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Das Für und Wider eines iPad mini

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Das Für und Wider eines iPad mini
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Bereits seit mehr als einem Jahr halten sich die Gerüchte zu einem kleinere iPad hartnäckig. Der Erfolg des Kindle Fire in den USA und auch das Aufspringen von Google mit dem Nexus 7 auf den Zug kleinerer Tablets, lässt den Schritt hin zu einem kleinen iPad zumindest erst einmal logisch erscheinen. Zuletzt vermeldeten die Nachrichtendienste Bloomberg und das Wall Street Journal unabhängig voneinander, dass bei Apple ein Release eines kleineren iPads für den September oder Oktober geplant sei.

Dabei ist immer wieder die Rede von einem 7-Zoll-Display im iPad mini, doch schaut man sich die Meldungen genauer an, wird hier immer wieder ein 7,85-Zoll-Display erwähnt, dass über eine Auflösung von 1024x768 Pixel verfügen soll. Die Wahl der Auflösung ist dabei nur logisch, denn auch das iPad der 1. und 2. Generation löste mit eben diesen 1024x786 Pixel auf. 7,85 Zoll sind allerdings näher an 8 Zoll dran, als an 7 Zoll und dennoch war immer wieder die Rede von einem 7-Zoll-iPad. Daraufhin meldeten einige Entwickler ihre Bedenken an, dass bei einer Verkleinerung der Darstellung von einem 10-Zoll-Display (um genau zu sein sind es hier auch 9,7 Zoll) auf 7 Zoll, es zu einer Verkleinerung der Interface-Elemente kommt. In der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen im Oktober 2010 äußerte sich Steve Jobs höchstpersönlich zur Konkurrenz der 7-Zoll-Tablets:

Steve Jobs, verstorbener CEO von Apple:

One naturally thinks that a seven-inch screen would offer 70 percent of the benefits of a 10-inch screen. Unfortunately, this is far from the truth. The screen measurements are diagonal, so that a seven-inch screen is only 45 percent as large as iPad’s 10-inch screen. You heard me right: just 45 percent as large.

If you take an iPad and hold it upright in portrait view, and draw an imaginary horizontal line halfway down the screen, the screens on these seven-inch tablets are a bit smaller than the bottom half of the iPad’s display. This size isn’t sufficient to create great tablet apps, in our opinion.

While one could increase the resolution of the display to make up some of the difference, it is meaningless unless your tablet also includes sandpaper, so that the user can sand down their fingers to around one-quarter of their present size.

Apple has done extensive user testing on user interfaces over many years, and we really understand this stuff. There are clear limits of how close you can physically place elements on a touchscreen before users cannot reliably tap, flick or pinch them. This is one of the key reasons we think the 10-inch screen size is the minimum size required to create great tablet apps.

Third, every tablet user is also a smartphone user. No tablet can compete with the mobility of a smartphone. Its ease of fitting into your pocket or purse. Its unobtrusiveness when used in a crowd. Given that all tablet users will already have a smartphone in their pockets, giving up precious display area to fit a tablet in their pockets is clearly the wrong trade-off.

The seven-inch tablets are tweeners: too big to compete with a smartphone, and too small to compete with an iPad.

Display-Größe und Pixeldichte im Zusammenspiel:

Damals war klar: Apple wird auf absehbare Zeit kein kleineres Tablet auf den Markt bringen. Doch bereits damals war auch klar: Man hat bei Apple zumindest mit dem Gedanken für ein kleineres Tablet gespielt, es dürfte sogar schon Prototypen in den Laboren gegeben haben. Doch was könnte die Produktstrategie von Apple geändert haben, sodass derzeit alles auf die Veröffentlichung eines kleineren iPads hindeuten?

