auf. Statt mit dem weltbekannten und mittlerweile einen gut Ruf genießenden Nokia-Logo auf Smartphones zu werben, beschränkt man sich auf Lumia und Microsoft. An der Hochwertigkeit der Geräte wird dies vermutlich nichts ändern, das Vermarkten dürfte aber noch schwerer werden, als es Branchenkennern zufolge jetzt schon der Fall ist.
Auch an anderer Stelle wird das geringe Interesse an Windows Phone im Speziellen und dem Konsumenten im Allgemeinen deutlich. Denn obwohl etwa jeder zweite eingenommen US-Dollar vom Endverbraucher stammt und dieser Bereich zuletzt stärker zulegte als das Geschäft mit Firmenkunden, wird Windows 10 zunächst voll an den Bedürfnissen der Unternehmen ausgerichtet. Wünsche von Verbrauchern will man irgendwann im kommenden Jahr zur Kenntnis nehmen, nur wenige Monate vor der vermutlichen Veröffentlichung des neuen Betriebssystems. Ob Windows Phone im kommenden Jahr das umfangreiche Update erhält, steht in den Sternen - die Testversion erscheint erst im kommenden Jahr.
Dabei hat Nadella an anderer Stelle unter Beweis gestellt, dass er durchaus für mehr Transparenz und Berücksichtigung von Verbraucherwünschen stehen kann. Denn seit seinem Antritt redet Microsoft offen über den Flop Windows 8. Unter Ballmers Regie wollte man sich diesen Fehler zumindest in der Öffentlichkeit nicht eingestehen.