Zunächst einmal muss klargestellt werden, dass Steve Jobs seinerzeit von einem 7-Zoll-Tablet sprach. Die aktuelle Gerüchtelage aber sieht ein Display mit 7,85 Zoll, also eher 8 Zoll vor. Anstatt einer Pixelfläche von nur 45 Prozent im Vergleich zum iPad entspricht dies 66 Prozent. Im zweiten Punkt spricht Steve Jobs über die schlechte Bedienbarkeit, durch die zu klein werdenden Interface-Elemente. Dazu einige Rechnungen:

Ein 7,85-Zoll-iPad wäre in etwa so hoch, wie ein aktuelles 9,7-Zoll-iPad breit ist. 1024 Pixel geteilt durch 163 Pixel pro Zoll ergibt eine Höhe von 6,28" für das iPad mini. Vom 9,7-Zoll-iPad mit einer Auflösung von 1024x768 Pixel kommend entspricht eine Pixeldichte von 163 Pixel pro Zoll einer Display-Diagonalen von 7,85 Zoll. Plus die übliche Breite für den Display-Rahmen, der auch genügend Platz für als Auflagefläche der Finger lassen muss, kommen wir den 7,3 Zoll des aktuellen 9,7-Zoll-iPads in der Breite schon recht nahe. Wer ein iPad mini simulieren möchte, nimmt sich ein aktuelles iPad und macht einen Screenshot in der Hochkant-Ausrichtung. Dieser Screenshot kann dann auf dem horizontal ausgerichteten iPad betrachtet werden. Die Darstellung entspricht in etwa dem, wie ein Display des iPad mini aussehen würde.

Apple gibt in seinen Guidelines Vorgaben für die Gestaltung des Interface vor. Bedienelemente müssen mindestens eine Größe von 44x44 Punkten haben. Punkte entsprechen dabei nicht zwingend den Pixeln des Displays. Auf dem iPad der 1. und 2. Generation sowie dem iPhone bis zum 3GS ist dies der Fall. 44 Punkte = 44 Pixel. Anders sieht das auf den Geräten mit Retina-Display aus. Hier entspricht ein Punkt vier im Quadrat angeordneten Pixeln. Da die Pixel auf den Retina- und Non-Retina-Geräten aber auch nicht alle gleich große sind, musste sich Apple für seine Vorgaben eine neue "Einheit" einfallen lassen - eben die Punkte. Das minimale Tab-Target auf einem iPhone ist 0,27 Zoll groß, auf einem iPad 0,33 Zoll.

Ausgehend von der Display-Diagonalen von 7,85 Zoll und damit einer Pixeldichte von 163 Pixel pro Zoll ist ein 44-Punkte-Bedienelement auf dem iPad mini exakt genauso groß, wie ein 44-Punkte-Bedienelement auf einem iPhone. Somit ist zumindest das Gegenargument der nicht zu gewährleistenden Bedienbarkeit wiederlegt. Technisch machbar ist ein iPad mini mit 7,85-Zoll-Display ohne Frage - die Bedienbarkeit scheint innerhalb der von Apple selbst auferlegten Maßstäben auch gegeben.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/iPad-Mini-update-03-CiccareseDesign-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2012/iPad-Mini-update-03-CiccareseDesign.jpg alt=iPad mini]Rendering von ciccaresedesign[/figure]

180°-Drehungen:

Es wird der Tag kommen, an dem der Einfluss auf die Produkte von Apple, auf die Steve Jobs noch Einfluss hatte, verschwinden wird. Im Oktober 2010 hätte es unter Steve Jobs kein kleineres iPad gegeben, doch dies ist kein in Stein gemeißeltes Dogma. Es wäre auch nicht das erste mal, dass Steve Jobs höchstpersönliche seine zurvor getroffenen Aussagen selbst widerlegt. Ein paar Beispiele:

Steve Jobs im Jahre 2003 zum Thema Videos auf dem iPod, Smartphones und Tablets:

It turns out people want keyboards. We look at the tablet, and we think it is going to fail.

Wie wir alle wissen, wurde 2005 ein iPod mit Video-Funktionalität präsentiert, 2007 folgte das iPhone und 2010 präsentierte Apple mit dem iPad das erste massentaugliche Tablet.

Steve Jobs im Jahre 2008 zum Thema eBooks:

It doesn’t matter how good or bad the product is, the fact is that people don’t read anymore.

Zwei Jahre nach dieser Aussage wurde der iBook-Store präsentiert. Auf der AllThingsD-Konferenz vor einigen Wochen äußerte sich Tim Cook über das wichtigste, was er von Steve Jobs gelernt habe:

Tim Cook, CEO von Apple:

He would flip on something so fast that you would forget that he was the one taking the 180 degree polar position the day before. I saw it daily. This is a gift, because things do change, and it takes courage to change. It takes courage to say, ‘I was wrong.’ I think he had that.

Es spricht also weder technisch, noch von der Produktstrategie etwas gegen ein iPad mini. Apple muss sich nur an seinen eigenen Vorgaben messen lassen.

Alles eine Frage des Preises:

Vieles geht bei den Tablets über den Preis. Auch wenn die Verkaufszahlen nicht unbedingt ein Argument dafür sind: 500 Euro und mehr möchten die wenigsten für diese Geräteklasse ausgeben. Nicht zuletzt der günstige Einstiegspreis von 199 US-Dollar spielt Amazon mit dem Kindle Fire und Google mit dem Nexus 7 in die Hände. Apple verkauft das iPad 2 für 399 Euro - günstig, aber einfach zu teuer im Vergleich zu Amazon und Google.

Ein iPad mini mit 7,85-Zoll-Display könnte Apple sicherlich für 199 US-Dollar anbieten. Google selbst gibt an, dass man mit dem Nexus 7 zu einem Preis von 199 US-Dollar kein Geld verdienen wird. Auch der Kindle Fire von Amazon dürfte mehr oder weniger zum Selbstkostenpreis angeboten werden. Den Gewinn erhoffen sich beide Unternehmen über den Verkauf von Content.

Bei Apple ist dies anders: Die gewaltigen Gewinne, die in den vergangenen 1-2 Jahren eingefahren wurden, waren auf eine hohe Marge bei der Hardware zurückzuführen. Apple fährt bei der Produktion seiner Hardware langjährige Strategien, bei denen die Auftragshersteller über Jahre hinweg gebunden werden. Dies betrifft die RAM-Produzenten ebenso wie die Hersteller der Displays und Samsung als Fertiger der Prozessoren. Apple investiert Milliardensummen in diesem Bereich, kann so aber auch zu niedrigen Preisen große Volumen produzieren lassen, was letztendlich zu niedrigen Produktionskosten und der großen Marge führt. Ein iPad mini könnte also für Apple selbst bei einem Preis von 199 US-Dollar noch eine gewinnbringende Hardware sein.

Dennoch ...

Technisch und wirtschaftliche spricht vermutlich nicht viel gegen ein iPad mini. Dennoch bleiben noch einige Fragen offen:

Macht sich Apple mit einem iPad mini für 199 US-Dollar nicht den eigenen Markt des "großen" iPads kaputt? - Das müssen die Marktanalysten und letztendlich die Käufer entscheiden.

Will Apple noch ein neues Produkt ohne Retina-Display auf den Markt bringen oder ist es denkbar, dass ein iPad mini in einem Jahr auch mit doppelter Auflösung angeboten wird und das iPad mini mit 1024x768 Pixel nur eine Übergangslösung ist? - Apple ist nicht bekannt dafür, sich auf solche Übergangslösungen einzulassen. Geräte mit Retina-Display hatten aber immer zumindest einen Non-Retina-Vorgänger, warum also nicht.

Wann können die Entwickler langsam aber sicher darauf verzichten in ihren Apps weiterhin die niedrig aufgelösten Grafiken anzubieten? - Das iPhone 3GS wird derzeit weiterhin von Apple angeboten, ebenso wie das iPad 2. Gerade für letztgenanntes Gerät müssen die Entwickler also weiterhin den Support anbieten. Doch ein iPad mini würde die Situation verkomplizieren. Apps, die auf eine feste physikalische Größe der Interface-Elemente oder grundsätzlich der Darstellung angewiesen sind, müssen heute wegen der 132 bzw. 264 Pixel pro Zoll der beiden iPad-Displays auch die Grafiken in zwei Versionen anbieten. Es wird ihnen aber einfach gemacht, da eine einfache Verdopplung pro Seite der Grafik ausreicht. Die 163 Pixel pro Zoll eines 7,85-Zoll-iPad stellen die Entwickler vor ein Problem, denn sie müssten eine dritte Grafik in ihren Apps hinterlegen.

Schlussendlich ...

Denkbar ist vieles, vorstellbar noch viel mehr. Was Apple nun letztendlichen machen wird, wissen wir nicht. Aus den erwähnten Gesichtspunkten spricht nicht viel gegen ein iPad mini, einige Punkte müssen von Apple aber noch umschifft werden.

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